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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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saß ganz starr da. Sein Teller war fast leer, es lag nicht viel darauf. Viele redeten, vieleviele, Stimmen überall, sie schwirrten wie Mücken, es machte Sil ganz wirr im Kopf. Schlupp-Schlupp redete aber nicht. Er saß nur. Sil schaute auf seinen fast leeren Teller.
    Vor dem Teller saß der schreckliche Krötenkobold, der das Windmädchen verschlungen hatte. Sil fragte sich, ob es noch immer zerbissen in seinem Bauch lag und herauswollte.
    Der Krötenkobold hatte ein so großes Maul, dass sich Sil bestimmt hineinsetzen konnte. Wollte er aber nicht. Auf keinen Fall!
    Aus dem Maul troff Schleim. Unter dem Krötenkobold war eine kleine Schleimpfütze. Nichtgut. Und jetzt beugte sich der Krötenkobold vor und ließ Schleim auf den Teller fließen. Vor Empörung wäre Sil fast das Kichern entkommen, das in seinem Bauch herumzappelte wie ein fetter Wurm. So etwas macht man nicht!, wollte er den Krötenkobold anschreien. Kein Benehmen. Kein noch so kleines bisschen Benehmen! Nicht tapfer. Nicht gut. Überhaupt nicht gut. Ihm fiel nicht ein, wie man so etwas nennen konnte, wenn sich jemand so schlecht benahm, deshalb hätte er Nichtgut schreien müssen, so laut schreien, dass die dreimal vielen Lichter oben an der himmelhohen Decke klirrten, es nicht nur sagen, sondern aus voller Kehle brüllen , damit es klarmachte, wie sehr so etwas nichtgut war. Beide Hände presste er vor den Mund, um nicht zu schreien, zerbiss und zerbiss und zerbiss Schreie, die in ihm aufstiegen. Dann nahm er eine Hand vom Mund und drohte dem Krötenkobold, der ihn nicht sehen konnte, mit dem Finger. Garstiger, garstiger Krötenkobold! Nichtgut! Nicht tapfer, garstig. Sumpfding! Kein Herdgeist, kein Haus, kein Benehmen. Schmutzig!
    »Hast du immer noch keinen Hunger?«, fragte ein Großfuß. Er hatte schöne Ohren, groß und lustig, Ohren, an denen Sil gern gezogen hätte.
    Schlupp-Schlupp schüttelte den Kopf. »Nein, immer noch nicht. Mir ist immer noch … irgendwie schlecht.«
    Keinen Hunger. Mitleidig streichelte Sil, der inzwischen auf seiner Schulter hockte, ihm über das Ohr. Weil er zwischen den Lidschlägen blieb, verborgen und still, merkte Schlupp-Schlupp es nicht. Er tat Sil leid. Schrecklich war das, kein Hunger und Schleim auf dem Teller. Ob er den Keks gegessen hatte, wenn er keinen Hunger hatte? Vielleicht hatte er ihn in einer anderen Tasche aufbewahrt. Für Sil. Bei dem Gedanken wurde Sil ganz warm. Guter Schlupp-Schlupp!
    Der Krötenkobold zischte, Argwohn in seinen gelben, scheußlichen Augen. Schlimmer, schlimmer Argwohn. Sil fasste Schlupp-Schlupps Ohr mit beiden Händen und küsste es. Das machten die Großfüße, um einander zu trösten, sie machten die Lippen aufeinander drauf und schmatzten. Sil schmatzte, so schön er konnte, ohne dass ihn jemand hörte. Armer Schlupp-Schlupp! Er hatte Kekse verdient und Schokolade und Brei. Nicht den Krötenkobold. Er hatte vielleicht einen Keks für Sil aufbewahrt. Er war gut, so gut!
    Der Krötenkobold zischte und blähte den fetten, schmierigen Leib auf. Er wurde groß und größer. Größer als ein Großfuß-Kopf, größergrößer als der arme Sil. Schlupp-Schlupp schaute zu dem Großfuß, der neben ihm saß, sein Gesicht war ganz durchsichtig und schimmerte, als ob Algen unter der Haut schwimmen würden. »Hast du die Aufgaben für Mathe fertig?«, fragte er angestrengt. »Ich bin nicht so ganz vorangekommen.«
    Mit einem Knall entlud sich der Krötenkobold, die starren gelben Augen unablässig auf Schlupp-Schlupp gerichtet. Grünlich und gelblich waberte es über den Tisch, und es stank schlimmschlimm. Unter sich fühlte Sil Schlupp-Schlupp beben. Einige Großfüße husteten und hielten sich die Nasen zu.
    »Wer so einen fahren lässt, sollte sich schämen!«, rief jemand.
    Die Gesichter wurden blass und grün. Algengesichter. Nur Schlupp-Schlupp reagierte nicht.
    Argwohn in den Augen des Krötenkobolds. Ohne zu blinzeln, starrte er Schlupp-Schlupp an, den guten, armen Schlupp- Schlupp. Er zischte, leise und bedrohlich.

31 Tapfer und gut
    31 TAPFER UND GUT
    » I ch habe eine Frage, und ich möchte, dass Sie sie ernsthaft und ehrlich beantworten.« Klein und aufrecht stand Miss Teagle da und ließ den Blick durch die Klasse schweifen. »Ich habe einen Unterrichtsplan, meine Herren. Und auf dem steht für heute schwarz und weiß und schon seit Beginn des Schuljahrs die Vertiefung des Themas Selbstmord. Wir haben uns mit dem Club der toten Dichter beschäftigt, allerdings zunächst

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