Die Feinde des Imperators
ohne
Gefolge unterwegs war, war es auch keine gute Zeit, allzu deutlich
herauszustellen, dass man sich für bedeutend hielt. Bedeutende
Männer starben während jener Jahre wie die Fliegen. Die
Jahre, in denen ich eine bedeutende Figur des öffentlichen
Lebens gewesen war, lagen hinter mir. Ich war ein einfacher, sich
ins Privatleben zurückgezogen habender Bürger, wenn auch
ein Mitglied des Senats, und genau so mochte ich es. Ich hatte
genug auf die hohe Kante gelegt, um bequem davon leben zu
können, und mehr brauchte ich nicht: keine weiteren
Reichtümer, keine Ämter, keine Ehren.
Aber ich musste mir
trotzdem Caesars Gunst erhalten, weshalb ich meine Ermittlungen mit
Eifer in Angriff nahm. Das heißt, ich schickte Hermes an die
Arbeit.
»Geh zum Haus
des Praetor peregrinus des vergangenen Jahres«, instruierte
ich ihn. »Spür seinen Sekretär auf und finde
heraus, ob Demades oder einer der anderen Astronomen, die Caesar
aus Alexandria hergeholt hat, je vor dem Gericht des Praetors
aufgetreten ist, in welcher Rolle auch immer.«
»Ich werde es
versuchen«, entgegnete er. »Aber mach dir keine allzu
großen Hoffnungen. Im vergangenen Jahr hat an den Gerichten
ein ziemliches Chaos geherrscht, weil die Praetoren häufig
außerhalb Italias Armeen für oder gegen Caesar befehligt
haben. Ich bezweifle, dass der Praetor peregrinus mehr als zwei
Monate in Rom verbracht hat - vielleicht war er auch nur einen
Monat da.«
»Trotzdem ist es
eine Möglichkeit. Vielleicht hatte Demades Streit mit einem
Bürger. Ich muss irgendein Motiv für seine Ermordung
finden.«
»Und was hast du
vor?«
»Ich statte
Callista einen Besuch ab.«
»Ob Julia das
gefallen wird?«, fragte er zweifelnd.
»Julia und
Callista sind gute Freundinnen«, versicherte ich
ihm.
»Was macht das
für einen Unterschied?«, entgegnete er.
»Jetzt zieh ab
und sieh zu, was du rausfinden kannst«, forderte ich ihn auf
und würgte jede weitere Diskussion ab.
Ich selbst machte mich
auf den Weg zu Callistas Haus im Transtiberviertel. Callista lehrte
Philosophie und war eine tonangebende Kapazität innerhalb der
griechischen Gelehrtengemeinde Roms. Dies machte sie in Rom, wo
Frauen nur äußerst selten Lehrerinnen waren, zu einem
großen Kuriosum; in Alexandria hingegen waren lehrende Frauen
nichts Ungewöhnliches. Zudem war sie eine der schönsten
Frauen Roms, was vielleicht der Grund dafür war, dass Hermes
glaubte, mein Besuch bei ihr könnte womöglich Julias
Argwohn erregen. Aber natürlich folgte ich nur dem Ruf der
Pflicht. Und das auch noch im Auftrag ihres geliebten Onkels, also
hatte sie keinen Grund zur Klage.
Doch um der Wahrheit
Tribut zu zollen, ich brauchte eigentlich nie eine besondere
Ausrede, um Callista einen Besuch abzustatten. Sie war nämlich
nicht nur wunderschön, sondern auch liebenswürdig und
unfassbar intelligent. Und wenn es mich auch schmerzt, es
zuzugeben: Ich hatte mich schon mit so vielen schlechten Frauen
abgeben müssen, dass es eine große Freude war, zur
Abwechslung mal mit einer ehrenwerten zu tun zu haben.
Ihre bildhübsche
Haushälterin Echo ließ mich ins Haus, wo Callista neben
dem Wasserbecken saß. Nachdem mein Besuch angekündigt
worden war, sah sie sichtlich erfreut auf. Callista täuschte
ihre Zuneigung niemals einfach nur vor und hätte ein solches
Verhalten in philosophischer Hinsicht wohl auch als unwürdig
empfunden. Es mangelte ihr an jeglicher Fähigkeit, andere zu
täuschen - meiner Ansicht nach eine für Griechen
völlig untypische Eigenschaft.
»Senator
Metellus! Was für eine Freude und Ehre! Du hast mich viel zu
lange nicht besucht.«
»Meine Pflichten
im Dienste Roms haben mich abgehalten«, entgegnete ich
wichtigtuerisch. »Außerdem schüchtert mich deine
intellektuelle Kapazität ein, wenn ich mit dir zusammen bin.
Deinem Niveau entspricht eher jemand wie Cicero.«
»Du stellst dein
Licht unter den Scheffel. Und wie geht es Julia? Ich habe sie seit
mindestens einem Monat nicht gesehen.«
»Es geht ihr
recht gut, und sie wird dich sicher bald besuchen«,
entgegnete ich. Nämlich sobald sie herausgefunden hatte, dass
ich bei Callista gewesen war. Sie waren zwar Freundinnen, aber
alles hatte seine Grenzen.
»Und wie kann
ich dir zu Diensten sein?« Sie bedeutete mir, auf einem Stuhl
an einem kleinen Tisch Platz zu nehmen, und setzte sich mir
gegenüber, während Sklaven kleine Erfrischungen
auftrugen.
»Ich ermittle
auf besonderes Geheiß Caesars in einem Mord, und da das Opfer
ein
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