Die Fastnachtsnarren. Humoresken
hier ebenso unschuldig sind wie der Ziegenbock selbst. Höchstens sind sie etwas dumm gewesen, aber das ist man ja genugsam gewohnt, und so sollen sie denn ungeschooren bleiben, bis die Sache vollständig untersucht worden ist!«
»Darf ich vielleicht einmal nach Neudorf gehen, Herr Oberst, um dem eigentlichen Schuldigen auf die Spur zu kommen?«
»Dazu ist Er der richtige Mann noch immer nicht. Verstehe Er mich wohl, das soll Ihn nicht etwa beleidigen, aber es ist doch etwas ganz Anderes, wenn ich selbst komme und mit einem kräftigen Donnerwetter unter die Gesellschaft fahre. Ihm werden sie die Wahrheit nicht gleich an die Nase hängen, doch wenn mir Einer eine Flause machen wollte, dem würde ich den Stock um die Ohren geigen, daß ihm für hundert Thaler Noten vor den Augen flimmern sollten!«
»Dann befehlen Sie vielleicht wenigstens meine Begleitung?«
»Nichts wird befohlen, denn Er soll mir bei der Sache ganz aus dem Spiele bleiben, da Er mit derselben ja gar nichts zu thun gehabt hat. Ich müßte am Ende gar gewärtig sein, Er verwickelte mich selbst mit hinein – Er hat unser Uebereinkommen doch wohl noch nicht vergessen, und Ihm ist in solchen Dingen nicht viel zuzutrauen – Nein, ich werde selbst die Untersuchung in die Hand nehmen, und dann wird Blitz und Schlag zusammenfallen, darauf kann Er sich verlassen!«
»Mein bester, gnädiger Herr,« wagte die Jungfer einzuwenden, »in überirdischen Sachen – –«
»Schweige Sie, und scheere Sie sich mit Ihrem Ziegenbocke hinunter in den Stall! Am Tage kann ich mich mit dem Geschöpfe nicht gut sehen lassen; aber heut Abend wird er auf den Landauer geladen, und ich fahre ihn mit Heinz nach Neudorf, Pasta! Abgemacht! – – –«
Ehe Schmidt nach einiger Zeit das Schloß verließ, trat er in die Wagenremise, um den sogenannten »Landauer« einmal genau in Augenschein zu nehmen. Es war ein leichter, auf Federn gehender Flechtwagen, dessen hintere Korbseite emporgezogen und weg genommen werden konnte, eine Einrichtung, welche dem jungen Manne ein Lächeln der Befriedigung entlockte, denn das Gelingen seines Vorhabens war natürlich zum großen Theile von dem Baue des Wagens abhängig, da nicht zu erwarten stand, daß der Oberst in der Bergschänke einkehren werde.
Eine gute Strecke von derselben stand am Abende der Wirth am Rande des Gebüsches, die Ziege bewachend, welche ruhig neben ihm im Grase lag. Da nahten sich von unten her eilige Schritte; ein Mann blieb nahe dem Orte stehen und klatschte leise in die Hände.
»Hier bin ich, Karl! Kommen sie schon?«
»Ja; ich habe eine wahre Parforcetour machen müssen, um ihnen zuvor zu kommen, und bin grad durch die Stadt gelaufen, während sie dieselbe umfahren haben. Sie haben beide auf dem Vordersitze Platz genommen, und der Oberst fährt selber. Der Bock ist an den Beinen gebunden worden und liegt auf dem Boden des Wagens. Es ist mir gelungen, unbemerkt ganz ähnliche Stricke von der Wand zu nehmen. Rasch, wir müssen sie auch binden!«
Nach Art dieser Thiere ließ die Ziege außer einem fast unhörbaren, leise meckernden Laute bei der mit ihr vorgenommenen Prozedur keinen verrätherischen Ton hören und blieb dann unbeweglich am Boden liegen. Kurze Zeit darauf war das Nahen des Wagens zu vernehmen, und zu gleicher Zeit bemerkten die beiden Lauscher, daß die darauf Befindlichen in ein lautes und eifriges Gespräch vertieft seien.
»Es wird schon gehen,« flüsterte Schmidt, »wenn wir die nöthige Vorsicht anwenden. Finster genug ist es, und sollte es ja nicht ganz geräuschlos abgehen, so dürfen wir nicht davonlaufen, sondern müssen hinter dem Wagen versteckt, immer mit demselben fortgehen.«
»Brrr!« machte jetzt der Oberst. »Greif einmal hinter, Heinz! Ist der verzauberte Bock noch da, oder hat ihn der Wimmerliese ihr Samiel schon wegstibitzt?«
»Er ist noch da, Dorchlaucht, und dadurch können wir also ruhig weiterfahren.«
»Gut. Den betreffenden Hexenmeister werden wir ganz gewiß heut Abend noch bei der Parabel bekommen, und dann will ich ihn besamielen, daß er denken soll, die Welt geht unter!«
Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung. Oben auf dem Berge angelangt, frug Heinz:
»Dorchlaucht, wollen wir hier ungefähr die Pferde ein Wenig verschnaufen lassen, damit sie ganz außer Athem gekommen sind?«
»Nicht nothwendig; Haben wir den Bock noch, Heinz?«
»Ja, Dorchlaucht; darum liegt er auch grad noch so wie vorhin!«
»Das versteht sich ganz von selbst; ich lasse Dich nur
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