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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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entscheiden. Mit welchem Recht spielten sich die Spanier als Richter auf? Welchen Schaden hatte Huayna Capacs Lieblingssohn ihnen zugefügt, außer sie fabelhaft zu bereichern …? Und auf einmal war mir klar, daß, nachdem sie dieses Verbrechen an einer königlichen Person bewußt begangen hatten, nichts sie mehr zurückhalten würde.
    Anderntags legte Villalcázar sein schwarzes Samtwams an, und mit jener Trauermiene, die Eure Landsleute willentlich aufsetzen können, begab er sich in die jüngst erbaute Kirche San Francisco, um Atahuallpas Begräbnis beizuwohnen, denn man hatte ihn in extremis getauft, unter der Androhung, man werde ihn sonst lebendig verbrennen.
    Pater Juan, was ist eine solche Bekehrung wert!
    Ihr antwortet nicht? Ihr habt recht, Euer Schweigen ehrt Euch.
    Abends hörte ich ein Gespräch zwischen Martin de Salvedra und Villalcázar.
    »Wir hätten ihn nach Spanien schicken müssen, damit Seine Majestät entscheide. Wir waren nicht befugt, einen Mann seines Ranges zu verurteilen … Und auf welche Anklagen hin? Weil er aus der Ferne den Mord an seinem Bruder Huascar befohlen hat? Man munkelt, Pizarro habe ihn dazu bewogen! Und was die Verschwörung betrifft, die sie angeblich gegen uns schürten, das ist doch eine völlig konstruierte Geschichte.«
    Villalcázar lachte.
    »Du mit deiner Moral! Läßt man einen Fürsten am Leben, der ständig wiederholt: ›Unter diesem Himmel fliegt ohne meinen Willen kein Vogel‹? Er war zu mächtig und hat es nicht genügend verhehlt, das hat ihn umgebracht. Da brauchst du nicht weiter zu fragen. In großen Dingen, Junge, sind Prinzipien fehl am Platz.«
    Im September verließen wir Cajamarca in Richtung Cuzco.
    Als wir zwei Monate später in Jauja eintrafen, das an das Gebiet von Amancay grenzt, war ich entschlossen, zu fliehen und in die Berge zu gehen. Amancay war meine Heimatprovinz, ich wäre unter den Meinen gewesen und konnte darauf rechnen, daß man mir helfen würde, Manco zu finden … wenn er noch am Leben war.
    Ich ertrug die heuchlerischen Gesichter Eurer Landsleute nicht mehr und nicht das Besitzergebaren Villalcázars. Ich fühlte mich erniedrigt, besudelt, entehrt. Leider verstärkte sich sein Interesse, je kratzbürstiger ich wurde.
    Gleich am Abend unserer Ankunft hatten wir einen Streit.
    Er führte mich in sein Gemach, öffnete eine hölzerne Truhe und sagte: »Wähle.« In der Truhe lagen Goldgeschmeide, wer weiß wo, wer weiß wem geraubt.
    Ich wich zurück.
    »Nein, danke.«
    »Wieso nicht? Welche Frau würde einen Schmuck ablehnen!«
    »Sicher die nicht, die du für gewöhnlich besuchst.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich besaß einmal die erlesensten Kleinodien, die je in unserem Reich angefertigt wurden.«
    »Wo sind sie?«
    Mir kam mein weißer Palast zu Yucay in den Sinn, und ich sah mich, wie ich mit Marca Vichay in den geheimen Saal hinabstieg, und ich dachte an die Wunder, die dort unter der Erde ruhten, während ich über Land zog wie ein Soldatenweib. Ich seufzte und sagte in der Hoffnung, gut zu lügen: »Atahuallpas Truppen haben mir alles gestohlen.«
    »Wenn sie dir alles gestohlen haben, hast du nichts mehr.«
    Ich berührte mein Smaragdhalsband.
    »Das hier bleibt mir. Ich will nichts, was jemand anderes getragen hat, gib es deinen Frauen.«
    Er preßte die Kiefer so heftig zusammen, daß ich seine Zähne knirschen hörte.
    »Du weißt genau, daß ich sie weggeschickt habe.«
    »Das war ein Fehler von dir, sie waren schön und sehr viel liebenswürdiger als ich.«
    »Dich krieg ich noch klein!« brüllte er. »Was glaubst du, wer du bist? Du Indierhure, Inkahure! Und was ich mit Indierinnen mache …«
    »Ich weiß. Du dressierst sie, und sie lecken dir die Füße! Nimm es nicht übel, aber das ist kein Kunststück. In unseren Ländern gehört Unterwerfung zu unserem Geschlecht. Nur ich bin nicht so. Ich beuge mich allein dem Inka! Also, was die Hure betrifft, such dir andere. An Huren mangelt es nicht, seit ihr hier seid, und laß mich gehen.«
    »Niemals! Ich habe dich, ich behalte dich. Und denk ja nicht, du kannst mir auskratzen. Wohin du auch gehst, wo du auch seist, ich finde dich und laß dir die Haut vom Leibe peitschen wie einer Hündin. Danach nimmt dich kein Mann mehr, und wär es der letzte Bettler.«
    Ich lächelte.
    »Eines Tages töte ich dich«, sagte ich.
    Villalcázar stieß ein Gebrüll aus, packte die Truhe, hob sie über seinen Kopf und schleuderte sie nach mir. Die Kleinodien kollerten über den

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