Die Favoritin
Spanien, seine Geschichte, seine Geographie, seine Sitten, auch über Eure Religion. Villalcázar hatte sich nie damit abgegeben, mir irgend etwas beizubringen, außer im Bett gut zu sein.
Durch unser Geplauder lernte ich das Kastilische bis in seine Feinheiten. Ich brauchte nicht mehr nach Worten zu suchen, sie kamen von selbst. Mein Kopf speicherte die Kenntnisse mit demselben Vergnügen, wie manch einer unnütze Dinge sammelt. Von Manco zur Bedeutungslosigkeit verdammt, wußte ich nicht, wozu sie mir dienen könnten. Die Götter wußten es.
Eines Tages, als Martin mir sein Zuhause schilderte, kam er auch auf seine Schwester und auf Villalcázar zu sprechen.
»Unsere Eltern waren arm. Meine Schwester … Ihre Schönheit, ihre Wesensart vertrugen sich schwer mit der in Würde zu tragenden Armut, die in Spanien das Los der meisten kleinen Edelleute ist. Und natürlich stellte sie Vergleiche zu dem älteren Zweig unserer Familie an, dem die Eltern Villalcázars entstammten. Sie lebten im Wohlstand. Also warf sie ihr Verlangen auf ihn und schwor sich, ihn zu bekommen. Diesen Ehrgeiz hatten alle junge Mädchen weitum, er war ein prächtiger Bursche, temperamentvoll, verwegen, wie er den Frauen gefällt. Doch tat meine Schwester, was keine andere getan hatte: sie gab sich ihm hin. Wenig darauf verkündete sie Villalcázar, sie sei schwanger. Zu jener Zeit hatte Villalcázar noch Gewissen und Ehre, er heiratete sie. Seine Mutter, die sich eine Schwiegertochter mit einer Mitgift erhofft hatte, spionierte und teilte ihm mit, daß sie ihn hereingelegt hätte: seine Frau erwartete gar keinen Erben. Eine furchtbare Szene folgte, und Villalcázar schiffte sich ein nach der Neuen Welt. Meine Schwester, Gott sei ihrer Seele gnädig! trug schwere Schuld. Sie hat in ihm das Edle und Gute zerstört, vor allem jeden Glauben an die Menschen. Die Unglückliche hat es gebüßt. Villalcázar ist nie nach Spanien zurückgekehrt. Sie blieb allein, in der eigenen Falle gefangen, verliebt in einen Mann, den sie verloren hatte, von seiner Familie verachtet. Und sie hat noch härter gebüßt, als Villalcázar sie gute zwanzig Jahre später nach Cuzco kommen ließ, um den Gesetzen zu genügen, die jedem Grundbesitzer in der Neuen Welt vorschreiben, seine Frau zu sich zu holen oder, falls er keine hat, zu heiraten …«
Ich hatte Martins Schwester nur als Leiche gesehen, eine längliche Form in einem Sarg, lockige blonde Haare, zwei Hände, die sich über einem Kruzifix falteten. Sie ging mich nichts an. Aber dieses Bild verquickte sich in meinem Geist mit Zaras Tod, und es schmerzte mich grausam.
Seinen Erinnerungen hingegeben, fuhr Martin fort.
»Als meine Schwester ankam, war ihre schwache Gesundheit von den Beschwernissen der Reise noch mehr zerrüttet. Von Spanien bis Peru fährt man etwa ein halbes Jahr. Sie hegte kaum Illusionen. Aber einen Mann am Arm zu haben, und sei es nur in den Pflichten der Repräsentation, erschien ihr schon viel nach dem Fegefeuer, das sie durchlebt hatte. In Cuzco kam sie vom Fegefeuer in die Hölle, das Haus wimmelte von Konkubinen, der Mann hing besessen einer unsinnigen Leidenschaft an, die sich mit der Zeit nicht milderte, sondern verstärkte … Wenn Villalcázar getrunken hatte, das heißt beinahe jede Nacht, kam er ins Schlafzimmer meiner Schwester und pries der armen Frau Eure Schönheit, oder er verwünschte Euch. Er hatte sogar, ohne Euer Wissen, mehrere Bildnisse von Euch malen lassen, während Ihr noch in Cuzco wart, meine Schwester hat es mir erzählt. Nur eins davon hatte er behalten, er hatte es über ihr Bett gehängt. Ziemlich ähnlich, ich sah es, als sie mich zu sich rief … Asarpay! was habt Ihr? Mein Gott, wie roh ich bin! Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, Euch nie an den unheilvollen Tag zu erinnern …«
Ich zwang mich zur Ruhe.
»Glaubt Ihr, daß er noch lebt?«
Mein Haß war neu erwacht, er raste in meinem Bauch. Zu denken, daß Villalcázar noch lebte, daß er mein Bild in seinem Schlafzimmer hatte und sich darunter mit Kreaturen wälzte! Sofern er nicht den Anstand gehabt hatte, es abzuhängen, nachdem Zara … Er war am Leben, und mein Kind tot!
»Ob er noch lebt?« wiederholte Martin. »Er soll, wie ich hörte, in der Schlacht von Chupas verwundet worden sein, wo er natürlich gegen uns kämpfte, auf seiten der Krone, aber seither …«
Da erzählte ich Martin meinen Ausflug nach Cuzco mit dem Vater meines Vaters, nach Pizarros Tod.
»Wie seltsam die
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