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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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October geschieht. Ich aber konnte mich beim Richter blamiren jetzt und in alle Ewigkeit, wenn ich nicht gemacht hätte, daß ich fortkam; denn er hätte die Geschichte für ein Märchen, für einen
fabilus
gehalten, wie wir Lateiner sagen! Ich bin nur neugierig, was sie in der Wiesenschenke dazu meinen werden!«
    Wieder hing er die Ziege an den Zaun. Nach einiger Zeit erschien er, ein Licht in der Hand, mit dem Wirthe und dessen ganzer Familie, um die Wahrheit seines unglaublichen Berichtes zu beweisen. Kaum waren sie wieder in die Stube zurückgekehrt, so schlich sich Holfert nun zum dritten Male herbei, befestigte den Bock an Stelle der Ziege und machte sich mit der Letzteren nach der Stadt von dannen.
    Hampel folgte ihm ziemlich spät, da es sehr viel zu besprechen und zu bewundern gab, ehe er fortkam. Wenn ihm der Transport auch Mancherlei zu schaffen machte, so schlimm wie gestern war es heute doch nicht; das mannhafte Thier schien sich an die ungewohnten Excursionen zu gewöhnen. Wieder die Stadt umgehend, gelangte er durch den Garten in seine Wohnung und rief die beiden Frauenzimmer herbei.
    »Hier habt Ihr die richtige Ziege, und morgen bekomme ich meine Milch! Und damit es keine Ausrede giebt, Sophie, leuchte einmal her! Was man sieht, das sieht man, oder, wie wir Lateiner sagen:
Nihil est im intellerius, quod num pribus furioso im senfum!
Ich habe mir gestern Abend draußen in Meinsdorf vormelken lassen; sie giebt täglich drei – Potz Himmeltausendsapp– alle guten Geister – Anna, schlage drei Kreuze, es ist ein Bock, ein wirklicher, richtiger, wahrhaftiger Bock! Ich habe nicht gedacht, daß der heilige Vollrad auch ein Vergnügen daran findet, die Ziegen in Bö– Bö– Was ist denn das?«
    Es hatte im Stalle gemeckert; die Thür stand offen, und mit einigen steifbeinigen Sätzen war der Bock hinein.
    Hampel riß dem Dienstmädchen das Licht aus der Hand und trat hinzu.
    »Wo – wie – wa – was? Zwei solche Bestien, eine Ziege und – und –« Wie am Morgen warf er die Thür zu, daß es krachte, sprang die Treppe hinauf, in das Wohnzimmer und – fuhr erschrocken zurück. Drin saßen die sämmtlichen Stammgäste aus den »drei Schwanen«, unter ihnen auch Holfert, um den Tisch und empfingen ihn mit dröhnendem Gelächter.
    »Warum – weshalb – guten Abend – Sapperlot, was wollt Ihr hier?«
    »Uns zur Verlobung einladen, Herr Stadtrath; denn Holfert hat gewonnen!«
    »Verlobung – Holfert – gewonnen? Inwiefern, he?«
    »Nun, weil er Ihnen nicht nur die versprochene Nase, sondern einen ganz gehörigen Ziegenbock gedreht hat!«
    »Zie– Zie– Ziegenbock?«
    »Freilich! Oder haben Sie denn die famose Verwechselung bei der Wiesenschenke wirklich nicht bemerkt?«
    »Verw– Wiesensch–? Himmeltausendsapp– so ist es also nicht der erste October gewesen, sondern Er – Er – Er –« Mit einem raschen Griffe seiner langen Arme hatte er den Buchbinder gepackt. »Ich werde Ihn bei der Parabel nehmen, daß Er es wagt, mich, den Kohlenwerksbesitzer, Hausapotheker und Stadtrath Hampel für den Narren zu halten – ich schlage Ihm ein
Colophonium inflectus
ins Gesicht, daß er denken soll –«
    »Falsch, Herr Stadtrath! Sie meinen
colaphum inflig
–«
    »Halte Er den Schnabel!« donnerte Hampel ihm in die Rede, stieß ihn bei Seite und war im nächsten Momente hinter der Schlafzimmerthür verschwunden.
    Ein lautes Hallo folgte ihm. Als es sich gelegt hatte und man hinaus zu ihm wollte, fand sich, daß er die unverschließbare Thür verbarricadirt hatte. Da kein Zuruf fruchten wollte, wurde Gewalt angewendet. Der Waschtisch und die Stühle, welche er vorgesetzt hatte, flogen bei Seite, und die ungeladenen Gäste traten ein. Die weiße Nachtmütze guckte zwischen Kissen und Bettdecke hervor; er hatte sich in sein gewohntes Asyl geflüchtet, wurde aber schonungslos hervorgezogen und in die Stube zurücktransportirt.
    »Laßt mich gehen; ich bin müde, ich bin krank, ich muß
tinctura solerius
trinken!«
    »
Solaris
heißt’s, Herr Stadtrath!«
    »Ruhe,
silentius,
sage ich Ihm! Was hat Er überhaupt hier in meinem Hause zu suchen?«
    »Meinen Gewinn; hier sitzen die Zeugen!«
    »Fällt mir gar nicht ein! Hebe Er sich hinweg, und heirathe Er Seinen Ziegenbock!«
    »Das können wir nicht zugeben, Herr Stadtrath,« lachte der Schwanenwirth, »selbst wenn Holfert bereit dazu wäre. Wir sind Zeugen Ihres Versprechens, das Sie halten werden. Der Bock aber gehört mir, und ich verweigere meine

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