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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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einem jeden Grüße und Geschenke tauschte. Welch lächelnde Güte für die einfachen Leute! Aber den Mord an jenem Inka gesteht sie, ohne mit der Wimper zu zucken, ohne Reue, wie etwas Selbstverständliches …! In ihr steckt sowohl etwas von einem Engel wie auch vom Teufel. Welches Gesicht zeigt sie mir? Du allein weißt es, Herr. Dein Wille geschehe!
    Villalcázar … Ist es derselbe Villalcázar oder ein anderer dieses Namens, der ihr verstorbener Gatte war? Ich habe nicht gewagt, sie das zu fragen. Sie scheint ihn allzusehr zu verabscheuen!
    Die Fragezeichen häufen sich. Ich habe nur eine Gewißheit: sie haßt meine spanischen Landsleute und hat sie oft hintergangen.
    Warum verhält sie sich mir gegenüber so anders? Wenn ich nüchtern darüber nachdenke, sehe ich für ihre Offenheit nur ein Motiv: es ist bereits alles so arrangiert, daß ich nicht mehr reden kann. Ein andermal wieder siegt, wie ich gestehe, bei mir die Eitelkeit. Sie erweist mir so zartfühlende Aufmerksamkeiten! Ich bin dann jedesmal überzeugt, daß es sie glücklich macht, ihre Bekenntnisse einem Geist zu überantworten, der den ihren zu schätzen weiß.
    Während der letzten zwei Tage, die wir in Ollantaytambo weilten, erwog ich mehrfach, den Fuchs zu satteln, den sie mir lieh, und nach Cuzco zu galoppieren, um den Bischof zu unterrichten. Diese Frau gehört uns nicht. Wenn sie es vortäuscht, so zu einem wohlerwogenen Zweck. Aber ich bin sicher, sie hat auch diese Reaktion vorausgesehen. Wenn ich versucht hätte, ihr zu entfliehen – ich wäre nicht weit gekommen, dafür hat sie schon zuviel gesagt.
    Zuviel, aber nicht genug! Sie hat die Tür nur erst spaltbreit geöffnet. Über die Eroberung der Länder hier kennen wir nur die Version der Eroberer … Was haben wir diesem Volk angetan, und was ihr?
    Wer verdammen oder freisprechen soll, muß alle Seiten kennen. Und auf die Weise verleitet sie mich und zieht mich mit. Inzwischen bin ich fast sicher, daß sie weiß, wozu ich nach Cuzco gekommen bin. Man wird es ihr gesteckt haben. Und das Spiel belustigt sie. Wie weit wird sie gehen?
    Erleuchte mich, Herr!
    In jedem starken Charakter gibt es eine Schwäche. Wenn ich ihre Schwachstelle herausfinden könnte, wäre dann nicht vielleicht noch Zeit, diese Seele Dir zu gewinnen?

5
    Kurze Zeit nach unserem Einzug in Cuzco wurde Manco gekrönt. Die Nachricht hatte sich rasch verbreitet, die Häuptlinge der eroberten Stämme und die Provinzgouverneure strömten herbei, ebenso die Weihgeschenke.
    Vor der Inthronisierung eines Inka bewegten sich normalerweise Geleitzüge mit Gold, Silber und Edelsteinen aus allen Teilen des Reiches über die Nan Cuna in Richtung der Hauptstadt, doch obwohl Pizarro noch immer große Popularität genoß, hatte seine Art, Atahuallpa zu schröpfen, eine gewisse Vorsicht geweckt, und die Schätze blieben in den Verstecken.
    Im Palast Huascars, den Manco zu seiner zeitweiligen Residenz erklärt hatte, häuften sich mehrfarbige Tongefäße, Stoffe aus Baumwolle wie aus Wolle, Waffen, Gewirke aus feinen Federn, Kokablätter, Mais, aromatische Pflanzen, Dufthölzer, alles also, was in den verschiedenen Regionen hergestellt wurde, und trotz ihrer Bescheidenheit waren diese Gaben hochwillkommen, denn Manco besaß so gut wie nichts.
    Zehn Tage vor der Zeremonie stellten wir jede körperliche Beziehung ein.
    Der künftige Herrscher zog sich zurück, um zu beten und zu meditieren, er nährte sich von Wasser und rohem Mais und von einer Chucam genannten Pflanze, die wir in Fastenzeiten zu uns nehmen, weil sie Kraft spendet.
    Am Tag der Thronbesteigung war es fast wie zu den besten Zeiten unserer Inkas.
    Auf den Hügeln leuchteten die farbigen Festkleider des Volkes, und alles, was es in unseren Provinzen noch an Adel gab, drängte sich auf der Huacaypata, dem großen Platz von Cuzco, der mit Laubwerk und Blumen geschmückt war.
    Die Spanier waren zugegen.
    Bei unserer Ankunft in der Stadt hatten ihre Soldaten, entgegen den Befehlen, schamlos geplündert, sogar bis in den Sonnentempel waren sie vorgedrungen … Gleichwohl – so groß war der Wunsch nach Frieden! – sahen die Gemüter sie beharrlich weiterhin als Befreier, und das Funkeln ihrer Kürasse und Helme ersetzte fürs Auge das Gold, das sie uns gestohlen hatten.
    Eine Messe wurde gefeiert. Pizarro krönte Manco mit dem kaiserlichen Llautu und der Mascapaycha, ein Akt, der eigentlich dem Hohen Priester der Sonne zustand. Der Tausch erregte kein Murren. Offenbar

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