Die Feen - Hallmann, M: Feen
Krötenkobold mitten auf dem Tisch und starrte Benny mit seinen gelblichen Glotzaugen an. Er hatte genug Disziplin, um sich zusammenzureißen und nichts Boshaftes zu tun. Jedenfalls bisher. Irgendwann würde ihm der Geduldsfaden reißen, und was dann geschah, würde man sehen.
Felix fiel auf, dass Benny heute abwesender wirkte als sonst. Regelrecht blass war er. Gerade sprach Callahan ihn zum zweiten Mal an, und erst jetzt reagierte er, antwortete knapp und versank wieder ins Brüten. Oliver sagte etwas, und Benny nickte kurz, gab vor, sich ganz auf sein Stück Fleisch zu konzentrieren, zerschnitt es jedoch nur, ohne viel zu essen.
Der Krötenkobold bewegte den Kopf. Unwillkürlich schaute Felix hin und begegnete dem glotzenden Blick der starren gelben Augen. Es kostete ihn nervlich ungefähr drei Jahre seines Lebens, einfach den Blick weiterschweifen zu lassen, als habe er nur zufällig genau dorthin geschaut. In den Augen des Viechs lag ein Bann, dem man sich nur schwer entziehen konnte. Eins von tausend und abertausend Dingen, mit denen man bei Feenwesen rechnen musste. Manche sangen so betörend, dass man ihnen verfiel, auch wenn man nur kurz lauschte, andere schauten einen an, und man versank in ihren Augen und erwachte erst, wenn es zu spät war. Leslie sagte, es habe einmal eins davon in Glenshee gegeben, und es habe gern die Gestalt einer Kuh angenommen oder die eines kleinen Hunds. Wieder andere waren so schön, dass man weinte, bis man an Erschöpfung starb. Manche fraßen einen dann auf, wieder andere scherten sich gar nicht darum. Der Krötenkobold mit seinem absurd breiten, klaffenden Maul sah Felix nach der Sorte aus, die einen dann fraß, wenngleich bei ihm kaum die Schönheit dazu führte, dass einem die Glieder den Dienst versagten, sondern der schiere Ekel. Vermutlich verspeiste er einen, während man noch lebte, sich aber nicht rühren konnte.
Felix war speiübel vom flüchtigen Blick auf die rotzgrünen Warzen auf schlammbrauner Haut.
»Oh«, hörte er jemanden sagen. »Tut mir total leid, Hauenstein. Da habe ich doch glatt …«
Felix schaute auf seinen Teller hinunter und sah den Inhalt eines halben Salzstreuers auf seinem Stück Fleisch und dem Bohnengemüse liegen.
Timmy Parker, der neben ihm saß, schaute über Felix hinweg Terry Walsh, der den Salzstreuer in der Hand hielt, böse an. »Ich hab gesehen, dass du ihn eben aufgedreht hast. Das war Absicht.«
»Unsinn«, behauptete Terry. »Ich wollte ihn nur zurückstellen. Kann ich da was für, wenn Hauenstein träumt und ich ihn aus Versehen anstoße und mir dann so ein bisschen Salz auskippt? Aber lass mal sehen.« Er nahm seine Serviette, spuckte darauf und rieb kräftig über das Steak. »Na schau mal, Hauenstein, wie neu!«
Timmy Parker war flammend rot geworden, sagte aber nichts mehr. Donald Murphy und Terry Walsh grinsten einander an.
Resignierend schaute Felix auf seinen Teller hinunter. »Schon okay«, murmelte er. »Ich habe eh keinen Hunger mehr.«
Es stimmte sogar. Beim Anblick des Krötenkobolds war ihm gründlich der Appetit vergangen. Selbst wenn er sich getraut hätte, noch einmal hinüberzusehen, verspürte er keinerlei Bedürfnis danach. Außerdem hatte er es eilig – wenn er erst nach dem Abendessen aufbrach, würde es dunkel sein, bevor er wieder zurück auf Glen war.
Er stand auf, sicherheitshalber achtete er auf Terry Walshs Fuß, damit der ihm kein Bein stellte, nahm seinen Teller und trug ihn zur Küche. Die Bemerkungen vom Tisch, die vermutlich nicht sehr schmeichelhaft waren, hörte er kaum. Im Geist war er bereits wieder bei Leslie und Grau. Dass Benny kurz vor ihm den Speisesaal verließ, bemerkte er kaum.
Gins Haus war leer. Weder Gin war da noch Leslie, Sil schien auch unterwegs zu sein. Unschlüssig stand er vor der Tür herum, bis ihm einfiel, dass ihn jemand sehen und sich fragen konnte, was er, Felix, hier vor Gins Haustür trieb. Erschrocken wandte er sich um und setzte sich in Bewegung. Zum Dorf. Zum Supermarkt. Zu Gin. Allmählich und vor allem, weil er jetzt ohnehin schon hier war, wurden die drängenden Fragen lauter als seine Angst vor den Antworten.
Gin war noch da, allerdings nicht allein. Ein Mann war bei ihr und redete auf sie ein. Felix kannte ihn nicht, vermutlich war es irgendjemand aus dem Dorf, aber er kam ihm höchstens flüchtig bekannt vor. »Krankenhaus« schnappte er auf, und »unerklärlich«.
An dem eifrig redenden Kunden vorbei schaute Gin Felix an. Sie überlegte, er sah
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