Die Feinde des Imperators
die gottgeweihten Gegenstände zur
Geländeanfüllung beim Bau eines neuen Stadiums zu nutzen.
Da das Stadium ebenfalls Apollo gewidmet war, wurde diese
Vorgehensweise als nicht gotteslästerlich
befunden.«
»Das Problem ist
mir bekannt«, sagte ich mitfühlend. »Ich habe
während meiner Quaestur im Tempel des Saturn gearbeitet. Unten
in der Krypta sah es aus wie in einer Räuberhöhle, in der
das Diebesgut gehortet wird.«
»Du sagst es.
Vielleicht könntest du Caesar das Problem einmal vortragen.
Als Pontifex maximus ist er vielleicht imstande, uns eine
Lösung anzubieten, die sowohl den Gott als auch den Tempel
zufriedenstellt.« Alle glaubten, Caesar könne ihre
Probleme lösen.
»Ich werde es
ihm gegenüber erwähnen. Vielleicht kann er einen neuen
Lagerraum unter diesem hier ausheben lassen. Dann blieben die
überlassenen Dinge innerhalb der
Tempelanlage.«
»Eine sehr gute
Idee. Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du es ihm gegenüber
zur Sprache brächtest.«
»Und jetzt zu
Postumius«, lenkte ich ihn zurück auf mein eigentliches
Anliegen.
»Der Mann hat
sich immer wieder davongestohlen, um in den Circus zu gehen oder
sich immer wieder in den Rennställen herumzutreiben.
Außerdem hat er ständig versucht, die anderen
Angestellten dazu zu überreden, bei Pferde- und Wagenrennen zu
wetten. Es hat unsere Arbeit hier in äußerst
unzufriedenstellender Weise beeinträchtigt. Ich musste ihn
entlassen. Für diese Art Arbeit eignen sich Sklaven viel
besser als freigeborene Bürger oder Freigelassene. Sie
können eingesperrt werden, und es steht eine ganze Palette von
Strafen zur Verfügung, um sie zu disziplinieren. Wenn nicht
dieser Mangel an fähigen Buchhaltern geherrscht hätte,
hätte ich den Kerl niemals eingestellt.«
»Ja, das ist ein
großes Problem«, stimmte ich ihm zu. »Wann hast
du ihn entlassen?«
»Vor etwa einem
Monat.«
»Wirkte er sehr
verzweifelt, weil er seine Arbeitsstelle verloren
hat?«
Ȇberhaupt
nicht. Er hat sogar regelrecht unverschämt reagiert und die
Bemerkung fallenlassen, dass er es sowieso nicht mehr nötig
habe, so eine Art Arbeit zu verrichten, und künftig etwas
Besseres tun werde.«
»Ich danke dir,
Telemachus. Du hast mir bei meinen Ermittlungen sehr
geholfen.«
»Ermittlungen?
Hat es etwas mit den Morden zu tun?«
»Davon bin ich
fest überzeugt«, verriet ich ihm.
Hermes und ich gingen
nach draußen und steuerten den Bereich an, in dem die
Astronomen lebten. Von der herrlichen Terrasse, die kürzlich
der Schauplatz des Mordes an Polasser gewesen war, hatte man einen
großartigen Blick auf die Nordseite des Circus Maximus, jene
Seite, an der die schönen Statuen der von vier Pferden
gezogenen Wagen sich über dem Tor erheben, durch das die
Rennwagen auf das Feld einfahren.
»Stell dir vor,
du würdest hier stehen«, sagte ich.
»Warum?«,
wollte Hermes wissen. »Ich stehe doch hier.«
»Stell dir
vor«, versuchte ich es noch einmal, »du stehst hier in
angenehmer Gesellschaft und genießt den Ausblick.
Worüber würdest du reden?«
Ȇber die
Rennen«, erwiderte er, ohne zu zögern. Er war ein echter
Römer.
»Genau. Ihr
redet über euer gemeinsames Interesse an den Rennen, und
zweifelsohne redet ihr auch übers Wetten. Und dann, wenn ihr
euer gemeinsames Interesse an Rennen und Wetten bekundet habt, geht
ihr zu anderen Themen über, zum Beispiel redet ihr über
eure
Arbeit.«
»Postumius
fängt also ein Gespräch mit Polasser über
Wagenrennen an«, sagte Hermes. »Dabei erfährt er
von Polasser einiges über Astrologie, insbesondere, dass
hochgeborene Römer, vor allem Frauen, sich dafür
begeistern.«
»Genau. Und wenn
es eines gibt, was mein Leben und meine Lebenserfahrung mich
gelehrt haben, dann, dass ein Schurke seinesgleichen immer erkennt.
Ich gehe jede Wette ein, dass nicht allzu viele Gespräche
zwischen den beiden vonnöten waren, bis Polasser wusste, dass
Postumius ein professioneller Spieler war, und zwar keiner von der
ehrlichen Sorte, und bis Postumius wusste, dass Polasser für
jeden, der entsprechend dafür bezahlte,
glückverheißende Horoskope erstellte.«
»Und es dauerte
nicht lange, bis sie den betrügerischen Plan ausheckten,
mittels Voraussagen über die angebliche Entwicklung des
Getreidemarktes die Getreidehändler auszunehmen. Es muss vor
allem Postumius' Werk gewesen sein. Polasser war ein
dilettantischer Betrüger. Postumius hingegen war ein
wirklicher Profi.«
»Ganz meine
Meinung. Komm, lass uns mit
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