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Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
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verschwimmen, sie berührte das linke Augenlid und ihr Blutauge öffnete sich weit. Doch glücklicherweise war es machtlos, denn seine blutrote Farbe wurde in Silber verwandelt.
    Jetzt begann sie zu singen, mit hoher, gespenstischer Stimme. Es war ein Rhythmus, ein Sprechgesang, ein Reim von unheimlicher Macht. Doch was genau sang sie? Was bedeutete das? Es klang wie die »Alte Sprache« – die von den ersten Menschen gesprochen wurde, die das Land bevölkert hatten.
    Meine Glieder wurden schwer und mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. Ich versuchte aufzustehen, konnte es aber nicht. Zu spät erkannte ich, was die Teufelstochter tat. Die alten Worte waren ein Fluch, mächtige dunkle Magie, die unsere Kraft und unsere Willensstärke verebben ließen.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass der Spook es irgendwie geschafft hatte, sich zu erheben. Er zog den Umhang zurück und griff in die Hosentaschen. Dann warf er etwas auf die böse Erscheinung – etwas Weißes aus der rechten und etwas Dunkles aus der linken Hand. Es war eine Mischung aus Salz und Eisen, die gegen die Mächte der Finsternis äußerst wirksam war. Würde es auch dieses Mal funktionieren, auch wenn unser Feind eigentlich nicht wirklich anwesend war?
    Sofort hörte der Sprechgesang auf, und das Bild verschwand so plötzlich, als hätte man eine Kerze ausgeblasen. Ich verspürte eine ungeheure Erleichterung und stand unsicher auf. Der Spook schüttelte argwöhnisch den Kopf.
    »Das war knapp«, meinte Arkwright. »Einen Augenblick lang glaubte ich schon, es wäre aus mit uns.«
    »Ja, da will ich nicht widersprechen«, bestätigte der Spook. »Noch nie bin ich einer Hexe mit solcher Macht begegnet. Ich nehme an, das rührt daher, dass teuflisches Blut in ihren Adern fließt. Das ganze Land wird erleichtert sein, wenn wir sie vernichten. Aber ich glaube, wir sollten lieber den Rest der Nacht wach bleiben. Wenn sich so etwas wiederholt, und nur einer von uns Wache hält, dann schafft sie es vielleicht sogar aus der Entfernung, uns im Schlaf umzubringen.«
    Wir richteten uns nach dem Vorschlag des Spooks, doch zuerst fachte ich das Feuer wieder an und ließ die Tür zum Herd offen stehen, sodass sich die Wärme schneller im Raum verbreitete. Wir zündeten zwei weitere Kerzen an, deren Licht uns bis zum Morgen reichen sollte. Außerdem füllte ich meine Taschen mit Salz und Eisen aus meinem Vorrat, damit ich eine weitere Waffe gegen die Dunkelheit griffbereit hatte. Als wir uns schließlich wieder niederließen, sprachen wir kein Wort. Ich warf einen Seitenblick auf Alice, doch sie starrte auf den Fußboden und schien schreckliche Angst zu haben. Doch der Spook und Arkwright machten finstere und entschlossene Gesichter. Ich fragte mich, wie es in ihrem Inneren wohl aussah. Was konnte man schließlich gegen eine Macht wie den Teufel ausrichten? Arkwright dachte sicher über die Worte der Hexe nach – dass die dunkle Macht ihres Vaters verhinderte, dass seine arme Mutter ins Licht gehen konnte.
    Was konnte er dagegen tun? Nichts, gar nichts. Wenn das stimmte, dann waren ihre Seelen bis ans Ende aller Tage an die Mühle gebannt.
    Das Erste, was mich vor der Gefahr warnte, war die abgrundtiefe Stille. Ich hörte nichts. Überhaupt nichts. Das Zweite war, dass ich mich nicht bewegen konnte. Ich saß wie zuvor am Boden und hatte den Kopf an die Wand gelehnt. Ich versuchte, den Kopf zu drehen und Alice anzusehen, doch mein Körper weigerte sich, zu gehorchen. Ich versuchte zu sprechen, um die anderen zu warnen, doch ich konnte nicht einmal den Mund aufmachen.
    Auf dem Fußboden vor mir sah ich eine der Kerzen in Reichweite des Spooks stehen. Gerade noch hatte die Flamme geflackert, doch jetzt war sie ganz still. Sie sah aus wie aus Metall geschnitten und schien das Licht eher zu reflektieren als auszustrahlen. Links von mir stand der Ofen mit der offenen Tür. Ich sah die Flammen darin, doch sie waren wie erstarrt. Dann stellte ich fest, dass ich nicht atmete. Panisch versuchte ich, Luft zu holen, doch nichts geschah. Dennoch verspürte ich keinen Schmerz. Mein Körper schrie nicht nach Luft. Auch mein Inneres schien starr und stumm. Hatte mein Herz aufgehört zu schlagen? War ich schon tot?
    Doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich mich schon einmal so ähnlich gefühlt hatte – auf dem Kahn, als wir mit dem Teufel in Gestalt des Fährmanns nach Caster gefahren waren. Damals hatte der Teufel die Zeit manipuliert, sie war viel zu schnell vergangen. Doch

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