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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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Porträts. Es war, als wären sie unterwegs zu einer Audienz bei einem König. Einer Königin wohl, in diesem Fall. Dass der Leprechaun mit seinen kurzen Beinen keine Probleme hatte, ihnen vorauszulaufen, ohne dass sie ihn einholten, erstaunte ihn, aber er fand nicht heraus, wie er es anstellte. Jedenfalls sah es nicht aus, als würde er sich sonderlich anstrengen müssen.
    Der Kerrigan führte sie eine gewundene Treppe hinauf. Dies musste ein kleinerer Turm sein, es ging ein ums andere Mal im Kreis, und sie stießen weder auf Türen noch auf Gänge. Endlos schien sich die Treppe in die Höhe zu schrauben, fast ging Benny der Atem aus. Als er sich fragte, ob der Turm wirklich so hoch sein konnte, drehte sich der Kerrigan um und lächelte. »Nein, Mister Reutter. Selbstverständlich wird der Übergang in eine andere Welt von ein paar Besonderheiten begleitet. Und sei es nur, damit man sich der Besonderheit des Moments bewusst wird. Wir sind bereits in einem Teil des Turms, der sich nicht mehr in der Menschenwelt befindet, aber auch noch nicht in der Feenwelt. Wir sind mitten dazwischen. Sehen Sie aus dem Fenster.« Er zeigte auf eine schmale Öffnung in der Mauerwölbung, die Benny vorher nicht gesehen hatte.
    Dankbar für die kurze Verschnaufpause, blieb Benny stehen und schaute hinaus. Dort draußen war … nichts. Wirbelndes Grau, wie von hartem Wind vorangepeitschter Nebel. Eine ganze Weile schaute er stumm hinaus. Die anderen warteten ungeduldig. Endlich löste er sich von dem Anblick und schloss sich ihnen wieder an. »Was ist das da draußen?«
    »Wonach sieht es denn für Sie aus?«
    »Nach Nebel.«
    »Nun, dann wird es wohl welcher sein.« Der Kerrigan grinste vergnügt. »Keine Angst, Mister Reutter, es ist vollkommen sicher hier.«
    »Ich habe keine Angst. Ich wüsste nur gern, wann wir da sind.«
    »Wenn wir alle bereit sind«, erwiderte der Kerrigan. »So lange müssen wir wohl oder übel noch im Kreis laufen, eine Stufe nach der anderen, immer weiter hinauf.«
    Leslie blieb stehen. »Ich bin bereit«, sagte sie und neigte den Kopf, als lausche sie in sich hinein. »Doch, ich bin es. Benny?«
    »Hmhm?«
    »Hast du Angst? Sag es ruhig, daran ist nichts Schlimmes. Es verzögert alles ein bisschen, aber es wäre nicht schlimm, du kannst es ruhig sagen.«
    Mit gerunzelter Stirn lauschte auch Benny in sich hinein. Angst? Nein. Er schüttelte den Kopf. Er staunte selbst darüber, aber Angst hatte er nicht.
    »Es wäre in Ordnung«, sagte sie leise.
    »Ich habe wirklich keine Angst. Meinetwegen können wir da jetzt rein. Ich habe auch allmählich genug vom Treppensteigen.«
    Skeptisch verzog sie einen Mundwinkel. »Gut, nicht Angst. Nennen wir es Vorsicht. Wenn du meinst, es besteht Anlass zur Vorsicht …«
    »Nein. Ja. Schon. Aber das ist ja jetzt auch egal, oder?«
    »Es ist nicht Mister Reutter«, mischte sich der Leprechaun leise ein. Beide schauten ihn an und folgten gleichzeitig seinem Blick.
    Grau, der hinter ihnen mit langen Hundebeinen die Stufen erklomm, zitterte. Sein langer, schlanker Leib wirkte mager, in den dunklen Augen stand ein gehetzter Ausdruck.
    »Oh, Grau«, sagte Leslie bestürzt und kniete sich neben ihm hin. »Du musst doch keine Angst haben.« Behutsam nahm sie seinen Kopf in die Hände und schaute ihm in die Augen. Er winselte.
    »Und um mich musst du dir auch keine Sorgen machen«, sagte sie fest. »Ich will es so. Und wir sind ja nicht getrennt. Wir sehen uns doch noch, du und ich. Oft, wenn du möchtest.«
    Zögernd leckte der riesige Wolfshund ihr über die Hand. Er bot einen jammervollen Anblick.
    »Jetzt kneif nicht«, bat sie ihn. »Es ist die einzige Möglichkeit.«
    Halbherzig schlug er ein paarmal mit der langen Rute, schaute weg und ließ es dann zu, dass sie seinen Kopf mit sanfter Gewalt wieder zu sich herumzwang und ihm in die Augen sah. »Grau, hör zu. Es ist für alle das Beste. Sie kann wieder nach Hause, und ich kehre dorthin zurück, wohin ich gehöre. Es wird schon gutgehen, hörst du? Es … ich kann es nicht beschreiben, aber es ist, als müsste es genau so sein. Als sei es seit Ewigkeiten so bestimmt. Und das spürst du doch auch, oder?«
    Er versuchte, ihr den Kopf zu entziehen, und knurrte leise, als sie ihn unerbittlich festhielt.
    »Du spürst es auch, oder? Dass es so sein muss und nicht anders?«
    Benny fragte sich, ob Grau hätte sprechen können, wenn er gewollt hätte. In den dunklen Augen stand Qual. Möglicherweise, dachte Benny, war es für ihn eine

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