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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wollten.
Ashthuva führte uns in einen großen Raum, der, wie es
schien, von Hunderten von Lampen und Kerzen beleuchtet war. Die
Wände und die Decke waren über und über mit
Sternenkonstellationen bemalt; es war ein beeindruckender
Anblick.«
    »Was war es
für ein Malstil?«, fragte ich nach.
    »Eine seltsame
Frage. Nun, es waren Darstellungen der bekannten Sternzeichen, des
Löwen, des Steinbocks und so weiter. Sie sahen eher griechisch
aus.«
    »Waren diese
Zeichnungen neu, oder waren sie schon seit längerem
da?«
    Sie dachte
darüber nach. »Jetzt, da du mich fragst, würde ich
sagen, dass sie eher frisch wirkten. Es hat noch nach Farbe
gerochen, und die Decke war nicht mit Lampenruß beschmutzt.
Aber das ganze Haus machte einen neuen Eindruck, genauso wie die
Pflanzen im Garten.«
    »Sehr gut. Was
noch?«
    »An einer Wand
befand sich ein Bücherregal. Es hatte die Form eines
Wabenmusters, war aber viel größer als normalerweise,
denn statt gewöhnlicher Schriftrollen wurden in ihm
Sternenkarten aufbewahrt. Sie forderte uns auf, ihr die
Geburtsdaten derjenigen zu nennen, für die wir ein Horoskop
erstellen lassen wollten, ging zu dem Regal, holte etliche der
Karten heraus und nahm sie mit zu einem großen Tisch. Einige der
Karten entrollte sie und beschwerte sie an den Ecken mit kleinen,
leinenen Sandsäcken.«
    Ich setzte an, etwas
zu sagen, doch sie fuhr schnell fort: »Und bevor du fragst -
die Karten sahen allesamt ziemlich alt aus. Sie waren weder aus
Papyrus noch aus Pergament, und ihrem Stil nach zu urteilen,
stammten sie weder aus Griechenland noch aus Rom oder Ägypten.
Vielmehr ähnelten sie keinem Kunststil, der mir je begegnet
ist. Und die Schrift war völlig unverständlich, es waren
nur lange, gerade, mit kleinen angehängten Schnörkeln
versehene Linien. Die Konstellationen hingegen waren perfekt
erkennbar, wenn man den stilisierten Kunststil einmal begriffen
hatte.«
    »Wer war als
Erste dran?«
    »Atia. Sie
nannte Ashthuva Octavius' Geburtsdatum und -zeit, und Ashthuva
studierte ein Blatt, bei dem es sich offenbar um eine Art
Umrechnungstabelle handelte. Ich konnte eine Spalte erkennen, in
der die römischen Konsuln der vergangenen fünfzig Jahre
aufgelistet waren. Daneben befand sich auf Griechisch eine
Auflistung der Olympiaden und der aufeinanderfolgenden Archonten
von Athen, und wiederum daneben gab es eine Spalte in den
Schriftzeichen dieser seltsamen Sprache, die auch auf den Karten
verwendet wurde. Es war ziemlich offenkundig, dass sie mit Hilfe
dieser Tabelle die römischen und griechischen Daten in ihr
eigenes System übertrug. Die Tabelle war im Gegensatz zu den
Karten nicht antik, und sie war auf sehr feinem Pergament
geschrieben.«
    »Gut, so weit
ist das nachvollziehbar«, sagte ich. »Und sie hat
keinen Unsinn mit Kohlenpfannen und irgendwelchen obskuren Dingen
veranstaltet, die sie darin verbrannt hat? Es gab kein
Reinigungsritual oder mysteriöse Trankopfer?«
    »Nichts
dergleichen - und selbst wenn? In unserer eigenen Religion
zelebrieren wir doch jede Menge solcher Rituale.«
    »Das stimmt,
aber wenn wir es tun, scheint es mehr Sinn zu
ergeben.«
    »Wie auch immer,
Astrologie ist keine Religion. Wie sollte sie auch eine sein? Sie
trifft weder Vorkehrungen, um dem Willen der Götter gerecht zu
werden, noch kümmert sie sich um deren Veränderlichkeit.
Sie verzichtet auf jede Art von Opferdarbietungen oder die Anrufung
höherer Mächte. Sie befasst sich einfach nur mit dem den
Menschen bestimmten Schicksal, das durch die Konstellation der
Sterne und Planeten zum Zeitpunkt ihrer Geburt und ihrer sich im
Laufe des Lebens der jeweiligen Menschen verändernden
Positionen und Konstellationen zueinander festgelegt
ist.«
    »Du scheinst von
diesem Unfug ziemlich angetan zu sein«, stellte ich mehr als
ein bisschen besorgt fest.
    »Die Astrologie
hat, wie ich finde, durchaus etwas Befriedigendes. Sie ist
präzise wie die Studien des Sosigenes, sie wendet ihre
Erkenntnisse auf das menschliche Leben an, wohingegen die
Astronomen lediglich Himmelsphänomene untersuchen, ohne das
Tun der Menschen zu berücksichtigen, als ob die Sterne
über all solche Dinge erhaben wären.«
    »Mag sein.
Trotzdem erscheint es mir unnatürlich. Ohne Omen zu deuten,
ohne Opfer darzubieten, ohne Gebete. Warum sollten uns die Sterne
unser Schicksal voraussagen, wenn wir im Gegenzug nichts für
sie tun?«
    Sie verdrehte die
Augen und starrte, als ob sie leiden würde, lange zur Decke.
»Warum sollte ich mir

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