Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
hätte es Sil nicht gebraucht, der vorhin, als er sich im Schlafzimmer vor dem Mittagessen rasch umgezogen hatte, um danach sofort ins Dorf laufen zu können, verstört aus dem Feuer gepurzelt war und Trost bei Felix gesucht hatte. Viel Trost – eine halbe Tafel Schokolade hatte es gebraucht, bis er seinen Kummer vergaß und kurz aufhörte zu jammern.
    Die Schwarze Banshee, die um die Burg herumstrich, vielleicht jede Nacht. Die Finley suchte oder irgendetwas anderes. Vor Finleys Fenster jedenfalls war ein Kobold postiert. Nicht Finleys zarter kleiner Pixie, kaum einen halben Koboldkopf größer als Sil, sondern einer von Alasdair. Ob es half, wusste Felix nicht. Bisher war Finley nichts passiert. Allerdings war er bleich und still seit seiner Nacht im Moor, soweit Felix das beurteilen konnte, zweimal war er ihm seitdem im Korridor begegnet und hatte ihn kaum erkannt, ja, kaum wahrgenommen, als wehte der Winterwind ein welkes Blatt an ihm vorbei. Über einen Monat war es noch hin bis zu den Weihnachtsferien. Was auch geschehen mochte, Felix würde über die Ferien nach Hause fahren, hatte er beschlossen. Was auf Glen passierte, machte ihm Angst. Die Schwarze Banshee – allein wenn er an sie dachte, lösten sich seine Eingeweide fast auf. Schlimmer noch als der Kelpie. Dabei hatte er sie nie gesehen, den Kelpie hingegen schon dreimal, also dreimal mehr, als er das dringende Bedürfnis danach verspürt hatte, herzlichen Dank. Aber was er über sie wusste, reichte ihm. Das, was man über Will erzählte, reichte ihm. Auch Will hatte er nie mehr gesehen. Sie hatten ihn fortgebracht, und Felix’ Briefe hatte er nicht beantwortet. Weil er es nicht mehr konnte.
    Wenn Alasdair einen Kobold vor Finleys Fenster postierte, wusste er um die Gefahr. Das war der erste Schluss, den man daraus ziehen konnte. Der zweite war, dass er nicht einverstanden war. Dass er Finley nicht opfern wollte, nie hatte opfern wollen. Dass er etwas anderes im Sinn gehabt hatte als eine Begegnung mit der Schwarzen Banshee, als er ihn zur Strafe für den Versuch, Wills Akte von seinem frisch zur Seite gestellten Pixie stehlen zu lassen, nachts ins Moor geschickt hatte. Das konnte man beruhigend finden. Alasdair war nicht verrückt geworden. Nicht vollkommen.
    Aber es hieß auch, dass er keine Kontrolle über die Schwarze Banshee hatte. Oder ihr zumindest nicht traute.
    Bei diesem Gedanken wurde Felix furchtbar schlecht. Alles geriet aus den Fugen. Andererseits war es schon aus den Fugen, seit er zurückdenken konnte. Die Verachtung, die ihm seit dem ersten Tag auf Glen entgegengeschlagen war, als er sich vor Aufregung beim Rundgang übergeben hatte, schlimmer als Prügel. Der seltsame Trost, den ihm Will, sein Pate, angeboten hatte. Die Feen. Oh, die Feen! Will hatte so fest daran geglaubt, eine Welt voller Schönheit gefunden zu haben. Bis ihm diese Welt sozusagen mit dem nackten Arsch ins Gesicht gesprungen war. Mit entblößten Fängen. Mit ausgestreckten Krallen. Bis er hatte begreifen müssen, dass die Feenwelt nichts für Sterbliche war. Und mit ihm hatte es Felix begriffen. Wenn er es recht bedachte, war die Welt nicht aus den Fugen geraten – sie war noch nie in den Fugen gewesen. Nur hatte er sie einmal als einigermaßen berechenbar empfunden. Jetzt war sie reines Chaos, und er mittendrin.
    Leslie hatte die Nacht also überlebt. Mehr wollte er im Grunde gar nicht wissen. Er wusste längst genug. Die Schwarze Banshee töten – allein bei dem Gedanken hätte er heulen mögen. Man musste, fand er, selbst vollkommen wahnsinnig sein, um freiwillig dort hinauszugehen und sich mit dem Gestalt gewordenen Wahnsinn anzulegen, als wäre es nur ein wildes Tier, das man erlegen konnte.
    Zu Abend gab es Fleisch und Gemüse, zum Nachtisch Pudding, er roch ihn schon im Korridor. Er roch auch das Fleisch und das Gemüse, überdeutlich sogar, aber als er dann am Tisch saß, schmeckte er nichts.
    Was sollte er tun, wenn Leslie etwas zustieß? Wenn Grau etwas zustieß? Ihnen beiden? Wenn sie ihn hier allein ließen, hier auf Glen, mit allem, was er wusste? Mit der Erinnerung an Will? Der Gedanke an seinen Paten schnürte ihm die Kehle zu. Er schuldete es ihm, an Leslies Seite zu bleiben, bis … ja, bis was? Bis sie die Schwarze Banshee umbrachten?
    Vielleicht würde der zornige Grau sie in der kommenden Nacht zerreißen, wie auch immer man es sich vorzustellen hatte, wenn ein unsterbliches Wesen ohne richtigen Körper das andere zerriss. Vielleicht wäre Will

Weitere Kostenlose Bücher