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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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Fußboden.
    »Heb das auf«, sagte er.
    Ich rührte mich nicht.
    Mit einemmal lachte er. Seine blauen Augen blitzten.
    »Abgesehen von mir, ist mir noch nie ein so miserabler Charakter begegnet!«
    Und er kam auf mich zu.
    ***
    Das Haus, in dem Villalcázar uns einquartiert hatte, lag hinter dem Gouverneurspalast, den zeitweilig der Inka bewohnte.
    Anderntags überquerte ich die Straße … Ach, hatte ich das erwähnt, Pater Juan? Wir hatten einen neuen Inka: Tupac Huallpa, ein legitimer Halbbruder von Huascar und Manco. Pizarros Wahl.
    Ich überquerte also die Straße, um eine der Frauen Tupac Huallpas, die ich von früher her kannte, zu besuchen, als ich von einem Mann angesprochen wurde.
    Er trug ein rotes Band um den Kopf, die Haare lang, wie in Jauja üblich. Er war in eine weiße Tunika und einen braunen Wollumhang gekleidet. Doch fiel mir sofort auf, daß sein ländlicher Aufzug nicht zu dem kühnen Gesicht paßte.
    »Edle Frau Asarpay?« sagte er.
    Mein Herz fing an zu klopfen.
    »Die bin ich.«
    Er vergewisserte sich, daß die Straße leer war, schlug seinen Umhang auf und zeigte mir ein Flechtband aus kostbarer, ockerfarbener Vikunjawolle, das er mehrfach um den Oberarm gewickelt trug.
    »Erkennst du diesen Llautu? Manco trug ihn an dem Abend, als er dich in deinem Palast zu Yucay über unsere Niederlage unterrichtete. Manco sagt, du würdest ihn wiedererkennen.«
    »Manco! Schickt Manco dich?«
    »Ja.«
    Es fällt nicht leicht, Worte zu finden, wenn es gilt, Gefühle auszudrücken, aber ich weiß noch genau, Pater Juan, daß ich mich inwendig auf einmal heiß werden fühlte, als hätte ich plötzlich die Sonne im Leib!
    »Wo ist er?« fragte ich.
    »Du wirst ihn bald sehen.«
    »Führst du mich zu ihm?«
    Der Mann musterte mich streng.
    »Du bleibst hier, bei den Fremden … Stell nicht so viele Fragen, höre. Manco befiehlt dir, ihn von Tupac Huallpa zu befreien. Ein Feigling, ein Verräter! Nicht genug, daß er sich wie ein Weib in den Schutz der weißen Männer geflüchtet hat, er konnte auch gar nicht schnell genug den Inkatitel annehmen, der rechtmäßig Manco zusteht. Tupac Huallpa entehrt uns. Er muß sterben.«
    Ich dachte nur immerzu: ›Manco lebt, Manco lebt‹, ich sah den Horizont wieder leuchten, in meinem Herzen war Festtag, und da sprach dieser Mann davon, Tupac Huallpa umzubringen, befahl mir zu töten … Mir! die ganz mittellos war, die ich noch nie Hand an jemanden gelegt hatte, und sei es eine Dienerin! Wie sollte ich eine solche Verantwortung auf mich nehmen, mich des Vertrauens würdig erweisen, das Manco in mich setzte? Und vor Furcht, ihn zu enttäuschen, begann ich zu zittern.
    »Ich habe Tupac Huallpa nie als Inka anerkannt«, sagte ich. »Die Fremden boten ihm das Reich an, um sich seiner desto leichter zu bemächtigen. Aber wie will Manco …? Ich bin nur eine Frau.«
    » … deren Ruhm und Wissen groß sind, Asarpay! Verschaff dir Zugang zum Palast. Den Konkubinen Tupac Huallpas wird es eine Ehre sein, dich zu empfangen. In allem Weiteren werden die Götter dich leiten.«
    Der Mann griff unter seinen Umhang und legte mir eine goldene Fiole in die Hand, nicht größer als ein Daumen und verschlossen mit einem in gedrehtes Stroh eingehüllten Türkis.
    »Dieses Gift wirkt erst in einem Viertelmond. Finde einen Weg, es in seine Chicha zu träufeln. Lebe wohl.«
    »Warte. Ich habe Manco soviel zu sagen … Wann sehe ich ihn?«
    »Das hängt allein von dir ab. Töte Tupac Huallpa, und du wirst Manco wiedersehen.«
    Wenn Villalcázar zu Hause war, wollte er mich ständig unter den Augen haben. Zum Glück hielten ihn seine Pflichten die meiste Zeit auswärts, und mir blieb genug Muße, den Palast aufzusuchen.
    Die Nachlässigkeit dieses eilends einberufenen Hofes begünstigte meinen Plan. Im Gefolge von Illa, ›Lichtstrahl‹, meiner einstigen Gefährtin aus dem Acllahuasi von Amancay, kannte ich bald alle Winkel des Palastes und sogar die Gemächer des Inka.
    Illa war hübsch, von ambrafarbener Haut, feingliedrig, und sie hatte kleine Hände, die wie Taubenflügel flatterten und die anmutigen Schwünge ihrer langen glänzenden Haare begleiteten. Bei unserer Vorstellung seinerzeit in Cuzco hatte Huayna Capac sie seinem Sohn Tupac Huallpa geschenkt. Heute war ich ein Nichts und lila eine der Frauen des regierenden Fürsten. Die Umkehr unserer Situation erhöhte sicherlich das Vergnügen unseres Wiedersehens. Durch ein paar Schmeicheleien konnte ich ihr ohne Schwierigkeiten die

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