Die Festung der Perle
Herrscher schon häufig versucht haben, die Kashbeh zu zerstören.«
Elric spürte wieder die krankhafte Begierde nach dem Elixier. Doch er widerstand der Versuchung, nach der Silberphiole zu greifen. »Nennt man diese Kashbeh auch die Festung der Perle?«
Alnac Kreb lachte über diese Frage lauthals. »Oh mein guter Prinz! Du hast wahrlich nicht die blasseste Ahnung von dem Ort und dem Gegenstand, den du suchst! Laß mich jetzt nur so viel sagen, daß die Festung der Perle durchaus innerhalb der Kashbeh und daß die Kashbeh aber auch innerhalb der Festung sein könnte. Aber sie sind keineswegs dasselbe.«
»Bitte, Alnac, verwirre mich nicht noch mehr! Ich tat so, als wisse ich Bescheid, weil ich mein Leben retten und das Leben eines anderen damit kaufen wollte. Ich wäre dir für jede Aufklärung dankbar. Lord Gho Fhaazi hielt mich für einen Traumdieb und nahm daher an, daß ich etwas über den Blutmond, das Bronzezelt und den Aufbewahrungsort der Perle wisse.«
»Aye, ich verstehe. Manche Traumdiebe sind besser als andere informiert. Ihr habt mir gesagt, daß für diese Aufgabe nur ein Traumdieb in Frage kommt, da die Zauberer-Abenteurer in Quarzhasaat der Sache nicht gewachsen sind. Daher vermute ich, daß die Festung der Perle nicht nur aus Steinen und Mörtel errichtet wurde. Das fällt in Bereiche, in denen sich nur erfahrene Traumdiebe auskennen - dazu bedarf es wahrscheinlich sogar eines Traumdiebs, der besser als ich ausgebildet ist.«
»Freund Alnac, du mußt wissen, daß ich bei der Verfolgung meiner verschiedenen Ziele seltsame Reiche besucht habe. Ich bin also nicht vollkommen unerfahren auf diesem Gebiet…«
»Aber diese Reiche sind den meisten verwehrt«, unterbrach ihn Alnac. Offensichtlich wollte er nicht weiter über dieses Thema sprechen. Doch Elric gab keine Ruhe.
»Wo liegen diese Reiche?« Der Albino strengte die Augen an, um mehr von der Kashbeh Moulor Ka Riiz zu sehen, doch gelang ihm das nicht, da die Sonne inzwischen schon beinahe unter dem Horizont verschwunden war. »Im Osten? Jenseits von Elwher? Oder in einem völlig anderen Teil des Multiversums?«
Bedauernd wehrte Alnac Kreb ab. »Wir haben geschworen, daß wir so wenig wie möglich über unsere Kenntnisse sprechen. Nur in ganz außergewöhnlichen und kritischen Situationen dürfen wir das Schweigen brechen. Ich kann dir nur sagen, daß diese Reiche gleichzeitig näher und ferner als Elwher liegen. Ich verspreche dir, dich nicht noch mehr zu verwirren. Ansonsten werde ich dir bei deiner Suche helfen.« Er lachte, um sich das Herz wieder leichter zu machen. »Aber jetzt stimme euch auf unseren Besuch ein, Prinz. Wenn ich mich nicht irre, werden wir vor Anbruch der Nacht eine Menge Leute treffen.«
Der Mond war schon aufgegangen, ehe noch die letzten Sonnenstrahlen verschwunden waren. In sein Silberlicht mengte sich ein rosiger Schimmer, so daß er einer kostbaren Perle glich, als die beiden Reiter eine Anhöhe auf der Roten Straße erreicht hatten und auf tausend Feuer hinabschauten. Die Silhouetten ebensovieler hoher Zelte ragten aus dem Sand auf. Sie glichen riesigen geflügelten Insekten, die sich ausstreckten, um die letzte Wärme von oben zu erhaschen. In diesen Zelten brannten Lampen. Männer, Frauen und Kinder liefen hin und her. Ein köstlicher Duft verschiedener Kräuter, Gewürze, Gemüse und Bratfleisch drang zu ihnen. Rauchwölken stiegen von den Feuern auf und kräuselten sich über den Felsen, auf denen die Kashbeh Moulor Ka Riiz stand. Um den massigen Turm hatten sich andere Gebäude geschart. Ihre Architektur zeugte von großem Einfallsreichtum. Die ganze Anlage wurde von einer zinnenbewehren Mauer von gigantischen Ausmaßen geschützt. Sie war aus dem roten Gestein der Felsen erbaut, so daß sie wie aus dem Boden gewachsen dastand.
In regelmäßigen Abständen leuchteten große Fackeln auf dem Wehrgang. Man sah Männer, die als Wachposten die Mauer abschritten. Durch die hohen Tore floß ein ständiger Menschenstrom über die aus den Felsen gehauene Brücke.
Die Kashbeh war wirklich kein einfacher Rastplatz an der Roten Straße für primitive Karawanen, wie Elric gedacht hatte. Alnac Kreb hatte nicht zuviel versprochen.
Niemand hielt sie an, als sie hinabritten zu der großen Wasserfläche, an deren Ufer Zypressen, Pappeln, Feigenbäume und Kakteen neben allen erdenklichen Arten von Palmen standen. Allerdings streiften sie viele Blicke mit unverhohlener Neugier. Und nicht alle neugierigen Augen waren
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