Die Fastnachtsnarren. Humoresken
die mir ausgegangen sind. Könntest zum Droguisten gehen und mir die Sachen mitbringen. Ich thue Dir einen andern Gefallen dafür.«
»Da schreib auf, was Du brauchst und gieb das Geld dazu. Aber mach rasch, daß ich fortkomme!« meinte Hahnemann. Er kannte das Verhältniß seines ältesten Sohnes zu Marie, und da er die ungünstigen Gesinnungen Wadenbachs nicht entgegnete, so freute es ihn, demselben einen Dienst leisten zu können.
Nach wenigen Augenblicken kam Wadenbach mit einer ellenlangen Liste und einem ganzen Beutel voll Geld, welches Beides er dem Gastwirth übergab. Demselben fiel es nicht auf, daß die lange Reihe von Namen unmöglich in so kurzer Zeit geschrieben sein konnte und auch das Geld bereits abgezählt bereit gewesen sein mußte. Er steckte Beides zu sich, und indem er die Zügel wieder ergriff, meinte er scherzend:
»Adieu, Herr Vorsteher. Wollen sehen, wer heut der größte Narr sein wird!«
»Adieu!« antwortete der Färber und blickte ihm, vergnügt lächelnd, nach. »Fürs Erste bist Du’s. Das wird heut Abend ein schönes Halloh geben!«
Freilich wollte, als am Abende sämmtliche Mitglieder der Gesellschaft versammelt waren, dieses Halloh etwas auf sich warten lassen; denn Hahnemann, der sonst immer Einer der Ersten gewesen war, hatte sich noch nicht eingestellt. Es schlug acht Uhr; es schlug sogar neun Uhr, und noch immer war er nicht da. Der übliche Fastnachtsgrog wurde aufgetragen, und noch immer fehlte er.
»Wo der alte Schwede nur stecken mag?« fragte Einer.
»Er ist heut Morgen fort, um seinen Korporal von der Bahn zu holen,« antwortete Wadenbach. »Der Junge wird sich verspätet haben, und der Alte hat wohl deßhalb warten müssen. Jetzt aber muß er bald kommen; denn der letzte Zug kommt, glaube ich, um 8 Uhr an.«
Wirklich ertönte in diesem Augenblicke helles Schellengeläut die Straße herauf und verstummte vor der Thür, zum Zeichen, daß der Schlitten unten halte. Kurze Zeit darauf trat eine lange, in einen Mantel gehüllte und ganz verschneite Gestalt in die Stube, in welcher man erst dann Hahnemann erkannte, als er die tief in die Stirn gedrückte Pelzmütze vom Kopfe nahm.
»Brr, ist das ein Heidenwetter! Man jagt da nicht ‘mal ‘nen Hund hinaus. Das weht und schneit, daß man gar nicht aus den Augen gucken kann, und dazu ist es so feuchtkalt, daß Einem der Schnee gleich auf dem Pelz gefriert. Da schaut her, ich bringe die Schale gar nicht ‘runter Gebt ‘mal ‘was Warmes her!«
»Wo hast Du nur gesteckt?« fragte man ihn, indem er den heißen Grog behaglich hinunterschlürfte. »Du mußt es doch ganz und gar pressant gehabt haben, daß Du in diesem Heidenwetter Deine alte Mähre so coujonirt hast!«
»Mein Jüngster hat geschrieben, daß er mit dem Frühzuge kommen wolle; aber er hat sich nicht seyen lassen, trotzdem ich gewartet habe bis vorhin. Es muß ihm ‘was dazwischen gekommen sein!«
»Möchte doch wissen, was!« meinte Wadenbach.
»Freilich! Es ist kein Spaß, mich in diesem sibirischen Bärenwetter aus den Federn zu reißen und umsonst in der Welt herum zu jagen. Ich werde dem Jungen einen Brief schreiben, der sich gewaschen hat.«
»Machs nur gelinde. Er könnte doch am Ende unschuldig sein.«
»Ach was unschuldig! Wenn er einmal schreibt, daß ich kommen soll, so muß er auch Gewißheit haben, daß er Urlaub bekommt.«
»Na, gut ist’s doch gewesen; denn wenn Du nicht gefahren wärst, hätten meine Gehülfen übermorgen nicht, arbeiten können. Ich hatte schon seit gestern keine Farben mehr.«
»Ja, Du hast gut lachen.«
»Natürlich! Einen Boten hätte ich heut für schweres Geld nicht bekommen, und deßhalb bin ich Dir auch recht herzlich dankbar dafür, daß Du Dich so schön hast leimen lassen.«
»Leimen – wieso?« fragte Hahnemann, aufmerksam werdend.
»Das nehme mir aber Niemand übel,« wandte der Färber sich lachend an die Andern. »Glaubt der alte Schlaupelz wirklich immer noch, daß der Brief von seinem Unteroffizier gewesen ist! Ich dächte, das rechte Licht könnte Dir längst schon aufgegangen sein.«
»Höre, Gevatter,« meinte der Gastwirth, der jetzt zu begreifen begann. »Ich will doch nicht etwa hoffen, daß Du mich mit dem Briefe fexirt hast! Der Spaß wäre doch etwas zu derb.«
»Das geht mich nichts an! Wenn Du so dumm bist, mein Geschreibsel für die Handschrift Deines Sohnes anzusehen, so darfst Du Dich auch gar nicht wundern, wenn ich mir das zu Nutze mache. Heut ist eben Fastnacht, und da gelten
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