Die Feen - Hallmann, M: Feen
wir nur über eine Stunde dieser einschränkenden Ressource namens Zeit verfügen, sollten wir übereinkommen, dass der Höflichkeit Genüge getan wurde, und beginnen. Es ist ein recht einfacher Vertrag, aber sicher werden wir über einige Punkte dennoch sprechen müssen. Und sei es nur, dass Sie möglicherweise Fragen haben.« Er griff in die Brusttasche seiner Jacke und zog einen gerollten Bogen Papier heraus. »Ich habe mir die Freiheit genommen, einige Punkte schon vorzuformulieren. Wir werden sie besprechen, Ihre Punkte hinzufügen und den Vertrag dann noch einmal gemeinsam durchgehen. Sind wir bis Mitternacht fertig und uns in allem einig, wunderbar, dann unterzeichnen wir beide, und dann kann das von Ihnen gewünschte Treffen morgen Nacht stattfinden. Werden wir uns nicht einig, so treffen wir uns morgen erneut zu weiterführenden Verhandlungen, und wenn es nötig sein sollte, auch tags darauf und so weiter, bis wir alle zufrieden sind. Es ist mir wichtig, dass Sie zufrieden sind, Miss Leslie. Bedenken Sie die Tragweite der Angelegenheit, die zu regeln wir heute zusammengekommen sind. Ich möchte nicht, dass Sie etwas überstürzen. Ein solcher Vertrag ist unbedingt bindend, das sollten Sie im Auge behalten. Wir müssen uns also sorgfältig Gedanken machen, wie wir gewährleisten, dass alle Beteiligten auf ihre Kosten kommen.« Schwungvoll entrollte er das Papier. Es war mit zierlichen, handgeschriebenen Buchstaben bedeckt. Leslie und Oliver griffen gleichzeitig danach.
»Nun«, sagte der Kerrigan und schmunzelte. »Ich sehe, hier haben wir eine Art Anwalt. Lassen Sie ihn nur, Miss Leslie. Soll er lesen. Soll er fragen. Wie ist es, Mister Hegeling – mögen Sie vielleicht laut vorlesen, damit alle zugleich den Wortlaut des Vertrags erfahren, nicht nur Ihre neugierigen Augen?«
Olivers Blick huschte zwischen dem Kerrigan und dem Papierbogen hin und her. Leslie nickte ihm zu. Er nahm die Rolle an sich, glättete behutsam den oberen Teil und starrte darauf. Dann wieder auf den Kerrigan. Wieder aufs Papier. Dass sein Mund leicht offen stand, bemerkte er vermutlich nicht. Betont räusperte er sich. »Ergänzender Vertrag zwischen der Familie MacGregor und dem Kerrigan-Clan, Glenshee.« Er sah auf. »Ergänzend?«
»Oh, eine Formalität«, erklärte der Kerrigan und winkte ab. »Sehen Sie, Mister Hegeling, der Vertrag mit Mister MacGregor ist ja nun ebenfalls bindend, nicht wahr? Und einiges, was wir, nun, vorhaben , erfordert gewisse Anpassungen. Dieser Vertrag wird dem ursprünglichen Vertrag als Anhang beigefügt.«
Stirnrunzelnd betrachtete Oliver ihn. »Haben Sie den anderen Vertrag dabei?«
»Selbstverständlich nicht. Er darf nicht aus dem Herrenhaus entfernt werden.«
»Nun«, sagte Oliver, der unwillkürlich in einen ähnlich gespreizten Ton verfiel. »Es wäre ja aber recht naheliegend, dass wir auch den Originalvertrag sehen, nicht wahr? Wenn wir uns hier auf ihn berufen …«
»Die betroffenen Passagen, Mister Hegeling«, lächelte der Kerrigan, »sind in diesem Vertrag wortwörtlich aufgeführt. Nun lesen Sie doch erst einmal.« Er warf Leslie einen nachdenklichen Blick zu. »Ein sehr junger Mensch, nicht wahr?«
»Sehr jung«, bestätigte sie.
»Ich sehe es gern, wenn Besonnenheit bereits in jungen Jahren zu den ausgeprägteren Charaktereigenschaften eines Menschen gehört. Manche entwickeln sie nie. Die meisten versäumen es, möchte ich sogar meinen.« Bedauernd schnalzte er mit der Zunge. »Nun lesen Sie uns den Entwurf vor«, ermutigte er Oliver, der ihn misstrauisch anstarrte.
Ergänzender Vertrag zwischen der Familie MacGregor und dem Kerrigan-Clan, Glenshee
Der vorliegende Vertrag beruht auf dem Clanvertrag zwischen der Familie MacGregor und dem Kerrigan-Clan, hinterlegt zu Händen Angus Rory MacGregor, Glenshee. In einigen Punkten werden Ergänzungen hinzugefügt. Betroffene Passagen sind im vorliegenden Vertrag aufgeführt. Teile des vorliegenden Vertrags betreffen Punkte, die vom ursprünglichen Vertrag nicht berührt werden. Sie sind ebenso vollumfänglich gültig wie die Ergänzungen. Die Familie MacGregor und der Kerrigan-Clan sind zur Einhaltung dieses Vertrags verpflichtet. Handelt eine der Parteien jemals dem Vertrag zuwider, so werden den Schuldigen Elend, Hunger und große Not treffen, Armut und Verlassenheit jenseits aller Vorstellungskraft. Ein solcher Verstoß bedeutet nicht die Aufhebung des Vertrags. Den Vertrag aufzulösen, ist unmöglich. Er gilt, solange wenigstens
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