Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
zu sein. Keine Lust auf das blaue Feuer drüben und die Knöpfe, die er gesammelt hatte, glänzend und rund und vieleviele. Loch im Bauch. Zwei Löcher. Schlupp-Schlupp fiel ihm ein. Vielleicht würde er wieder eins davon füllen. Vielleicht hatte er den Keks noch nicht gegessen. Er aß nicht sehr schnell für einen Großfuß, fand Sil. Nur Suppe aß er schnell, aber für die Kekse hatte er sehr lange gebraucht. Es konnte nicht schaden, mal nachzuschauen.
    Er hatte nicht aufgepasst, und eine Flamme biss ihn. Böse zischte er sie an, und sie zischte zurück. Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging Sil hindurch, mitten durchs Feuer, um drüben aus einem der Kamine auf der Burg wieder hinauszupurzeln. Aus einem der Feuer, die knisterten, aber trotzdem stumm waren. Die nicht mehr singen würden. Nie wieder.
    Nie. Das war ein Wort der Großfüße, das sie ihm zu erklären versucht hatten. Nie wieder, das hieß: Heute nicht, und auch nicht nach Sonnenaufgang, und auch danach nicht. Es hieß, dass man nicht mehr warten musste. Das war eigentlich schön. Es hieß aber auch, dass man etwas nicht mehr bekam. Der Feuersänger hatte nicht nur seinen Körper und all seine Schokolade mitgenommen, sondern auch den Gesang. Es gab diesen Gesang nicht mehr. Sil hätte an allen Feuern in allen Welten lauschen können, überall. An keinem gab es mehr diesen Gesang. Hier nicht. Woanders nicht. Heute nicht. Nicht nach Sonnenaufgang. Er war fort.
    Der Feuersänger war gut und tapfer, fand Sil. Aber dass er den Gesang mitgenommen hatte, das war gemein. Das war sogar schlimmer als das mit der Schokolade, obwohl auch das nicht schön von ihm war. Er erinnerte sich, dass es früher, vor dem Feuersänger, auch keinen Gesang gegeben hatte. Das war nicht schlimm gewesen. Aber den Gesang bekommen und ihn dann nicht mehr zu haben, das war schlimm. Sil war beraubt worden. Schrecklich beraubt. Und der Räuber war fort, das Geraubte unerreichbar. Das war schwer zu verstehen. Es war gar nicht zu verstehen. Er brauchte jetzt Schokolade oder Brei oder wenigstens einen Keks.
    Von dem Feuer, aus dem er gekommen war, wechselte er in ein anderes. Der Duft nach Essen durchzog die Gänge. Unten gab es Essen. Warmen Brei, heißen Brei. Dort war er noch nie gewesen, weil das hier nicht sein Haus war und die, die hier lebten, ihn bestimmt nicht beim Herd haben wollten. Aber er würde sich ja vom Herd fernhalten. Er wollte gar nichts von ihrem dummen Herd. Er wollte zu Schlupp-Schlupp und dem Keks, der vielleicht noch da war.
    Als jemand hineinging, huschte er mit in das große Zimmer, in das der Feuersänger immer gegangen war, um zu essen. Und staunte. Es war kein richtiges Haus. So hoch die Decke, wie ein kleiner Himmel. Aber nicht blau, und auch keine Wolken. Er duckte sich. Bei so hohen Decken hielt er immer Ausschau, ob dort oben Vögel kreisten. Aber keine Vögel. Nur Lichter. Dreimal viele Lichter. Alles voller Großfüße. Riesige, lange Tische voll mit Essen und Großfüßen, die Essen in sich hineinstopften. Seine Augen wurden vor Unbehagen so groß, dass er sie nicht mehr mit den Händen hätte bedecken können. Das hier war kein Haus, es war viel zu groß, es war eher wie Draußensein. Nichtgut. Aber das Essen gefiel ihm. So viel! Es war schwer, sich zu konzentrieren. Immer wieder schnüffelte er. Immer wieder vergaß er fast, zwischen zwei Lidschlägen zu bleiben. Verborgen, erinnerte er sich selbst. Verborgen!
    Eilig huschte er unter einen langen, langen Tisch. Viele Füße. Und ein paar kleine Koboldwesen, die ihn nicht sahen. Sie schmatzten Krümel, die herunterfielen. Geringschätzig verzog Sil das Gesicht. Habenichtse. Er hatte ein ganzes Haus. Er musste keine Krümel essen. Machte er auch nicht. Nur manchmal.
    Er schaute sich die Schuhe an. Vieleviele. Endlich fand er die richtigen. Das war schwer, weil die schönen Bänder fest zugebunden waren, aber er erkannte sie trotzdem. Ein leises Kichern wollte heraus, er zerbiss es und schluckte es hinunter. Dann zog er die Bänder auf. Schön war es, wie sie sich lösten, wie sie frei waren! Wie Schlangen! In ein besonders hübsches machte er einen Knoten und zog ihn fest. Knoten konnte er gut. Dann krabbelte er am Stuhlbein hoch, verborgen, dreimal zerbissenes Kichern im Bauch. Ganz vorsichtig schob er einen Arm tief in die Hosentasche von Schlupp-Schlupp. Aber da war kein Keks. Auch nicht auf der anderen Seite. Also kletterte Sil auf den Tisch, verborgen, vorsichtig, so vorsichtig.
    Schlupp-Schlupp

Weitere Kostenlose Bücher