Die Favoritin
Haltung wäre hoheitsvoll gewesen und meine Miene voll erhabener Verachtung, aber unangebrachter Heroismus ist eine Dummheit, und wir Frauen verstehen es trefflich, unsere Gefühle unter jener Demut zu verbergen, die uns – nach Meinung der Männer – geziemt.
»Asarpay«, sagte Atahuallpa, »sei willkommen! Dein Anblick ist mir eine Freude, so wie er meinen Vater, den großen Huayna Capac, erfreute und meinen Bruder Huascar, der weniger groß und jetzt sogar ganz klein ist.«
Er lachte.
Der weiße Streif seiner Zähne spaltete sein Gesicht, das – sagte ich es schon? – sehr schön war.
Ich blieb stumm.
Eine seiner Frauen bot ihm Chicha dar. Er nahm den goldenen Becher, tauchte einen Finger hinein, hob den Kopf ehrfürchtig empor zur Sonne und schnippte dem Gestirn das Tröpfchen an seinem Finger samt Kußhänden zu … Dann klatschte er in die Hände.
Andere Frauen eilten herbei, jung und so fröhlich, daß ihre vielen Armreifen nur so klingelten.
»Asarpay«, sagte Atahuallpa, »ich vertraue dich meinen Frauen an. Wir sind begierig, deine Schönheit im Zenith zu betrachten.«
Ich folgte den Frauen. Wir betraten den Palast. Er war klein und hatte nur vier Gemächer, aber sie lagen um einen Innenhof mit einem sehr großen und wunderschönen Becken, das eine doppelte goldene Wasserleitung mit warmem und kaltem Wasser aus den Quellen von Pultamarca speiste.
Die Frauen entkleideten mich mit großer Freundlichkeit und Achtung. Obwohl ich andere Sorgen hatte, zeigte auch ich mich zugeneigt. Eine Frau wählt sich ihren Herrn ja nicht. Dann ermunterten sie mich, in das Becken zu steigen. Das warme Bad entspannte mich. Mein Körper ergab sich wollüstig wieder einem Behagen, wie ich es gewöhnt war. Ich gestehe, daß mich sogar die Aussicht, Atahuallpas Lager zu teilen, mit weniger Abscheu erfüllte, denn mir schien, daß diese Aufmerksamkeiten nur dazu dienten.
Die Frauen trockneten mich, parfümierten meine Haare mit Zimtblüte, legten mir einen goldenen Reif um die Stirn. Sie streiften mir eine schmiegsame weiße Tunika über, die durch einen rotbestickten, goldenen Gürtel gerafft wurde, dann eine hauchzarte Lliclla, die sie mit einer Brosche schlossen, und all dies wurde von kleinen Entzückensschreien begleitet, die mir sehr schmeichelten. Kein Spiegel ist so ehrlich wie die Augen anderer Frauen. Ihre Bewunderung war mir Balsam nach den Erniedrigungen im Lager von Yahuarpampa.
Singend führten sie mich zurück in die Gärten und kauerten sich neben ihren Gefährtinnen nieder.
Immer gedenke ich voll Trauer dieser Beete blühender Frauen, die untrennbar zu dem Bild gehören, das wir uns von unseren Inkas wie unseren Fürsten bewahren. Gegenüber der erhabenen Strenge des Geheiligten verkörperten sie Poesie, Gefühle, Leidenschaften, all jene Seelenregungen, die unsere Herrscher im stillen nährten. Die Spanier wollten das nicht verstehen … oder sie konnten es nicht.
Atahuallpa wies mir einen Baumstumpf. Ich nahm Platz.
Qhora, meine Zwergin, war mir nicht von der Seite gewichen. Ihr Gesicht war grau, sie schluchzte.
»Hör auf zu flennen«, sagte ich, »er scheint uns nicht übel gesinnt.«
Atahuallpa erhob die Stimme.
»Asarpay, als mir dein Kommen gemeldet wurde, fragte ich mich, was ich mit dir machen soll. Schön bist du, davon sind die edlen Anwesenden überzeugt, aber du bist nicht mehr neu. Den Platz eines traurigen Besiegten einzunehmen wäre für unsere Herren kaum eine Ehre. Ich war in großer Verlegenheit. Dann fiel mir ein, daß man ein reichlich angegangenes Wildbret zwar nicht jemandem anbietet, der nur frisches Fleisch verzehrt, daß dies Wildbret aber ein Leckerbissen ist für einen, der sich mit gekochter Quinua und Wurzeln begnügt. Kurzum, ich habe zehn meiner Soldaten ausgewählt … Sieh sie dir an, Asarpay, da zu deiner Rechten, fast vor dir … Ich räume ein, es sind grobe Kerle, ungeschliffen und schwitzend, aber kräftig, gut gebaut, du wirst dich über ihre Angriffe nicht zu beklagen haben.«
Die Erklärung wurde mit tiefstem Schweigen aufgenommen. Ich erhob mich zitternd.
»Das kannst du nicht wollen!« schrie ich auf. »Ich bin Incap Accla! Kein Mann außer dem Inka darf mich berühren, das weißt du, und alle die Herren hier wissen es auch.«
»Schweig! Das Reich gehört mir, Huascar gehört mir, du gehörst mir, ich verfüge über dich, wie ich will.«
»Töte mich«, sagte ich. »Töte mich, ich flehe dich an, aber begehe nicht diese
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