Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
Vom Netzwerk:
an meine Kehle.
    »Mir ist, als wäre mir eine Raubkatze an den Hals gesprungen.«
    »Ist Euch auch nichts gebrochen?«
    »Helft mir auf, dann weiß ich mehr.«
    Fürsorglich stellte er mich auf die Füße. Arme und Beine ließen sich bewegen, aber mir tat alles weh. Mit den Augen suchte ich um mich, plötzlich von dem Gedanken entsetzt, Villalcázar könnte die Phiole mitgenommen haben.
    Sie blinkte als goldener Punkt am Boden.
    »Bitte, Martin«, sagte ich.
    Er bückte sich und gab sie mir.
    Die Phiole in der Hand zu halten beruhigte mich. Eine Welle von Stolz schwellte mein Herz.
    Martin beobachtete mich.
    »Ohne Euch hätte er mich erwürgt«, sagte ich. »Geht er mit Frauen immer so zartfühlend um?«
    »Nein. Im allgemeinen … Ich glaube, er liebt Euch.«
    »Eine reizende Art, es zu beweisen!«
    »Vielleicht weiß er es selbst nicht? Für einen Mann wie ihn ist Liebe eine Schwäche, fast ein Gebrechen.«
    »Und für Euch?« Er wurde rot.
    »Oh, für mich! Ich komme aus Spanien. Dort gibt es nur Frauen, die man heiratet oder die verrufen sind. Um an Heirat zu denken, bin ich zu arm, und die anderen verlocken mich nicht. Aber was rede ich … Ihr müßt Euch niederlegen und ausruhen. Wenn Ihr erlaubt …«
    Er trug mich in mein Schlafgemach. Er war stärker, als er aussah. Er legte mich auf meine Decken, goß Wasser in einen Becher und gab mir zu trinken.
    »Ich rufe Eure Zwergin, sie kann Euch besser helfen.« Ein Lächeln glitt über seinen blonden Schnurrbart. »Ich hatte selten Gelegenheit, mich einer Frau anzunehmen.«
    »Ihr macht es sehr gut. Danke. Vielen Dank, Martin.« Ich folgte ihm mit den Augen. Es war das erstemal, daß ein Mann mir Güte bezeigte, ohne etwas dafür zu wollen.
    Anderntags zog Villalcázar aus, gegen Krieger zu kämpfen, die die Brücken über den Apurimac zerstört hatten, um Pizarros Triumphmarsch aufzuhalten.
    Bei seiner Rückkehr hielt ich es für klug, mich sanftmütiger zu benehmen. Er war zufrieden. Eigenliebe war Villalcázars stärkster Zug. Zweifellos hielt er nun Züchtigungen für das beste Mittel, mich zu zähmen.
    Wie Mancos Abgesandter es vorausgesagt hatte, starb Tupac Huallpa eine Woche, nachdem er das Gift zu sich genommen hatte.
    Sein Tod erweckte wenig Anteilnahme. Er gehörte zu den Wesen, die durch die Umstände für kurze Weile aus ihrer Nichtigkeit gehoben werden; dann aber stürmen die Ereignisse über sie hinweg und brechen sie, ohne daß sie mehr hinterlassen als einen Namen.
    Einige Tage darauf legte Villalcázar wiederum die prächtigen Brokatkleider an, die ich in Pultamarca an ihm gesehen hatte. Ich fragte, weshalb er solche Eleganz entfalte.
    »Interessierst du dich endlich dafür, was ich tue? Fürst Manco hat sich mit uns in Verbindung gesetzt. Er erhebt als legitimer Erbe Anspruch auf den Thron. Ich gehe, den Burschen auf seine Loyalität hin zu begutachten und eine Begegnung mit Pizarro vorzubereiten, die er verlangt. Wir müssen dafür sorgen, daß der Inka sehr schnell ersetzt wird, damit er die Einheit des Reiches wiederherstellt.«
    Die Begegnung hatte bei Cuzco statt.
    Die Spanier errichteten ihre Zelte auf einer grünen Hochebene.
    Tags darauf stellte sich in heller Morgensonne Manco ein. Sein Geleitzug war, offen gestanden, alles andere als prächtig: eine karge Holzsänfte, die Krieger in verschlissenen Gewändern, ein paar Frauen. Was tat es! Er war da, und alles war mir wiedergegeben. Ich rang um ruhigen Atem, so trunken war ich vor unbändiger Freude, die zu unterdrücken ich kaum die Kraft hatte.
    Ich stand wenige Schritte von Pizarro. Da er wußte, daß ich das Kastilische besser als der Dolmetscher beherrschte, hatte er Villalcázar gebeten, mich mitzubringen.
    Es gab große Umarmungen zwischen dem alten spanischen General dunkler Herkunft – es hieß, Pizarro sei der Bastard einer Bauernmagd und eines Edelmannes – und dem jungen Fürsten aus göttlichem Geschlecht.
    Eine Frage, Pater Juan: Ist es in Euren Ländern üblich, daß man denjenigen umarmt, den man umzubringen gedenkt?
    Nach vielerlei Reden, die darauf abzielten, Manco seiner künftigen Macht zu versichern, schloß Pizarro ihn erneut in die Arme, zum Zeichen, daß die Begegnung beendet sei.
    Ich war fast erleichtert. Mein Herz hatte sich daran aufgerieben, mich Manco so nah und dennoch so fern zu fühlen. Da plötzlich sprach er mich an, der meine Anwesenheit nicht einmal bemerkt zu haben schien, obwohl ich den Dolmetscher mehrmals berichtigt hatte.
    »In deiner

Weitere Kostenlose Bücher