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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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europäische Kleider, Geschenke von Manco; sie setzten seine neugewonnene Kraft in Geltung. Er floß über vor Dankbarkeit.
    »Der Inka ist derart großzügig! Oft lädt er uns zum Abendessen, beschenkt uns reichlich. Und er interessiert sich für alles. Meine Kameraden haben ihn Schach, Dame und das Kugelspiel gelehrt. Ich wette, er übertrifft sie bald alle. Er fängt sogar an, Kastilisch zu sprechen.«
    »Das freut mich für Euch, Martin.«
    »Und Ihr, Asarpay?«
    Ich umging die Frage in lockerem Ton.
    »Ich webe, sticke, ich beschäftige mich. Kann man sich in einer so großartigen Landschaft langweilen?«
    Martin seufzte. »Auf die Gefahr hin, undankbar zu wirken, sage ich ja. Man sieht Euch selten.«
    »Ihr habt Eure Freunde … und Frauen. Der Inka sorgt für all Eure Bedürfnisse.«
    »Bedürfnisse habe ich wenige. Asarpay, wenn ich an unsere wunderbaren Tage mit Maïta denke …«
    »Denkt nicht zuviel zurück. Erinnerungen belasten mehr, als sie nützen. Auf bald!«
    Und ich winkte den Trägern.
    Etwa zwei Monde nach unserer Ankunft überquerte Manco den Platz mit seinen Kriegern, Standarten, Muscheln und Trommeln.
    Wohin ging er? Ich wußte nichts. Ich hatte zur Rechten des Inka gethront, jetzt wußte ich weniger als seine Bedienten! In gewissem Sinn eine schlimmere Strafe als Tod oder Verbannung, und ich war mir sicher, daß Manco das wohl bedacht hatte. Der Gedanke setzte mich in Flammen. Wenn er sich einbildete, ich würde mich damit zufriedengeben, nicht mehr zu sein als eine Figur in einer Nische! Sich zufriedengeben heißt die Niederlage annehmen. Ich nahm sie nicht an. Eines Tages würde ich, auf die eine oder andere Weise, seinen Willen besiegen.
    In dieser Voraussicht versuchte ich, mich über den Klatsch und die Intrigen am Hof auf dem laufenden zu halten. Qhora, die Freundschaften mit den Palastbediensteten unterhielt, war meine Kundschafterin.
    Am Tag nach Mancos Aufbruch meldete sie mir, daß man den jungen Diego de Almagro auf dem großen Platz zu Cuzco enthauptet hatte.
    »Der Inka ist ausgezogen, seinen Zorn zu stillen«, sagte sie. »Es wird neue Gefangene geben.«
    Ich dachte sofort an Martins Gram.
    »Geh ihn holen«, sagte ich.
    Qhora rollte erschrocken die Augen.
    »Der Inka …«
    »Ich gehöre mir! Als Zara … Daß ich das Kind in meine Ayllu bringen konnte, daß es friedlich und glücklich dort ruht, verdanke ich Martin. Der Inka! Wenn du Martin die Wege nennst und er durch den Garten in die Werkstatt kommt, wo ich meine Weberei eingerichtet habe, wer sollte ihn sehen?«
    »Die Dienerinnen.«
    »Die würden sich nicht erlauben, mein Verbot zu übertreten und um die Werkstatt zu streichen, während ich färbe oder webe. Bei der Arbeit brauche ich meine Ruhe, das wissen sie genauso wie du … Also geh, zieh kein Gesicht, Martin kennt ein paar Wörter unserer Sprache, er wird dich schon verstehen.«
    So begannen die heimlichen Besuche Martin de Salvedras. Zu Anfang ging es mir um reine Freundschaft, dann um das Vergnügen an seiner Gesellschaft und schließlich um die verbotene Lust, Manco zu trotzen.
    Bei seinen ersten Besuchen sprachen wir hauptsächlich über Diego de Almagro. »Diego«, sagte Martin, »war überzeugt, daß er eine gerechte Sache zum Sieg führe. Tatsächlich war sein Name nur der hallende Träger anderer Ziele … Immer derselben. Zurückholen, was wir schon einmal denen abgenommen hatten, die es uns als erste abgenommen hatten. Nachdem Pizarro beseitigt war, hätte ein Bündnis zwischen dem Inka und Diego eine ausgewogene Lösung unserer und Eurer Probleme bringen können. Aber die Rache ging vor. Was soll's, er war erst zwanzig Jahre alt und schlecht beraten, Diego ist der Kamm geschwollen. Versetzt Euch an seine Stelle: Lima, das uns noch tags zuvor wie Parias ansah, machte ihm schöne Augen, wir bezogen Pizarros Palast …«
    »Wie habt Ihr es angefangen … ich meine: Pizarro zu töten?«
    »Wollt Ihr das wirklich wissen? Es war an einem Sonntag. Wir wohnten am Platz der Kathedrale, fast neben dem Palast, aber denkt nicht … Zwischen der Höhle, wo wir hausten, und Pizarros Residenz bestand der gleiche Unterschied wie zwischen unser beider Situation! Wir hatten geplant, ihn auf dem Weg zur Messe anzugreifen. Hegte er einen Verdacht? Er ging nicht zur Messe. Wir meinten, die Gelegenheit käme nicht wieder. Unsere Spannung steigerte sich. Und so hockten wir da, käuten und käuten an unserem Haß, als einer von uns aufsprang und schrie: ›Wir müssen

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