Die Favoritin
Eigenschaft als Incap Accla des ehrwürdigen Huayna Capac und meines Bruders Inka Huascar fordere ich dich zurück, ich, Manco, ihr Erbe. Sag es dem alten Mann. Sag ihm auch, daß deine Kenntnisse seiner Sprache helfen werden, unsere Freundschaftsbande zu festigen.«
Ich übersetzte.
Villalcázar stand mit den Brüdern Pizarro in der ersten Reihe. Ich sah, wie er rot anlief, erstarrte, wie scharf seine Kiefer sich spannten, sah, wie seine Hand ans Schwert fuhr, wie er vortrat. Pizarro wandte sich ab. Ich weiß nicht, welche Versprechen oder Drohungen sein Blick verheißen hatte: Villalcázar wich zurück.
»Señora Asarpay«, antwortete Pizarro, »sagt Fürst Manco, daß wir seine Forderung mit Vergnügen erfüllen.«
So geschah es, daß ich wieder zu den Meinen kam.
***
Das Lager, hoch in den Bergen versteckt, bestand aus ein paar Rundhütten, die aus Grasschollen errichtet und mit Steinen befestigt waren. Mehrere junge, schöne Frauen, die sich am Feuer zu schaffen machten, ließen ihre Arbeit sein und kamen freudig gelaufen. Ohne ihnen mehr Beachtung zu schenken als den Dornensträuchern, die eine Art natürlichen Wall um das Lager bildeten, zog Manco mich in seine Hütte. Sie war durch eine zerfranste Standarte auf dem Strohdach gekennzeichnet.
Ich war dermaßen bewegt, daß ich mir an der niedrigen, engen Öffnung beinahe die Stirn gestoßen hätte.
Manco wandte sich um.
»So lebe ich jetzt. Aber bald haben wir Palast und Dienerschaft.«
Er goß sich einen Becher Chicha ein. Wenn er trank, hatte er etwas von der Gier Villalcázars.
Ich fand ihn sehr verändert. Seine Gestalt hatte ihren jugendlichen Schmelz verloren, sie war kräftiger geworden, massiger, muskulös. Und dieses scharfkantige Gesicht mit dem insgeheim gequälten Ausdruck war nicht mehr das, an das ich mich erinnerte. Auf einmal begriff ich, daß meine Träume sich an einen Mann gehängt hatten, von dem ich nichts wußte. Meine Verwirrung wurde noch größer. Ich hatte einen trockenen Mund, mein Rücken war feucht, ich hätte am liebsten geweint, und der Kopf schmerzte mir von all den Gedanken, die ich hin und her wälzte, seit wir Pizarro verlassen hatten.
Ich musterte das Innere der Hütte. Sie war sauber, gekehrt, die Decken sorgsam gefaltet. An einem Haken hingen Kleidungsstücke. Am Erdboden lagen ein prächtiger, goldgefaßter Schild und die Kriegskeule. Es duftete nach den Kräutern unserer Berge. Welche seiner Frauen mochte die getrockneten Bündel in die Wandhöhlungen gesteckt haben?
Manco tat die drei Schritte, die ihn von mir trennten.
»Du mußt mir berichten, Asarpay … Ich will alles über die Fremden wissen. Der alte Mann macht einen ehrlichen Eindruck. Ich brauche seine Unterstützung, um Atahuallpas Krieger zu vernichten, die in unseren Provinzen immer noch Unruhe stiften … Und wäre es nur, daß er uns von dem verfluchten Hund befreit hat …! Es heißt, daß sie das Gold lieben. Ich gebe es ihnen. Sie werden wieder gehen, mit vollen Schiffen.«
»Sie werden nicht gehen«, sagte ich. »Sie wollen nur eins, sich des Reiches bemächtigen.«
Manco runzelte die Brauen.
»Warum verbünden sie sich dann mit mir?«
»Sie brauchen dich, so wie du sie brauchst. Um Frieden zu schaffen, die Provinzen zu einigen. Sobald du ihnen nicht mehr nützlich sein wirst … Sie haben Atahuallpa getötet, sie töten auch dich.«
Er streckte die Hand aus, berührte meine Lliclla.
»Zwei Jahre sind es her. Ich will dich, Asarpay. Und du, willst du mich auch, sind deine Gefühle noch dieselben?«
Die so lange zurückgehaltenen Tränen strömten über mein Gesicht, ich senkte den Kopf.
»Herr, ich kann dir nicht angehören. Viele Dinge sind geschehen. Ein Mann … einer der fremden Hauptleute hat mich auf sein Lager gezogen. Ich bin deiner nicht mehr würdig.«
»Hast du diesen Mann gewollt?«
Meine Tränen stürzten noch heißer.
»Ich wollte immer nur dich. Der große Huayna Capac und Huascar erwiesen mir Ehre, aber die Blume der Liebe hast du, nur du, in mein Herz gepflanzt.«
»Ich weiß von dem Mann«, sagte Manco.
»Du weißt!«
»Ich weiß alles über dich. Bei den Fremden Spione einzuschleusen ist keine Kunst: für sie sehen wir alle gleich aus … Asarpay, unser Tun wird durch unseren Glauben bestimmt. Dies ist rein, jenes ist unrein. Und wenn wir ein Gesetz überschreiten, wehe dann uns und den Unseren! Sind sie aber noch alle gültig in den außergewöhnlichen Zeiten, die wir erleben? Nimm nur dies: Wenn ich
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