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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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Ereignisse sich verketten!« sagte ich. »Wenn ich das bedenke: hättet ihr Pizarro nicht erschlagen, wäre Villalcázar nicht nach Lima geritten, er hätte mich empfangen, und vielleicht hätte ich ihn getötet.«
    Martin schloß mich in seine Arme.
    »Ich bin froh, daß Ihr es nicht getan habt. Kaltblütig zu töten hinterläßt nichts wie Ekel. Eine Frau wir Ihr …«
    Ich löste mich auflachend.
    »Eine Frau wie ich! Das sagt Ihr immer. Martin, kennt Ihr die Frau, die ich bin?«
    ***
    Mond für Mond schrieb sich das neue Jahr in den Himmel. Und abermals begann ein Jahr.
    Eines Tages im Erntemonat kam Martin in heller Erregung.
    »Asarpay! Seine Majestät hat für Peru einen Vizekönig ernannt, er ist bereits gelandet. Er soll Vollmachten haben, die Eurem Volk günstig sind, und beauftragt sein, mit dem Inka Verträge zu schließen. Der erfuhr es gestern abend durch seinen Kundschafter. Er scheint Verhandlungen nicht abgeneigt.«
    »Wer kann das bei Manco je genau wissen?« sagte ich.
    Meine unterkühlte Haltung zerstob am folgenden Morgen. Die Sänfte eines Würdenträgers hielt vor meiner Tür und brachte die so sehnlich erhoffte und schon nicht mehr erwartete Botschaft: der Inka rief mich noch am selben Nachmittag in den Palast.
    Stellt Euch, Pater Juan, einen Gefangenen vor, der in seinem Kerker, dreißig Fuß unter der Erde, vermodert und dem man ankündigt, er solle das Licht wiedersehen, stellt Euch meine Seligkeit vor … Das Undenkbare, das Unmögliche sollte geschehen!
    Wie jede Frau richtete ich meine Toilette nach meiner Stimmung. Ich ließ meine Haare in Kräuterbädern sieden. Ich schickte die Dienerinnen, Orchideen zu pflücken. Ich musterte zwanzig Tuniken, meine sämtlichen Gürtel, leerte meine Schmucktruhen, fiebrig, unentschlossen, verrückt vor Glück.
    Qhora beobachtete mich mit spöttischem Blick. »Du gehst zu keinem Fest«, sagte sie immer wieder.
    Zur Besinnung gekommen, hielt ich es für klüger und würdiger, ganz schlicht aufzutreten. Ich nahm die Blumen aus meinem Haar, entblößte meine Ohren, meinen Hals, meine Handgelenke von allem Überfluß und entschied mich für einfache Kleider. Als einziges Zugeständnis an meinen Stolz zeichnete ich mir mit Ichma eine feine Linie vom Augenwinkel bis zu den Schläfen. Nur Prinzessinnen war der Gebrauch dieses Schminkpuders erlaubt, ein entzückendes Scharlachrot. Manco hatte ihn mir zur frohen Zeit unserer Liebe, in Übertretung des Brauchs, zugestanden. Es würde ihn daran erinnern, wie groß die Kraft seines Verlangens damals gewesen war!
    Im Palast wurde ich zu einer offenen Galerie geführt, wo der Blick über Muschelboskette ins Weite schweifte, bis hin zu einem Wasserfall.
    Manco thronte auf einer Bank aus rosa Granit. Die fünf Spanier und Martin zogen bei meinem Eintritt die Hüte. Frauen füllten die Becher mit Chichawein. Ich trat vor, verneigte mich. Eine Frau brachte eine Matte. Ich ließ mich nieder.
    Seit jener Szene im Garten hatte ich Manco nicht mehr gesehen. Ich weiß noch, er trug einen seidenweichen schwarzen Mantel aus Vikunjawolle. Die Jahre hatten ihm noch mehr Majestät verliehen, aber das schöne, verschlossene Gesicht erinnerte kaum mehr an das Antlitz seiner Jugend.
    Er kam gleich zur Sache, ohne Vorrede, ohne Höflichkeit.
    »Wisse, Asarpay, daß unsere Situation eine neue Wendung nimmt. Der spanische Herrscher scheint sich endlich um unsere Rechte zu kümmern. Er schickt uns einen Gesandten mit außerordentlichen Vollmachten. Diese hier anwesenden Männer erbieten sich, in meinem Namen zu verhandeln und die Rückkehr unseres Hofes nach Cuzco zu erwirken … Natürlich denken sie dabei in erster Linie an ihre Amnestie! Aber ich habe nicht die Absicht, sie ihnen zu ermöglichen, indem ich hinkende Abmachungen unterzeichne. Die Vertragsbedingungen müssen Punkt für Punkt besprochen werden. Dazu habe ich nicht genug Übung in ihrer Sprache. Und ein Dolmetscher … Es geht nicht nur um die Worte, sondern um ihren wahren Sinn. Du hattest als einzige unter uns genügend Umgang mit den Spaniern, um hinter ihre Listen zu kommen. Diese Männer scheinen durchdrungen von Eifer und Dankbarkeit, trotzdem bleibt ein Weißer immer ein Weißer. Du wohnst also unseren Beratungen bei.«
    Ich küßte Mancos Sandale, den Saum seines Mantels. Ich versicherte ihn meiner Ergebenheit und dankte ihm für sein Vertrauen, wobei ich mein Frohlocken hinter dem gleichen kalten, unpersönlichen Ton verbarg, den er gebrauchte.
    Ein

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