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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fliegendem Morgenrocke und wehenden Haubenbändern Jungfer Adelinchen, sondern sie trat so verzagt und zögernd in das Zimmer, als gehe sie einer Verurtheilung zu lebenslänglichem Gefängnisse entgegen.
    »Guten Morgen, gnädiger Herr Oberst!« grüßte sie kleinlaut.
    Dieser Ton war so selten bei ihr, daß der Prinz sich überrascht und schnell nach ihr umdrehte; unglücklicher Weise aber schlug bei dieser plötzlichen Bewegung die Pfeife an eine Pfeilerecke und fiel klirrend zu Boden. Das war ein Ereigniß, welches wie kein anderes geeignet war, den leidenschaftlichen Raucher aus dem Gleichgewichte zu bringen.
    »Alle Bomben und Granaten, da liegt sie, in lauter Stücke zerbrochen! Und so lange ich lebe, hat mir noch keine so gut geschmeckt, wie diese! Ich hatte sie mir gestern Abend selbst gestopft, und nun – – na, was steht Sie denn da wie angenagelt, he? Weiß Sie nicht, was Sie zu thun hat? Will Sie wohl gleich den Kaffee fortstellen und hier die Scherben auflesen und hinausschaffen!«
    Unter solchen Verhältnissen war nun allerdings kein Wort zu verlieren. Sie suchte die Trümmer des verunglückten Instrumentes zusammen und verschwand so schnell wie möglich aus dem Zimmer, obgleich sie wußte, daß sie dasselbe schon nach wenigen Augenblicken wieder betreten müsse.
    Da ihm der eine Genuß verdorben worden war, so entschloß der Prinz sich zu dem zweiten. Er hatte schon zwei Tage lang auf den gewohnten Morgenkaffee verzichten müssen; heut stand das aber nicht zu befürchten, denn Heinz hatte ihm noch gestern Abend gemeldet, daß die Ziege glücklich eingetroffen sei. Er trat zum Tische, um nach der Tasse zu greifen, drehte sich aber sofort mit enttäuschter Miene nach der Thür:
    »Heinz!«
    »Was denn, Dorchlaucht?« frug der Gerufene, indem er hereintrat.
    »Koste einmal die Milch!«
    »Hm! Eigentlich schon wieder? Dieses Mal ist sie ohnedies von der Ziege!«
    Er näherte sich dem Kaffeegeschirr und streckte den Arm aus, um dem erhaltenen Befehle nachzukommen; dann aber machte er ein Gesicht, als stehe er grad da, wo die Welt mit Brettern verschlagen ist und blickte dabei den Obersten so rathlos an, daß dieser auf einen kurzen Moment seinen Zorn vergaß und sich eines Lächelns nicht erwehren konnte.
    »Nun?«
    »Ja, nun, Dorchlaucht. Es ist ja keine da!«
    »Das ist es ja eben. Zweimal Kuhmilch und nun gar keine! Die Jungfer soll kommen!«
    »Keineswegs und ohne Verzug, Dorchlaucht. Ich springe schon!«
    Wie der Wind war er hinaus, und kaum hatte sich die Thür hinter ihm geschlossen, so öffnete er sie wieder und dirigirte die Wirthschafterin mit solchem Nachdrucke herein, daß sie trotz ihrer Schwere einen Salto mortale schoß, welcher sie bis unmittelbar vor ihren Herrn brachte.
    »Wo ist die Milch?« frug dieser mit unheildrohender Miene.
    »Mein bester, gnädigster Herr Oberst, ich habe keine mitbringen können.«
    »Warum nicht?«
    »Kuhmilch haben Sie verboten, und Ziegenmilch ist keine da.«
    »Keine da? Warum nicht? frage ich noch einmal!«
    »Ich kann die Neudorfer Ziege nicht melken?«
    »Was? Nicht melken? Aus welchem Grunde?«
    »Weil sie schon wieder ein Bock ist!«
    »Schon wieder ein Bock? Entweder ist Sie verrückt oder die Ziege oder ich, oder wir haben alle zusammen den Verstand verloren! Der Heinz sagte mir doch, daß Ihr wirklich die Ziege gebracht hättet!«
    »Ja, Dorchlaucht, das habe ich gesagt, und das sage ich auch jetzt noch, wiewohl es in Wirklichkeit gewiß und wahrhaftig auch gar kein Bock gewesen ist. Und erst vor einigen Augenblicken habe ich die Thür aufgemacht und hinter in den Stall gesehen; da hat sie gestanden wie sie leibt und lebt, die Ziege von gestern, und wenn das ein Ziegenbock ist, so habe ich überdies den rothen Staar bekommen und sehe eine Truthenne für ein Kutschpferd an!«
    »Nun, was sagt Sie dazu? Sie ist reineweg übergeschnappt; anders ist es gar nicht möglich! Schon vorgestern ist es die richtige Ziege gewesen, aber Ihre Mondscheinduselei und die Reimseufzer haben Ihr den Kopf so vollständig verdreht, daß Sie die Ziege auch verkehrt genommen und bei dem Barte gemolken hat anstatt an der Stelle, wo ein verständiges Menschenkind hingreift. Da ist es natürlich gar kein Wunder, wenn sich keine Milch sehen läßt, und nun soll das arme, geplagte Thier auf einmal ein verzaubertes Maskulinum sein. Und weil so eine Dummheit über alle menschlichen Begriffe geht, so wird der heilige Bartholomäus an den Haaren herbei gezerrt und soll Ihr

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