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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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Schwert führte, war sie, Asarpay … Asarpay! Was für ein schöner Name!
    Vielleicht sollte ich nach Cuzco zurückkehren und mich nach Pedrillo erkundigen? Aber eines kann doch nur sein: entweder ist er weggelaufen, oder ihm ist ein Unglück zugestoßen. In beiden Fällen bin ich machtlos.
    Wohin bringt sie mich? Gleichviel! Ich folge ihr. Ihr und dieser Kohorte von Indios mit ihren starren Masken. Doch wenn ich hinter ihr wahres Gesicht kommen will, muß ich den eingeschlagenen Weg weitergehen.
    Diese wenigen Tage haben mir zu denken gegeben. Die Existenz dieser Frau zu zerstören im Verlaß auf vielleicht lügenhafte Denunziationen, auf eine oberflächliche Einschätzung sowie auf den Grundsatz, daß es besser sei, einen Unschuldigen auszumerzen, als einen Verbrecher gewähren zu lassen, ist mir unmöglich. Gewissen und Ehrenhaftigkeit zwingen mich, meine Untersuchungen solange zu verfolgen, bis sie selbst sich verrät.
    Bisher handelte ihre Geschichte nur von den Ihrigen. Jetzt aber werden die Beziehungen zu den Spaniern beginnen. Ich habe mehr und mehr den Eindruck, daß sie meine Landsleute nicht allzuhoch schätzt und daß sie mir dies nicht ohne Vergnügen zu verstehen gibt. Was aber nicht der satanischen Heuchelei entspricht, derer man sie anklagt. Warum tut sie das? Sollte sich hinter ihren Worten eine Warnung verbergen, oder eine Drohung womöglich? Indessen scheint ihr meine Gesellschaft doch angenehm zu sein … Ich kann mir darüber nicht klar werden. Diese vollkommene Fremdheit, der ich mich ausgeliefert fühle, verwirrt meinen Kopf.
    Herr mein Gott, verlaß mich nicht! Ohne Dich bin ich nur ein Mensch.

4
    Ich wette, Pater Juan, Ihr könnt es kaum erwarten, bis Eure Landsleute in meine Geschichte eintreten. Gleich sind sie da. Aber freut Euch nicht zu früh. Ihr kamt in dies Land mit dem Vorsatz, alles über uns elende Geschöpfe zu erfahren; aber seid Ihr auch ebenso empfänglich, wenn es sich um Männer Eurer Kultur und Eures Glaubens handelt?
    Gegen Abend desselben Tages erschienen mit kleinem Gefolge und in Begleitung eines Dolmetschers zwei Spanier in Pultamarca.
    Es hatte geregnet, schwere, mit Hagel vermischte Schauer waren niedergegangen, und der Beginn der Audienz war trübselig wie die Farben des Himmels.
    Als Atahuallpa jedoch hörte, daß der eine Caballero der Bruder des Heerführers sei, geruhte er den Schleier zu heben, den zwei seiner Frauen vor ihm gespannt hatten, um ihn jeder unreinen Neugier zu entziehen. Er löste sich aus seiner Stummheit, bot Chicha aus goldenen Kannen und willigte ein, sich am folgenden Tag nach Cajamarca zu begeben, wo die Fremden ihre Quartiere aufgeschlagen hatten.
    Die Reiter nannten sich Hernando Pizarro und Bartolomé Villalcázar.
    Von nahem konnten wir feststellen, daß sie anscheinend ebenso wie wir aus Fleisch und Blut geschaffen und der Sprache mächtig waren, auch wenn wir, was sie sagten, nur vermittels des Dolmetschers verstanden.
    Sie waren prunkvoll gekleidet. Mehr jedoch als ihre seidenen und brokatenen Gewänder, mehr als ihre blasse Hautfarbe, ihr gekräuselter Bart, ihre schönen Gesichtszüge, die mir gleichwohl fad erschienen im Vergleich mit den so kraftvoll geformten Gesichtern unserer Männer, mehr als all das wurde meine Aufmerksamkeit gebannt durch den Blick des zweiten Caballero, des besagten Villalcázar, ein Blick, den er übrigens ohne Scham über die Frauen schweifen ließ, unter denen ich mich befand. Dieser Blick hatte das Blau bestimmter Blumen und war durchsichtig wie Wasser. Nie hätte ich mir vorzustellen vermocht, daß Augen anders sein könnten als schwarz oder braun. Diese Eigenheit verwunderte mich. Ich hätte bedenken sollen, daß Blau meine Unglücksfarbe ist …
    Die Nacht verbrachte ich mit Qhora im Frauengemach, doch war ich entschlossen, zu fliehen, sobald sich irgendeine Gelegenheit bieten sollte. Die Ankunft der Fremden hatte Atahuallpas Urteil aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Lieber wollte ich die Gefahren einer Flucht auf mich nehmen als erwarten, was mir drohte.
    Im Morgengrauen erleuchteten die Feuer des Heeres fröhlich die Wiesen.
    Nachdem die Männer gegessen hatten, wurde mit den Vorbereitungen begonnen. Gegen Mittag erschallte Trommelschlag, die Meeresmuscheln sandten ihre langgezogenen Töne zum Himmel, der sich heiter zeigte, und Atahuallpas Zug setzte sich in Bewegung nach Cajamarca.
    An der Spitze marschierten Hunderte rot und weiß gekleideter Diener, sie sollten den Weg von jedem kleinsten

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