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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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links einbog, dabei viel zu weit ausholte
     und beinahe den vorderen Kotflügel von Nicks Wagen erwischt hätte. Der andere Fahrer wandte ihm nicht einmal den Kopf zu,
     sondern zeigte nur den Stinkefinger.
    Wegen der Scheinwerfer war Nick sich sicher, dass sein eigenes Gesicht nicht zu sehen und erst recht nicht zu erkennen gewesen
     war. Den anderen Fahrer hingegen hatte Nick sehr wohl gesehen und erkannt.
    Hinter ihm war ein Wagen zum Stehen gekommen, der Fahrer hupte kurz.
    »Fick dich!«, brüllte Nick. Erst musste er eine Reihe Autos von links an sich vorbeilassen, bevor er – begleitet von einem
     erneuten aufmunternden Hupen – eine Kehre machte und zurück in Peggys Straße fuhr.
    Dass kann doch unmöglich der gewesen sein, sagte er sich, während er zurück zum Haus fuhr. Ich leide ja langsam schon unter
     Verfolgungswahn.
    Aber als er vorbeifuhr, stand in Peggys Auffahrt ein Wagen,und aus der geöffneten Haustür drang ein Lichtstrahl. Und während Nick noch bemüht war, eine unverdächtige Geschwindigkeit
     beizubehalten, sah er Peggy, gewandet in ein seidig glänzendes Cocktailkleid, wie sie beiseitetrat und Peter Jackson einließ.
    In einer Einfahrt ein paar Häuser weiter drehte Nick. Auf dem Nachhauseweg nahm er sich Zeit und beachtete peinlich genau
     jede Geschwindigkeitsbegrenzung. Er hielt sicheren Abstand zu den Fahrzeugen vor ihm. Er ließ das Radio ausgeschaltet. Wenn
     er nicht gerade einen anderen Wagen hinter sich hatte, verzichtete er auf die Möglichkeit, auch bei Rot umsichtig nach rechts
     abbiegen zu dürfen. Jedes Mal, wenn er den Fuß vom Gaspedal auf die Bremse setzte oder umgekehrt, drückten die Karten in seiner
     Hosentasche gegen seinen Oberschenkel.
    Vor seiner Haustür zögerte er. Drinnen wartete ein aufgeräumtes Haus, nur für den Fall, dass die Wahl bei der Frage »Zu mir
     oder zu dir?« auf ihn gefallen wäre. Nick hatte fast den ganzen Tag damit verbracht, das kleine Bad unten und das große oben
     zu schrubben und dabei besonders Augenmerk auf die Toiletten und die Böden darum herum zu richten. Er hatte sich vergewissert,
     dass die Küche tipptopp war und im Kühlschrank kein alter Käse oder andere übelriechenden Dinge lagen. Im untersten Fach der
     Kühlschranktür stand erwartungsvoll eine Flasche Chardonnay. Er hatte den Schlafzimmerteppich gesaugt sowie die Kommoden und
     Nachttischchen abgestaubt und sich bei Marilyn entschuldigt, dass er die Bilder mit ihnen beiden drauf in den Schubladen verstaut
     hatte, also versteckt. Als er jetzt die Haustür aufschloss, erschien es ihm angebracht, sich ein weiteres Mal bei Peggy zu
     entschuldigen, so als würde sie gleich hinter der Tür auf der Treppe sitzen und auf eine Erklärung warten.
    Als er und Marilyn das Haus gekauft hatten, hatte Nick alles verkabelt, damit man die Musik, die er auf seiner Anlage im Arbeitszimmerabspielte, im ganzen Haus hören konnte. Auf diese Weise hatten er und Marilyn das Haus »segnen« können, indem sie sich zu
     den Klängen von John Coltrane oder Miles Davis in jedem Zimmer geliebt hatten.
    Inzwischen ließ Nick immer das Radio an, wenn er wegging – nicht, um irgendwelche Diebe abzuschrecken, sondern weil er die
     Stille des leeren Hauses nicht ertragen konnte.
    Genau nach dieser Stille sehnte er sich jetzt. Er schlug die Tür hinter sich zu, ging ins Arbeitszimmer und schaltete die
     Musik aus. Dabei sah er auf einem der Regale ein Foto von Marilyn. Es war in den Indiana Dunes am Michigansee aufgenommen
     und immer eines seiner Lieblingsbilder gewesen. Marilyn hockte in der Abenddämmerung am Wasser und hatte die Knie umschlungen,
     ihr Lächeln war ein einziges Versprechen.
    Nick packte das Foto, riss es hoch über seinen Kopf, zögerte noch eine halbe Sekunde und schleuderte es dann mit voller Wucht
     vor sich auf den Boden. Es landete mit der Bildseite nach oben. Das Glas war gesprungen, aber nicht zersplittert. Über Marilyns
     Knie verlief eine gezackte Linie, und die Sonne hinter ihr war jetzt die Mitte eines gläsernen Spinnennetzes.

12
    Auf dem Weg nach Hause improvisierte April im Rhythmus ihrer Schritte.
    I’m finally out, finally free.
    Summer’s here. Just you and me.
    We’ll make the most of the time we got.
    I’m gonna love you babe. Gonna love you a lot.
    April runzelte die Stirn. Was für ein Scheiß! Aber sie hatte gerade ihren letzten Schultag hinter sich gebracht und würde
     jetzt jede Menge Zeit haben, sich auf ihre Songs und ihre Gesangskarriere zu

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