Die Feinde des Imperators
ihre Bewegungen, notieren den
Zeitpunkt ihres Aufgangs und ihres Untergangs am Himmel und halten
Ausschau nach gelegentlich auftretenden Schauspielen wie
Sternschnuppen und Kometen. Diese Phänomene setzen sie in
einen Zusammenhang und suchen auf diese Weise nach natürlichen
Erklärungen für deren Beschaffenheit und Verhalten, wobei
sie jegliche Einbeziehung alles Übernatürlichen meiden
… Und dennoch kann ich der Astrologie ihren emotionalen Reiz
nicht absprechen. Es ist auf seltsame Weise ungemein faszinierend,
imstande zu sein, das Schicksal eines Menschen aufgrund der
Anordnung der Sterne zum Zeitpunkt seiner Geburt vorherzusagen und
darüber hinaus auch noch voraussagen zu können, wie die
durch diese Anordnung der Sterne festgelegten Bewegungen der
Planeten und des Mondes das künftige Leben dieses Menschen
beeinflussen werden. Das ist irrational, aber Rationalität ist
nur ein Teil der menschlichen Existenz. Philosophen müssen
allen denkbaren Möglichkeiten gegenüber geistig offen
bleiben; es kann also durchaus sein, dass Sosigenes und die
Astronomen sich irren und die Astrologen recht haben, und
vielleicht liegt die Wahrheit auch irgendwo in der Mitte. Der
Syllogismus ist ein nützliches analytisches Hilfsmittel, doch
es ist ein großer Fehler, ihn als die Realität zu
betrachten.«
»Deine Worte
klingen wie ein Echo meiner eigenen Gedanken im Hinblick auf diese
Angelegenheit«, sagte ich und fragte mich, was um alles in
der Welt wohl ein Syllogismus sein mochte. Und wie als Antwort
erschien plötzlich Echo, die Haushälterin. Beinahe
wäre mir eine humorvolle Bemerkung darüber
herausgerutscht, doch ich hielt klugerweise den Mund.
Schließlich befand ich mich in der Gesellschaft einer Frau,
der selbst meine geistreichsten Witze einfältig erscheinen
würden.
Ich hatte Echo immer
als ebenso würdevoll und anmutig gekannt wie ihre Herrin, doch
jetzt strahlten ihre Augen, und sie schien atemlos, als käme
sie gerade von einem Stelldichein mit einem Liebhaber, was so
früh am Tag jedoch eher unwahrscheinlich war. »Herrin,
der Diktator Caesar ist da, um dir einen Besuch abzustatten.«
Das erklärte alles. Caesar hatte diese Wirkung auf Frauen
jedes gesellschaftlichen Ranges. Dieser Effekt in Verbindung mit
der Tatsache, dass er der mächtigste Mann der Welt war, konnte
jeder Sklavin den Kopf verdrehen. Bei freien Frauen war die Wirkung
natürlich nicht anders.
Callista, wie immer
die Ruhe selbst, tat so, als sei es etwas ganz Alltägliches,
dass Caesar sie besuchte. »Führ ihn herein, Echo, und
kümmere dich darum, dass es seinen Liktoren an nichts
fehlt.«
Caesar rauschte
herein, und an seinem Arm war niemand anders als Servilia, die
Mutter von Marcus Brutus. Ich fragte mich, ob Caesar im Begriff
war, ihre alte Liebe Wiederaufleben zu lassen. Servilia war ein
paar Jahre älter als Caesar, doch sie sah viele Jahre
jünger aus und war immer noch eine der großen
Schönheiten Roms.
Callista erhob sich,
genau wie ich. »Diktator, du erweist mir zu viel Ehre.
Verehrte Servilia, wir haben uns zu lange nicht
gesehen.«
Servilia umarmte sie
flüchtig, und sie gaben sich gegenseitig ein
Begrüßungsküsschen auf die Wange. »Du musst
einen interessanten Vormittag gehabt haben«, sagte Servilia.
»Wie ich sehe, ist der exzentrischste Senator Roms dein
Gast.« Ich war mir nicht sicher, wie ich das verstehen
sollte. Im Senat gab es immerhin ein paar wirklich
Verrückte.
»Decius
Caecilius ist ein außergewöhnlich guter
Ermittler«, erklärte Caesar. »Was soll's also,
wenn seine Methoden unorthodox sind? Er untersucht den Tod eines
griechischen Gelehrten, und ich wette, dass er aus diesem Grund
hier ist.« Caesar entging nur sehr wenig.
»Ich finde, der
Senator verfügt über den schärfsten Verstand in ganz
Rom«, sagte Callista. »Abgesehen von dir
natürlich.« Dies war das höchstmögliche Lob,
das man von Callista bekommen konnte, die sich normalerweise nie zu
Schmeicheleien herabließ. Caesar bedachte ihre Bemerkung mit
einer leichten Verbeugung seines erhabenen Hauptes. Der vergoldete
Lorbeerkranz, den er trug, um seine Kahlköpfigkeit zu
verbergen, ließ die Geste noch beeindruckender erscheinen.
Nicht dass er nicht eitel gewesen
wäre.
»Decius
Caecilius«, sagte Caesar, »du musst deinen Pflichten
nachkommen, und ich will dich nicht davon
abhalten.«
Ich weiß, wann
ich einen Hinweis befolgen sollte. Also verabschiedete ich mich von
Callista, Servilia und Caesar und ging nach
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