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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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aufzugeben, aber er wollte weitermachen. Wolltest du nicht gemeinsam mit deinem Freund reiten?«
    »Ich hatte dringende Verpflichtungen. Doch habe ich auch selbst nach Tanelorn gesucht.« Elric hätte noch mehr sagen können, hielt es aber für besser, zu schweigen. Jede weitere Erklärung hätte Probleme und Erinnerungen heraufbeschworen, an die er nicht denken wollte. Jetzt galt seine Hauptsorge Alnac Kreb und dem Mädchen.
    »Aye, richtig. Du bist ja ein König in deinem Land. Aber nicht gern, oder irre ich mich? Die Pflichten sind hart für einen jungen Mann. Man erwartet viel von dir. Auf deinen Schultern ruht das Gewicht der Vergangenheit, die Ideale und Loyalität eines ganzes Volkes. Es ist nicht leicht, ein guter Herrscher zu sein, gute Urteile zu fällen, Gerechtigkeit richtig zu verteilen. Hier bei den Bauradim haben wir keine Könige, nur eine gewählte Gruppe aus Männern und Frauen, die für die ganze Sippe sprechen. Ich finde es besser, solche Lasten zu teilen. Wenn alle daran tragen, wenn alle für sich selbst verantwortlich sind, muß kein Einzelner ein Gewicht tragen, das zu schwer ist.«
    »Ein Grund für meine Reisen ist, daß ich mehr über Möglichkeiten erfahren will, Gerechtigkeit auszuüben«, sagte Elric. »Aber eins muß ich dir sagen, Raik Na Seem: Mein Volk ist ebenso grausam wie die Bewohner Quarzhasaats, hat aber bedeutend mehr Macht. Von Gerechtigkeit haben wir kaum eine blasse Ahnung, und die Pflichten, die mit dem Herrschen verbunden sind, bestehen fast ausschließlich darin, neue Schrecken zu erfinden, durch die man andere einschüchtern und kontrollieren kann. Meiner Meinung nach ist Macht so grauenvoll wie das Gebräu, das ich trinke, um am Leben zu bleiben. Sie nährt sich von sich selbst; sie ist ein hungriges Raubtier, das die verschlingt, die es besitzen möchten oder die es hassen - ja, es verschlingt sogar jene, die sie besitzen.«
    »Das hungrige Raubtier ist nicht die Macht an sich«, erklärte der alte, weise Mann. »Macht ist weder gut noch böse. Allein ihr Gebrauch ist gut oder böse. Ich weiß, daß Melniboné einst die Welt beherrschte, besser gesagt, den Teil, den es fand und nicht zerstören konnte.«
    »Du weißt anscheinend mehr über meine Nation als meine über dein Volk.« Der Albino lächelte.
    »Unser Volk erzählt sich, daß wir alle in die Wüste kamen, weil wir zuerst vor Melniboné, dann vor Quarzhasaat fliehen mußten. Beide waren gleich grausam, gleich korrupt. Es spielte keine Rolle, wer von beiden den anderen zerstörte. Natürlich hatten wir gehofft, daß sie sich gegenseitig vernichten würden, doch das sollte nicht sein. Es geschah das Zweitbeste: Quarzhasaat zerstörte beinahe sich selbst und Melniboné vergaß den Feind - und uns! Ich glaube, daß Melniboné kurz nach dem Krieg keine Lust mehr hatte, sich noch weiter auszubreiten, und sich auf die Herrschaft der Jungen Königreiche beschränkte. Wie ich höre, jetzt sogar auf noch weniger.«
    »Jetzt nur noch auf die Dracheninsel«, sagte Elric. Seine Gedanken wanderten zu Cymoril, obgleich er sich dagegen sträubte. »Viele Räuber segelten dorthin, um ihre Schätze zu plündern. Sie mußten jedoch feststellen, daß sie zu mächtig ist. Also blieb ihnen nur übrig, mit ihr Handel zu treiben.«
    »Handel war immer schon besser als Krieg«, sagte Raik Na Seem ruhig. Sie waren inzwischen wieder ins Bronzezelt gegangen und standen vor Alnacs verwelktem Körper. Der Traumstab leuchtete wieder golden und pulsierte; er hatte nicht aufgehört, seit Alnac sich neben das Mädchen gelegt hatte.
    »Der Stab gleicht einem seltsamen Organ«, bemerkte Raik Na Seem. »Beinahe wie ein zweites Rückgrat.«
    Er wollte noch mehr sagen, doch da huschte eine Bewegung über Alnacs Gesicht. Über seine blutleeren Lippen drang ein grauenvolles, verzweifeltes Stöhnen.
    Sie knieten neben ihm nieder. Alnacs Augen waren immer noch blau, Varadias schwarz.
    »Er stirbt«, flüsterte Raik Na Seem. »Oder, Prinz Elric?«
    Elric wußte auch nicht mehr als der Bauradi.
    »Was können wir für ihn tun?« fragte der Alte.
    Elric berührte die kalte, lederne Haut. Dann hob er das beinahe gewichtlose Handgelenk. Kein Puls war zu spüren. Doch in diesem Augenblick wechselten Alnacs Augen die Farbe. Mit vollem Bewußtsein blickte der Traumdieb Elric aus seinen intelligenten schwarzen Augen an. »Ah, du bist mir zu Hilfe gekommen. Ich habe erfahren, wo die Perle liegt; aber sie ist zu gut gesichert.«
    Alnacs Stimme war nur ein

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