Die Favoritin
seiner Jahre, herrlich gewachsen, ein stolzes Antlitz, Kiefer wie ein Raubtier – aber verstärkt eine gewisse Wildheit nicht die Verführungskraft eines Mannes? – dazu ein schimmernder, pechschwarzer Bart und diese unfaßlich blauen Augen, von denen ich schon sprach.
Im Februar widerfuhr mir eine große Freude.
Es wurde angekündigt, bald werde der Inka kommen, der noch immer als Gefangener von Atahuallpas Generälen irgendwo im Gebiet von Cuzco lebte. Meine Dankbarkeit gegenüber den Spaniern wuchs. Endlich sollte der Alptraum enden, und wenn ich mir die Angst vorstellte, die Atahuallpa erdrücken mußte, frohlockte ich.
Diese Tage, in denen ich auf ihn wartete und im voraus auf den Wolken des Triumphes schwebte, der Huascars Rückkehr begleiten würde, waren das letzte Geschenk, das er mir machte.
Eines Nachmittags, als ich zu der kühlen Stunde, da der Regen die unbändige Glut des Morgens löscht, meine Lektion Kastilisch nahm, kam Qhora, die ihren Wuchs fabelhaft nützte, sich überall einzuschleichen und die Zungen zu lösen, in mein Zimmer gerannt. Sie stürzte mir zu Füßen, umklammerte meine Beine mit ihren Ärmchen. Sie schluchzte: »Herrin, Herrin! Der Inka ist tot.«
Ich stieß sie zurück.
Huascar tot? Unmöglich. Irgendein Zeichen hätte mich doch gewarnt.
»Du lügst!« sagte ich.
Pedro, Pizarros Cousin, erhob sich.
»Señora, laßt uns fortfahren, wenn Ihr dazu in der Lage seid.« Er ging zur Tür, und sein Nacken war steif, sein Schritt eilig.
»Also ist es wahr!« rief ich. »Ihr wußtet es?«
Er drehte sich um und musterte mich vorsichtig. Es war ein höflicher junger Mann, von feinerer Denkungsart und besserer Erziehung als die übrige Familie.
»Wir erhielten die Nachricht heute nacht. Inka Huascar wurde auf Befehl der Generäle Atahuallpas ertränkt. Glaubt mir, Señora, ich bedaure es. Wir bedauern es alle.«
»Ertränkt!« wiederholte ich voller Grauen.
Ich fing an zu zittern. Mir war plötzlich kalt, so kalt, daß es mir bis ins Mark ging … Ertränkt! Die Götter ließen mir also nicht einmal den Trost, mir vorzustellen, wie er sich eines friedevollen, erhabenen neuen Daseins erfreute! Denn nach unserem Glauben, Pater Juan, ist denen ewige Qual beschieden, die durch Ertränken oder auf dem Scheiterhaufen enden …
***
Villalcázar wahrte die Formen. Er ließ mir drei Tage Trauerzeit. Am vierten erschien er.
»Señora, Ihr steht jetzt allein. Ich habe Francisco Pizarro, unseren Generalkapitän, um die Ehre ersucht, Euch zu beschützen, und er hat sie mir gewährt. Künftig wohnt Ihr in meinem Haus. Ich führe Euch hin. Befehlt, wenn ich bitten darf, daß man Eure Sachen packt.«
Das hieß, mir in gewählten Worten klarzumachen, daß ich nun, da der Inka nicht mehr lebte, nur mehr ein Gegenstand der Lust war.
Aber welche Möglichkeit hatte ich, mich aufzulehnen? Was ich aus freien Stücken zu geben mich weigerte, würde man mir mit Gewalt nehmen!
Da ich meinte, daß ich mich unnötig herabwürdigte, wenn ich einen bereits abgekarteten Beschluß anfocht, tat ich, was alle Frauen unseres Landes zu jener Zeit taten und noch heute tun, wenn sie das Interesse eines Spaniers erwecken: Ich rief Qhora, schickte sie, mein leeres Kokatäschchen und meinen Kamm zu holen, da ich außer dem Schmuck und den Kleidern, die ich trug, in jenem Haus weiter nichts Eigenes besaß, und folgte Villalcázar.
Er bewohnte das Haus eines Beamten von Cajamarca. Es hatte einen Innenhof, wo in einem Springbrunnen Wasser rieselte. Mehrere Frauen zeigten sich und verschwanden. Wir durchschritten einen Saal mit Nischen, in denen reiche Tonwaren standen. Ein sehr schönes Gefäß, wie ich noch weiß, stellte einen in Braun und Ocker gehaltenen Papagei dar, der an einem Maiskolben pickte. Ich erinnere mich dessen, weil ich meinen Geist zwang, sich an Details zu halten, damit er nicht abirrte.
Vor einer Tür, die durch einen mit Lamaleder bespannten Holzrahmen verschlossen war, drehte sich Villalcázar um.
»Du, Zwergin, raus!«
Ich befahl Qhora, zu den Dienerinnen zu gehen.
Villalcázar öffnete die Tür, schob mich in das Gemach, von dem ich nichts sah, denn er war sofort über mir. Er umschlang mich, riß den Goldreif von meiner Stirn, tauchte seine Hände in mein Haar, und indem er mein gesenktes Gesicht zu sich erhob, küßte er meinen Mund. Ein Kuß, so gewaltsam wie eine Handvoll Pfeffer!
Dann ließ er mich los.
»Zieh dich aus«, sagte er. »Ich warte schon viel zu lange.«
Und ich
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