Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
Vom Netzwerk:
dieses Mal war es anders. Ich wusste genau, was passiert war: Er hatte die Zeit angehalten.
    Ich hörte ein Geräusch im Schatten in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes: ein dumpfer Schlag, gefolgt von einem scharfen Zischen. Er wiederholte sich noch zwei Mal.
    Plötzlich roch es verbrannt. Es roch nach verkokeltem Holz. Die Dielenbretter. Und dann sah ich, dass sich, obwohl die Zeit stehen geblieben war und alles im Raum zur Unbeweglichkeit verdammt schien, eines doch bewegte. Was konnte das anderes sein als der Teufel selbst?
    Ich konnte ihn noch nicht sehen – er war unsichtbar –, doch ich sah seine Fußabdrücke, die auf mich zukamen. Jedes Mal, wenn seine unsichtbaren Füße den Boden berührten, brannte sich die Form eines gespaltenen Hufes ins Holz, der kurz rot aufglühte und dann mit einem Zischen dunkel wurde. Würde er sich zeigen? Der Gedanke war furchterregend. Grimalkin hatte mir erzählt, dass er sich an Halloween in seiner ganzen majestätischen Pracht den Hexenzirkeln gezeigt hatte, um Schrecken zu verbreiten und Gehorsam einzufordern. Der Spook hatte gesagt, dass manche Menschen glaubten, seine Gestalt sei so schrecklich, dass man schon bei seinem Anblick tot umfallen würde. War das nur eine Gruselgeschichte oder stimmte es? Würde er mir das jetzt antun?
    Etwas begann sich vor mir zu materialisieren – kein grauer oder silberner Schemen, sondern eine feste Gestalt. Doch es war nicht der grausige Anblick, den ich befürchtet hatte. Wieder einmal hatte der Teufel die Gestalt von Matthew Gilbert, dem Fährmann, angenommen, der jetzt in Stiefeln und Weste vor mir stand, genau wie ich ihn kennengelernt hatte, und das gleiche freundliche, zufriedene Lächeln zur Schau trug.
    »Nun, Tom«, begann er, »wie ich dir schon bei unserer letzten Begegnung sagte, auch der Teufel ist ein gefallener Engel. Was soll ich für dich sein? Teufel oder Engel? Diese Wahl musst du in den nächsten Minuten treffen. Und von dieser Entscheidung hängt der Rest deines eigenen Lebens ab sowie das Schicksal deiner drei Gefährten.«





Mit einem Satz begann mein Herz kräftig in meiner Brust zu schlagen und ich schnappte heftig nach Luft. Ich wandte leicht den Kopf und sah instinktiv nach, ob es Alice gut ging. Sie saß stumm und reglos da, doch sie hatte die Augen vor Angst weit aufgerissen. Konnte sie den Teufel ebenfalls sehen? Wenn ja, war sie geradeso erstarrt wie der Spook und Arkwright. Nur der Teufel und ich konnten uns offensichtlich bewegen, doch ich fühlte mich sehr schwach und wusste, dass mir die Kraft fehlte aufzustehen. Ich stellte fest, dass ich meinen Mund öffnen konnte.
    Ich wandte meinen Blick wieder meinem Feind zu und gab ihm meine Antwort: »Du bist die fleischgewordene Dunkelheit. Du kannst niemals mein Freund sein.«
    »Sei dir da nicht so sicher, Tom. Wir stehen einander näher, als du denkst. Viel näher. Glaub es oder nicht, wir kennen einander sehr gut. Lass uns mal eine Frage stellen, mit der sich jeder Mensch in seinem kurzen Leben irgendwann konfrontiert sieht. Manche beantworten sie rasch und denken nicht weiter darüber nach. Manche sind Gläubige. Andere Skeptiker. Manche stellen sich diese Frage verzweifelt ihr ganzes Leben lang. Es ist eine einfache Frage, Tom, und sie lautet: Glaubst du an Gott?«
    Ich glaubte an das Licht. Bei Gott war ich mir nicht so sicher. Aber mein Vater hatte an ihn geglaubt, und vielleicht glaubte auch der Spook tief im Inneren daran, obwohl wir über solche Dinge eigentlich nie sprachen. Auf jeden Fall glaubte er nicht an einen strengen alten Mann mit weißem Bart, die Gottheit der Kirche.
    »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Nicht sicher, Tom? Nun, es ist doch so deutlich wie die Nase in deinem Gesicht! Würde Gott so viel Böses in der Welt zulassen?«, fuhr der Teufel fort. »Krankheit, Hunger, Armut, Krieg und Tod – das ist alles, womit ihr armen Menschen rechnen könnt. Würde ein Gott den Krieg andauern lassen? Natürlich nicht. Daher kann er einfach nicht existieren. All diese Kirchen, die Verehrung durch fromme, aber fehlgeleitete Gemeinden. Und wofür das alles? Für nichts! Für gar nichts! Ihre Gebete verhallen ungehört im Nichts.
    Aber wenn wir herrschen würden, könnten wir alles verändern und die Welt zu einem besseren Ort für alle machen. Was sagst du dazu? Wirst du mir dabei helfen, Tom? Wirst du mir zur Seite stehen? Gemeinsam könnten wir so viel erreichen!«
    »Du bist mein Feind«, erklärte ich.

Weitere Kostenlose Bücher