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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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begriff, daß die Zeit der guten Manieren um war.
    Villalcázar hatte die Ungeduld eines Knaben und die Gier eines Menschenfressers. Alles an ihm war maßlos, Worte, Gebärden, Gelüste, Begehren.
    Anderntags verfügte er, daß die Konkubinen, die Atahuallpa ihm überlassen hatte, mich bedienen sollten.
    »Das kommt nicht in Frage«, sagte ich. »Diese Kränkung tue ich ihnen nicht an. Was bin ich jetzt anderes als sie?«
    »Du tust, was ich sage, oder ich schicke sie weg.«
    »Glaubst du, sie beklagen sich darüber?«
    Ihm stieg das Blut zu Kopf, und er erquickte mich mit einem Zornesausbruch, dem ich erschrocken beiwohnte, da unsere Herren sich zu solchen Ausschreitungen selten hinreißen ließen. Bei uns genügt einfach ein Runzeln der Brauen, ein strenges Wort.
    Mit großem Gefuchtel und einer Reihe Grobheiten, von denen ich nur die Betonung verstand, da solche Ausdrücke nicht zu der Sprache gehörten, die Pedro Pizarro mir beibrachte, erklärte Villalcázar, ich hätte mich von nun an einem neuen Herrn zu fügen und noch nie in seinen achtzehn Eroberungsjahren in unseren Nachbarländern sei es einer ›Indierin‹ gelungen, ihm die Stirn zu bieten. Die Art, wie er das Wort aussprach, traf mich ins Herz.
    Ich blickte ihm gerade ins Gesicht.
    »Hol dir dein Vergnügen«, sagte ich. »Aber bilde dir nicht ein, du könntest mich ändern. Wenn dir das nicht paßt, töte mich, du erweist mir einen Dienst.«
    Den Satz warf ich ihm jedesmal an den Kopf, wenn wir in Streit gerieten, das heißt täglich.
    Ich dachte oft ans Sterben.
    Der Mensch braucht ein Ziel, ein Gefühl, irgend etwas, woran die Seele sich halten kann. Alles um mich brach zusammen … Huascar … das Reich … meine Ehre … So kam es, daß ich Villalcázar provozierte in der Hoffnung, er werde den Schritt tun, der mich erlöste. Doch allmählich gewann ich Geschmack an dem Spiel. Da ich nichts mehr zu verlieren hatte – und er merkte es –, entdeckte ich in mir eine böse Macht. Der andauernde Krieg, den ich zwischen uns schürte, hielt mich am Leben. Dieser Krieg und …
    Ich will Euch ein Geheimnis gestehen, Pater Juan.
    Da Euer Empfinden sich in einer so anderen Welt gebildet hat, glaubt Ihr wahrscheinlich, daß ich Villalcázar haßte, weil er mich gezwungen hatte? Ihr irrt. Bei uns werden die Frauen durch das Gesetz des Mannes geformt, wenn sie noch kleine Mädchen sind. Villalcázar tat nicht mehr, als es anzuwenden. Im Grunde, im Grunde meiner selbst, nahm ich es hin: Männer sind so. Was nun die Entweihung betrifft … Was wußte Villalcázar schon von unseren Institutionen! Eine Incap Accla, das waren für ihn Bilder, die ihn, im Gegenteil, erst recht ermutigten. »Inkahure!« schrie er auf dem Gipfel der Raserei. Ihm klarzumachen, was für eine Frau ich war, fand ich nie der Mühe wert; was er dachte, ließ mich kalt.
    Ungeachtet der Tatsache, daß ich an den Spaniern jetzt Bestrebungen entdeckte, die, oh, wie sehr! von jenen abwichen, die wir ihnen anfangs zugeschrieben hatten, haßte ich Villalcázar aus einem ganz anderen Grund. Ich habe es noch nie einem Menschen gesagt, Pater Juan … eine Beichte gewissermaßen, aber bekennt man in Eurer Religion nicht auch die Sünden des Fleisches?
    Nun denn. Ich fasse mich kurz. Lebendige Götter hatten mich auf ihr Lager gestreckt, und es hatte mich mit großem Stolz erfüllt, ohne daß ich mir vorgestellt hätte, daß eine Frau noch etwas anderes empfinden könne. Aber mit Villalcázar, einem gewöhnlichen Sterblichen, einem Fremden, von dem mich alles trennte, Rasse, Sitten, Glauben, Erziehung, mit ihm, den zufriedenzustellen mir einerlei war und dessen Umarmung mich erniedrigte, mit ihm …! Daß es ihm gelang, sich meinen elenden Körper zum Komplizen zu machen, das habe ich ihm nie verziehen!
    Im April erhielten die Spanier Verstärkung. Diego de Almagro, Pizarros Verbündeter bei dieser Expedition, ein alter Mann, häßlich und einäugig, kam mit zweihundert Soldaten nach Cajamarca, fünfzig davon Berittene.
    Unter ihnen war ein Cousin von Villalcázar, Martin de Salvedra.
    Villalcázar brachte ihn mit und erklärte, Martin werde bei uns wohnen.
    »Wenn du ›Indierinnen‹ willst, Junge, genier dich nicht. Die sind heiß wie Brot, frisch aus dem Ofen! Nur die nicht«, sagte er und zeigte auf mich. »Die nimmt mir keiner weg. Sie war die Lieblingsfrau des Inka … Huascar, den sie ertränkt haben. Sie hat mich ihr Lebendgewicht an Gold gekostet. Einer von den Pizarro-Brüdern

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