Die Favoritin
nicht daran, als ich ihn durch Qhora rufen ließ.
Er kam geeilt.
Ich war bei der Arbeit. Während ich den Riemen löste, der mich mit meinem Gewebe verband, beugte er sich bewundernd über mein Werk. Ich stand auf, wandte mich um. Durch die Drehung geriet ich an ihn. Unsere Oberkörper berührten sich. Martin verströmte den Geruch eines Mannes, scharf wie gewisse Kräuter am Wegrain. Jähe Hitze durchfuhr meinen Leib … ein Erstaunen, wenn ich eine mir wohlbekannte Empfindung so ausdrücken kann, da sie so gar nicht zu den schwesterlichen Gefühlen paßte, die ich für Martin hegte.
Schon wich er zurück.
Ich ging auf ihn zu, streckte ihm die Hände entgegen.
»Martin! Ich freue mich, Euch zu sehen.«
Er nahm meine Hände und küßte sie.
»Asarpay, Ihr habt mich gerufen, da bin ich … Aber ist das nicht unklug? Der Inka …«
»Ihr wißt sicherlich, daß der Inka mir keine Beachtung schenkt.«
»Doch nicht, weil er Euch nicht achtet.«
Ich lachte. Tausend schalkhafte Dämonen kitzelten meinen Schoß.
»Ihr macht Fortschritte, Martin. Ihr kennt Euch schon aus in unseren Bräuchen! Einen Mann zu empfangen könnte mir tatsächlich Ärger bereiten, aber kein Ärger ist für mich schlimmer als Langeweile, und ich langweile mich ohne Euch … Trotzdem möchte ich nicht … Wenn Ihr Eurer Sicherheit wegen lieber …«
Röte schoß ihm ins Gesicht.
»Haltet Ihr mich für so feige!«
»Nur für vorsichtig.«
»Vorsichtig!« wiederholte er. »Wenn es für Euch … für Euch …«
Armer lieber Martin!
Ich sehe ihn noch, dunkle Entrüstung in den Augen, die sonst ziemlich hellbraun waren, hin und her gerissen zwischen dem Bedürfnis, sich mit Worten zu rechtfertigen, und der Furcht, sie auszusprechen.
»Ärgert Euch nicht«, sagte ich. »Das ist kein Vorwurf. Eure Lage ist heikel. Ich würde es sehr gut verstehen …«
Er unterbrach mich.
»Was scheren mich Gefahren, was schert mich der Inka! Seit dem ersten Tag in Cajamarca, als Villalcázar mich mitnahm und ich Euch sah … Welch ein unvergeßlicher Augenblick! Und seitdem … Eure Schönheit erhöht sich durch soviel Klugheit, Mut und Empfindsamkeit, sie ist der Schrein so großer Güte! Ich könnte nicht, nicht von Herzen eine noch so schöne Frau lieben, wenn sie grausam, egoistisch, berechnend wäre …«
»Aber das bin ich auch, Martin.«
»Ihr seid wunderbar! Also sprecht mir nicht von Vorsicht. Nicht an mich dachte ich. Meine Liebe ist groß genug, ich kann ihr das Glück einiger Stunden mit Euch wohl opfern …«
Ich blickte ihn an.
Er schlug die Augen nieder.
»Es war falsch, ich hatte mir geschworen … Es ist lächerlich. Vergebt mir und vergeßt, was ich sagte. Ein Mann wie ich … Was gilt die Liebe eines Mannes wie ich einer Frau wie Euch!«
Ich trat auf ihn zu.
Zieht mir die Jahre ab, Pater Juan. Konnte ein Mann, und sei er noch so schüchtern und prüde, mir widerstehen?
Ich habe Martin nie gefragt, ob er andere Frauen gehabt hatte. Mir schien, nicht. Mit der Zeit machte ich ihn zu einem nicht ganz ungeschickten Liebhaber. Im übrigen war die Gefahr, die unsere Beziehung bedrohte, eine hinreichende Würze.
Ich hatte die Wollust dieses selbstmörderischen Spiels entdeckt. Rückblickend erkenne ich, wie verzweifelt ich gewesen sein muß, daß ich mich auf eine solche Tollheit einließ. Ich weiß nicht, was uns erwartet hätte, hätte man uns überrascht. Aneinandergefesselt und an den Haaren aufgehängt zu sterben – oder eher an den Füßen, da Martin die Haare kurz trug, kopfunter aufgehängt also an einem Felsvorsprung, bis Durst, Frost und Leiden uns auslöschen würden – es war nicht gerade die Todesart, der man entgegenstrebt!
Mir erschienen diese Qualen damals nichtig, verglichen mit dem schwarzen Orkan, der über Manco hereinbräche, sähe er sich ebenso öffentlich verhöhnt, wie er mich öffentlich verschmäht hatte. Mir seine Demütigung vorzustellen war ein Genuß, wie wenn ich ihm die Zähne ins Fleisch geschlagen hätte! Ein Schlag, von dem weder der Mann noch der Gott sich je mehr erholt hätte.
Und Martin, und Qhora, werdet Ihr fragen? Ich fühlte kein Gewissen. Sie hatten sich an mein Boot gekettet, sie mußten mit, wohin es mich trieb.
Ich sehe, Pater Juan, daß ich Euch ein sehr düsteres Bild dieser Beziehung male, vielleicht weil es mir viel schwerer fällt, mich ihrer zärtlichen Momente zu erinnern.
Unsere Gespräche waren das Beste. Ich lerne gern, und Martin lehrte mich viel über
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