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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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wandte sich zu Felix. »Dann komm halt mit. Schau, Alasdair hat … ach, es ist kompliziert. Aber ich glaube, sie steckt in Schwierigkeiten. Und Leslies Schwester hier …«
    Die Kleine drehte den Kopf mit einer ruckartigen, echsenhaften Bewegung und starrte Felix an. Ihre Lippen verzogen sich zu einem wölfischen Grinsen. Dem Grinsen einer Erwachsenen, oder vielmehr dem Grinsen eines sehr viel älteren Geschöpfs, als ein menschlicher Erwachsener es jemals zu werden hoffen konnte. Benny sah es nicht.
    »Geh nicht mit ihr«, schrie Felix und wich zurück. Jetzt strömten ihm Tränen übers Gesicht. »Geh nicht mit. Was sagt sie, wo Leslie ist? Im Moor? Sagt sie, sie ist im Moor?«
    Verblüfft schaute Benny die Kleine an, die seinen Blick ernst erwiderte. »Sie weint«, sagte sie und nickte mit dem Eifer eines kleinen Kindes. »Sie weint ganz schrecklich, als ob sie nie wieder aufhört.«
    »Im Moor?«, schrie Felix.
    Verstört schaute Benny ihn an. »Ja, schon. Sag mal, was ist denn mit dir …«
    »Das ist kein Mensch!« Felix war jetzt außer sich vor Panik. Jetzt war alles egal, dachte er. Es war längst zu spät. »Das ist kein Mensch! Das ist … ein Ding! Wenn du sehen könntest … Das da ist eine Fee! Ein Ungeheuer! Wenn du ins Moor gehst, dann …«
    Sie fing an zu weinen. Er sah es und sah es nicht. Er sah, wie ihr Tränen übers Gesicht rollten, und vermutlich sah Benny, wie sich ihr süßes Gesicht weinerlich verzog. Aber Felix sah es nur schemenhaft, als würden sich zwei Bilder überlagern. Sie starrte ihn mit ihren schwarzen Augen an, ohne zu blinzeln.
    Ich bin tot, begriff er benommen. Das war’s. Und in diesem Moment ergriff Tapferkeit von ihm Besitz. Vielleicht war es auch nur das Begreifen, dass es für ihn sowieso keine Hilfe mehr gab. Es gab nichts, was er tun konnte, um es noch schlimmer zu machen. Er sah Feen. Wie Will sie gesehen hatte. Er stand auf der Abschussliste – ihr Blick machte ihm das unmissverständlich klar. Also war es tatsächlich egal.
    Er bückte sich, hob einen Stein auf und schleuderte ihn nach ihr. Er zielte schlecht und streifte sie nur an der Schulter. Sie reagierte nicht, als hätte sie den Treffer gar nicht bemerkt.
    »Grau!«, schrie er aus vollem Hals. »Leslie! Kelpie! Sie ist hier! Sie ist hier!« Er packte einen weiteren Stein und warf ihn. Hätte sich Benny nicht blitzartig dazwischengeschoben, hätte er diesmal besser getroffen, doch so streifte der Stein Benny und landete harmlos im Gras.
    »Kelpie!«, kreischte Felix außer sich. »Leslie! Grau! Oh, Grau! Komm her! Reiß sie in Stücke! Reiß sie in tausend Stücke!« Er hörte kaum, was er sagte. Vor Angst liefen ihm Tränen übers Gesicht.
    In Bennys entsetzte Miene kam Leben. »Felix«, rief er. »Hör auf. Spinnst du? Spinnt ihr eigentlich alle ?«
    Hinter ihm sah Felix das Gesicht des Mädchens, das keins war.
    Und dann löste sich etwas von ihr. Wie ein schwarzer Schleier, der von ihrem Gesicht wehte, direkt auf ihn zu. Ein Gesicht aus Schatten, Nebel, Schleiern, körperlos und schrecklich. Der Mund öffnete sich, und Felix sah Reißzähne. Kleiner fetter Junge, flüsterte das Gesicht, wehte durch ihn hindurch und war verschwunden.
    Grauen wallte in ihm auf. Und er wusste, was sie wusste – dass er ein kleiner fetter Junge war und es bleiben würde, solange er lebte. Sein Körper würde sich verändern, aber er selbst würde der Gleiche bleiben. Für immer Felix, klein und fett und feige. Für immer Felix, den andere verachteten, wo er auch hinkam. Ihre Stimme flüsterte in seinen Knochen, als vibriere darin leises Lachen. Ein kleiner fetter Junge war er, und ein kleiner fetter Junge würde er bleiben, er würde nicht erwachsen werden, nur alt, und es würde sich nie etwas ändern.
    Unartikuliert schrie Felix auf, griff sich einen weiteren Stein und stürzte sich auf sie.
    Benny hielt ihn auf. Er war schmal gebaut, aber ungleich kräftiger als Felix. Mit unbarmherziger Kraft packte er ihn und presste ihm die Arme an den Leib. »Verdammt«, zischte er, »was ist mit dir los? Felix! Komm mal zu dir. Felix! «
    Die Kleine stolperte rückwärts, in ihrem Gesicht stand blanker Schrecken. Das war es, was Benny sehen konnte. Aber Felix sah auch das andere Gesicht. Die schwarzen Augen standen voller Hohn, und die Drohung darin war ganz unverhüllt. Heute Nacht würde die Schwarze Banshee nicht wegen Ned Finley kommen.
    Felix zappelte und fauchte, er hielt den Stein fest umklammert, er wollte ihr den Schädel

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