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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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wollte sie haben, aber für Gold, mein Freund … Die Pizarros sind gute Rechner!«
    Martin de Salvedra kreuzte errötend meinen Blick.
    Er hatte nicht viel Ähnlichkeit mit Villalcázar.
    Mitte Zwanzig, eine eckige Gestalt, die Züge noch unentschieden. Zwischen dem fahlblonden Kinn- und Schnurrbart ein huschendes Lächeln, das gleich wieder erlosch. Die braunen Augen hatten einen gutmütigen, oft verwunderten Ausdruck. Seine Kleidung war armselig.
    In den darauffolgenden Wochen begriff ich, daß trotz der geräuschvollen Umarmungen, mit denen Almagros Ankunft begrüßt worden war, zwischen ihm und Pizarro kein Einvernehmen herrschte.
    Gegenstand ihres Zwists war das inzwischen vollständig zusammengetragene Lösegeld Atahuallpas.
    »Wenn Almagro glaubt, er braucht nur zu kommen und, ohne daß er einen Tropfen Schweiß vergossen hat, nur einzustreichen, was uns gehört, kann er sich das letzte Auge auch noch ausreißen!« schrie Villalcázar.
    »Das Gold haben wir uns verdient, und das behalten wir. Ich hätte euch sehen wollen, wenn ihr dabei gewesen wärt! Dreißigtausend dieser ›Indier‹, und dagegen wir … Einen Schiß hatten wir, die Därme voll! Und das sag ich ganz unverhohlen, denn noch nie haben Männer ihr Leben gewagt wie wir unseres an dem Tag! Also, dein Almagro … daß ihn seine Syphilis fresse!«
    »Es gab einen Vertrag«, beharrte Martin de Salvedra. »Francisco Pizarro hat auf die Evangelien geschworen, ihn einzuhalten. Und es wäre sehr ehrlos von ihm, wenn er uns von der Verteilung ausschließen würde, nur weil wir nicht hier waren. Ich spreche gar nicht für mich … Wer bin ich, daß ich etwas zu fordern hätte? Aber die Geschichte geht nun schon so viele Jahre, Almagro hat dabei seine Gesundheit ruiniert. Glaubst du, er war in Panama untätig? Bei einer Expedition sind die Operationen im Hintergrund genauso entscheidend wie die vorn. Almagro hat sich darum gekümmert, den Truppennachschub zu organisieren, die Gläubiger abzuwehren, Hypotheken aufzunehmen, neues Kapital zu erschließen … Ohne Kapital ist Mut gar nichts nütze.«
    »Papierkram, Papierkram, das ist alles, was der Einäugige kann!«
    »Francisco Pizarro versteht es trotz seiner Unbildung ja auch nicht schlecht, seinen Namen in Großbuchstaben unter Schriftstücke zu setzen, und zwar an den besten Platz. Als er vor vier Jahren nach Spanien ging, um die Genehmigung des Königs einzuholen, hat er sich die Herrschaft über alle hier entdeckten Gebiete zugeschanzt … Statthalter auf Lebenszeit, Generalkapitän …«
    Villalcázar lachte höhnisch.
    »Das hat Seine Majestät entschieden. Wenn Almagro dagegen war, hätte er nur Einspruch zu erheben brauchen. Beinahe hätte er es auch getan. Aber er hat es unterlassen, das war sein Pech. Wer durch die Dienstbotentür zum Fest kommt, muß sich nicht wundern, wenn er nur noch die Krümel aufsammeln darf. Für dich wäre es das Beste, Junge, du würdest in unser Lager überwechseln. Es gibt so irrsinnig viel Gold in diesem Land, und die hier wissen nichts damit anzufangen.«
    Villalcázar drückte sich in meinem Beisein sehr freimütig aus. Zum ersten, weil er einer ›Indierin‹ nicht mehr Verstand zutraute als einem der Schemel, die er beim Heerestischler bestellte, um sein Haus damit vollzustopfen, zum zweiten, weil er keineswegs vermutete, und ich hütete mich, ihn darüber aufzuklären, welche Fortschritte ich in Eurer Sprache gemacht hatte.
    Dennoch erfuhr ich am Nachmittag des 29. August die Atahuallpa betreffende Nachricht nicht durch ihn, sondern von Qhora: ein am selben Morgen hastig einberufenes Gericht hatte den Bastard von Quito zum Tode verurteilt. Seine Hinrichtung stand unmittelbar bevor.
    Ich stürzte aus dem Haus.
    Eine dichte, stumme Masse strömte auf den großen Platz. Ich schloß mich an. Es regnete.
    Bald wurde der Gefangene herbeigeführt. Obwohl er in schweren Ketten ging, trug er das Haupt erhoben, seine Haltung war majestätisch. Es machte mich stolz.
    Beim Anblick ihres Herrschers brach die Menge in Schmerzensschreie aus. Viele Frauen sanken ohnmächtig zu Boden. Man ließ sie liegen. Es war nur barmherzig, ihnen den Anblick seiner Todesqual zu ersparen.
    Während ich zusah, wie Atahuallpa der Garrotte überantwortet wurde, stritten widersprüchliche Gefühle in meinem Herzen. Gewiß wünschte ich ihm den Tod, aber nicht diesen. Sein Leben gehörte uns, den Menschen seiner Rasse, und es hätte der Inkasippe zugestanden, über seine Strafe zu

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