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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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vermutlich nach Indien.
    Die andere Firma befand sich am Stadtrand von Cranston und war der Grund, warum Mike die siebzig Meilen von Schaumburg hierher
     gefahren war. Früher einmal war Power Industrial Supplies einer der größten Bezieher für die Trennschneider und Bohrer gewesen,
     die Transcon Tooling herstellte, die Firma, für die Mike als Bezirksverkaufsleiter arbeitete. Aber Power-I, wie die Firma
     sich inzwischen nannte, schien es kaum besser zu gehen als dem Callcenter. Zwei der wichtigsten Kunden waren im letzten halben
     Jahr den Bach runtergegangen, und die ganzeBranche versuchte sich aus einer inzwischen schon zwei Jahre andauernden Krise herauszukämpfen. Aus diesem Grund kaufte Power-I
     immer weniger Waren von Transcon.
    Immerhin war es Transcons Kundenbetreuerin Stephanie Kraus (dem zweiten und wichtigeren Grund, warum Mike nach Cranston fuhr)
     in letzter Zeit gelungen, das Ruder wieder ein wenig herumzureißen. Stephanie war eine der wenigen Frauen in der Branche und
     die einzige Frau in Mikes Verkaufsteam. Doch Mike wusste, dass die Umsätze wieder sinken würden, sobald sich der neue Reiz,
     bei einer Frau einzukaufen, verflüchtigt hatte. Das konnte allerdings noch ein Weilchen dauern. Denn Frank Chadwick, der Einkaufsleiter
     von Power-I, benahm sich neuerdings wie ein athletischer Heißsporn Anfang dreißig mit Wirtschaftsstudium; seinen über den
     Gürtel quellenden Wanst, die ungeschickt verdeckte Glatze und seine großspurigen Versuche, witzig zu sein, schien er selbst
     gar nicht zu bemerken. Seit Frank ihm bei einem Dinner am Abend zuvor zwischen kaum verhohlenen Blicken auf Stephanies Busen
     verraten hatte, dass Power-I mit einem von Transcons Hauptkonkurrenten einen Exklusivvertrag über Fräseeinsätze abgeschlossen
     hatte, stand Mikes Entscheidung fest. Er hatte sie jedoch bislang für sich behalten und auch nicht eingegriffen, als Stephanie
     mit Frank für den heutigen Morgen einen Termin vereinbart hatte.
    »Heute nur Sie, Süßer, oder kommt Ihre Frau auch wieder dazu?«
    Mike schätzte, dass die Kellnerin etwa in seinem Alter war. Sie trug eine zu enge Uniform, die sich deutlich abzeichnenden
     Wülste schienen ihr nicht aufzufallen oder waren ihr egal. Mike schob ihr die Tasse zu, damit sie ihm nachschenkte.
    »Oder war das Ihre Tochter?«, säuselte sie weiter. Kein Lächeln, nur ganz leicht hochgezogene Augenbrauen.
    »Meine Kollegin«, antwortete Mike betont unbetont. Blöde Kleinstadtschnüfflerin. »Sie müsste in ein paar Minuten da sein.«
    »Entschuldigung, ich meinte natürlich
Kollegin
«, antwortete die Kellnerin und nickte ihm mit leicht gespitzten Lippen zu. »Wollen Sie beide die Speisekarte?«
    »Nein danke. Wahrscheinlich trinken wir nur einen Kaffee.«
    Die Kellnerin bedachte ihn mit einem knappen, falschen Lächeln, dann ging sie.
    Mike schämte sich ein wenig. Er war mindestens schon ein Dutzend Mal in diesem Restaurant gewesen und hatte stets so getan,
     als sähe er die Kellnerin zum allerersten Mal. Ein guter Verkäufer hätte ein Schwätzchen mit ihr angefangen. Verkäufer waren
     freundlich und besaßen ein ehrliches Interesse an anderen Menschen. Und jahrelang hatte auch Mike diese Rolle gespielt und
     sich innerlich dafür gerüstet, nach den Kindern, den letzten Spielergebnissen oder dem Scheißwetter zu fragen. Er kannte sich
     in diesem Spiel aus. Das hatte er von seinem Vater gelernt. Wo auch immer er mit seinem Vater hingekommen war, überall hatten
     die Leute dem Alten zugerufen und einen Plausch halten, ein bisschen Zeit mit ihm verbringen und sich den unvermeidlichen
     Schmus anhören wollen, auf den sie schon warteten. Jeder im gottverdammten Staate Ohio, so schien es, liebte Bill Warrington.
     Aber diese Leute kannten Bill ja auch nicht, jedenfalls nicht richtig.
    Mike fühlte sich in seiner gegenwärtigen Rolle als Manager wohler als davor beim Verkaufen. Er wusste, was zu tun war. Er
     konnte anderen sagen, was zu tun war und wie. Aber er musste es nicht mehr selbst machen – jedenfalls nicht so oft wie früher.
     Und er brauchte keinem mehr in den Arsch zu kriechen.
    Außer, wenn er wollte.
    Mike saß mit dem Rücken zur Tür, aber das sanfte, wohlriechendeWölkchen, das sie stets zu umgeben schien, verriet ihm trotzdem, dass Stephanie angekommen war.
    Sie setzte sich auf die Bank ihm gegenüber und zog ihre Aktentasche nach. Dann sah sie sich um. Mike glaubte schon, sie würde
     sich im nächsten Moment über den Tisch lehnen und

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