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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wirthschaft, welche, wie schon oben erwähnt, halbwegs zwischen Stadt und Dorf lag, und krabbelte mit froststeifen Gliedern aus dem Schlitten heraus.
    Heinrich, der Sohn des Wirthes, trat aus der Thür und wunderte sich nicht wenig, statt seines eigenen Vaters denjenigen seines Mädchens vor sich zu sehen.
    »Guten Abend, Herr Wadenbach! Was in aller Welt führt Sie denn in diesem Wetter und so spät noch heraus zu uns? Das ist ja unser Fuhrwerk! Wo ist denn der Vater?«
    »Der ist gescheidt gewesen und sitzen geblieben. Ich dummer Esel aber kutschire da Nachts zwölf Uhr noch über Land, um eines Fäßchen Bieres willen. Das ist aber so, wer einmal A gesagt hat, muß auch B sagen. Komm herein; ich habe ‘was an Dich auszurichten und muß mir auch einen kräftigen Schluck nehmen, sonst komme ich als Eiszapfen nach Langenberg.«
    In der Stube angelangt, übergab er ihm den Zettel, welchen er von Hahnemann erst im Schlitten erhalten hatte, so daß es ihm unmöglich gewesen war, das Daraufstehende zu lesen.
    Heinrich entfaltete ihn und las nichts als die beiden Worte: »Heimlich umlenken.«
    Er war nicht auf den Kopf gefallen und ahnte sofort, daß dieses Umlenken im Zusammenhange mit der heutigen Vorsteherwahl stehe. Er trat also, während der Färber mit der Wirthin sprach, wieder hinaus auf die Straße und befolgte die Weisung des Vaters, obgleich er den eigentlichen Grund derselben nicht kannte.
    Das Klingen des Schellengeläutes bei der Bewegung des Pferdes wurde von dem Sturm verschlungen, so daß Wadenbach nichts davon hörte und bei dem Wiedereintreten des jungen Mannes sich mit den Worten an denselben wandte:
    »Heinrich, die Flasche Pommeranzen nehme ich erst auf dem Rückwege mit. Ich sehe schon voraus, daß ich nachher hier noch Einen zu mir nehmen muß. Adjes derweile!«
    Er schritt hinaus und stieg in den Schlitten.
    »Komm, Brauner, komm!« Das geduldige Thier zog an und trabte wieder in die Nacht hinaus.
    »Hm!« brummte Wadenbach. »Die Luft hat sich gewandt und kommt mir jetzt g’rad in den Rücken; da hat Blasius doch ‘mal ein Einsehen gehabt. Aber auf dem Rückwege wird’s desto ärger.«
    So ging es wieder zwischen den kaum sichtbaren Straßenbäumen vorwärts, und als er endlich das erste Haus des Ortes erreichte, hielt er vor der Thür desselben still und klatschte so laut wie möglich mit der Peitsche.
    »Ich muß das Pferd in den Stall schaffen lassen; denn bis wir das Faß hintenauf haben, vergeht eine gute Viertel stunde. Aber geht’s heut’ noch laut her in Langenberg; heda, Hausknecht!«
    Nach nochmaligem Rufen und Peitschenknallen trat der gewünschte dienstbare Geist unter die Thür und rief, vor Kälte pustend:
    »Na, wer kommt denn da noch so spät angelandet? Das muß eine nothwendige Fuhre gewesen sein!«
    »Nothwendig g’rade nicht; aber das geht Niemandem ‘was an. Mach nur, daß Du herkommst und den Braunen in den Stall bringst. Mir ist das ganze Mundwerk eingefroren, und ich muß erst Einen trinken, ehe ich wieder ein gescheidtes Wort reden kann.«
    »Alle Wetter, das sind Sie ja, Herr Wadenbach! Das ist doch gar nicht möglich, daß Sie schon wieder da sein können!«
    »Christan, Du bist’s? Was willst denn Du in Langenberg? Und wie bist Du um des Himmelswillen in dieser Geschwindigkeit hierher gekommen?«
    »In Langenberg? Nichts für ungut; aber entweder machen Sie Spaß oder es ist der rothe Pommeranzen Schuld. Haben Sie das Faß mitgebracht?«
    »Das Faß? Mach’ keine dummen Witze! Konntest Dich doch mit aufsetzen, anstatt vorüber zu laufen, als ich bei Hahnemann’s war.«
    »Vorbeigelaufen? Bei Hahnemanns? Wenn soll denn das gewesen sein?«
    »Nu, eben jetzt, vor zehn Minuten etwa.«
    »Herr Wadenbach, machen Sie, daß Sie hereinkommen in die warme Stube! Ich habe doch gar nicht geglaubt, daß die Kälte Einen so perplex machen könnte.«
    »Du bist wohl nicht recht bei Troste, Mensch, mir so Etwas zu sagen! Mach’, daß Du das Pferd ausspannst und hilf nachher das Faß mit aufladen.«
    Er stieg aus, schritt auf die Thür zu und trat in den Flur. –
    »Sapperlot, müssen Sie gefahren sein!« rief der Wirth, welcher soeben aus der unteren Gaststube kam. »Ich denke Sie sind noch gar nicht in Langenberg. Haben Sie das Bier?«
    Mit weit geöffneten Augen starrte Wadenbach den Sprecher an, wandte dann den Blick auf die Wände und umstehenden Gegenstände und rief endlich:
    »Bin ich denn verhext oder habe ich den Verstand verloren!«
    »Was denn; wieso denn?«

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