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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Holfert, der Mehlkleister, den sie vom Gymnasium geschickt haben, weil er zu dumm gewesen ist, und der es trotzdem drüben in den ›drei Schwänen‹ wagt, mein Latein lächerlich zu machen, obgleich ich das Seminar drei volle Jahrgänge hindurch besucht habe, und hält um die Hand meiner Tochter an, der einzigen Tochter des Kohlenwerksbesitzers, Hausapothekers und Stadtrathes Hampel; ist so etwas nicht unerhört? Und als ich Nein sage, da heult und jammert das Mädel, als ob die Welt verloren sei, und der Bursche hält mir eine Rede, na,
vere anglium,
grade als ob er ein Engel sei und ich der größte Rabenvater, den es giebt. Und heute, heute geht mir schon in aller Frühe meine prachtvolle Angoraziege darauf, die mir kein Mensch jemals ersetzen kann!«
    »Hat Dir nicht erst kürzlich der Meinsdorfer Richter eine gute Milchziege angeboten?« wagte Anna jetzt zu bemerken.
    »Sei still; sie mag ganz gut sein, aber eine Angora ist’s doch nicht! Ich leide an einem epidemischen
Gastribus,
wie wir Lateiner sagen, zu deutsch Magenkatarrh, von dem mich nach Hahnemann und Doctor Lutze nur fünf Tassen Ziegenmilch, früh Morgens warm getrunken, retten können. Diese Rettung habe ich der Angora nun drei Jahre lang zu verdanken, und heute, heute hat sie sich erhängt!
Sic tibi terra Levi,
Friede ihrer Seele! Was thue ich nun?«
    Sein Zorn begann einer ruhigeren Stimmung zu weichen.
    »Was habt Ihr mit der Ziege gemacht?«
    »Sie liegt noch im Stalle.«
    »Gut! Ich werde sie amputiren, um nachzusehen, wie lange sie noch gelebt hätte. Wenn ihr der Strick nicht gar zu viel abgewürgt hat, so kann die Sophie bleiben. Und was die Meinsdorfer betrifft, das will ich mir einmal überlegen. Kuhmilch aber trinke ich nicht. Koche mir eine Tasse homöopathischen Gesundheitskaffee aus der Fabrik von Krauße und Compagnie in Nordhausen!«
     
    Es war am Abende desselben Tages; das Essen stand auf dem Tische, aber Niemand wollte so recht herzhaft und fleißig zulangen, als gewöhnlich. Hampel hatte keinen Appetit; der plötzliche Tod der Angoraziege lag ihm noch sehr am Herzen, und die gestrige Werbung des Buchbinders und Galanteristen Franz Holfert mit ihrem Gefolge von Unmuth und Verstimmung hatte ihm allen Appetit verdorben. Anna saß mit verweinten Augen an ihrem Platze und dachte an alles Andere, nur nicht an das Essen, und Sophie, das Dienstmädchen, hatte zwar die Beruhigung erhalten, daß sie noch bleiben dürfe, da die Ziege höchstens noch ein Jahr gelebt hätte, doch war ihr der heutige Schreck so in die Glieder gefahren, daß der Magen vor der Hand ganz außer Berücksichtigung blieb.
    Da erhob sich der Stadtrath, fuhr in den Ausgehrock, setzte die Mütze auf und griff zum Stocke.
    »Gehst Du in die ›drei Schwanen‹, Papa?« fragte die Tochter.
    »Nur für einen Augenblick, um mich zu entschuldigen; ich muß nach Meinsdorf zum Richter.«
    »Wegen der Ziege?«
    »Ja. Ich muß morgen wieder meine gewohnte Milch haben.«
    »Aber so spät!«
    »Es ist noch nicht ganz acht Uhr, und die drei Viertelstunden bis da hinaus sind ja nur ein Spazirgang. Aber denke ja nicht etwa, daß Du machen kannst, was Du willst, weil ich nicht zu Hause bin. Wenn ich wiederkomme und erfahre, daß etwa der Mehlkleister, der Lateinverderber dagewesen ist, so setzt’s etwas!«
    »Dem Franz wird es gar nicht einfallen, heute –«
    »Papperlapapp, ich kenne das! Aber ich bin Homöopath, und die Liebe ist eine Krankheit, die nicht allöopathisch geheilt werden kann:
Simia simius,
wie wir Lateiner sagen. Der Buchbinder ist ein Habenichts, und Du bist das reichste Mädel im Orte. Zu Dir paßt kein Anderer als der Rentier Koggelmann, der beinahe so viel hat wie ich. Er hat schon einige Male so von Weitem nachgefragt, und wenn es noch einmal geschieht, so werde ich von ganzem Herzen Ja sagen.«
    »Den Koggelmann, das kleine, fünfzigjährige Backäpfelmännchen? Den mag ich nicht!«
    »So mag ich ihn desto lieber, und damit Punctum! Geht nicht etwa eher zu Bett als bis ich komme. Wenn ich die Ziege kaufe, so bringe ich sie gleich mit, und da muß Sophie den Stall bereit halten!«
    Er ging. Es war eigentlich nicht die rechte Tageszeit zum Ziegenhandel, aber sein Kohlengeschäft pflegte ihn für den Tag so in Anspruch zu nehmen, daß ihm für Anderes nur der Abend frei blieb. Als er die »drei Schwanen« erreicht hatte, trat er für einen Augenblick in die Gaststube. Heute war politische Sitzung um den Stammtisch, wo er als der eifrigste Zeitungsleser des

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