Die Festung der Perle
war so ausgewogen und lag ihm so vertraut in der Hand, als sei es das natürliche Gegenstück zu seinem Runenschwert. War dies Schwert von der Ordnung geschmiedet, um seinen Zielen zu dienen, so wie Sturmbringer vom Chaos stammte?
Der Perlkrieger lachte schallend und riß seine schrecklichen Augen auf. Tod leuchtete in ihnen. Der Tod der Welt. Dann senkte er dieselbe mißgestaltete Lanze, die er schon einmal gegen sie geführt hatte. Elric sah, daß sie blutverkrustet war. Plötzlich war die Lanzenspitze direkt vor den Augen des Albinos, so daß dieser sich zur Seite werfen mußte. Gleichzeitig aber stieß er seinerseits zu. Doch diesmal war der Widerstand gegen den Schwertstoß stärker als alles, was er je zu spüren bekommen hatte. Seit ihrer letzten Begegnung hatte der Perlkrieger offenbar an Stärke gewonnen.
«Gewöhnliche Seele!« Voll tiefster Verachtung formten die Lippen des Perlkriegers diese Worte. Doch dann lachte er wieder, als Oone ihn angriff. Mit gezücktem Schwert, den Speer in der anderen Hand, die Zügel zwischen den Zähnen, ritt sie los. Schwert und Speer trafen den Perlkrieger gleichzeitig, so daß seine Brustplatte wie die Schale eines riesigen Krustentieres platzte.
Elric bewunderte diese Strategie, die er noch nie gesehen hatte. Oones Stärke und Koordination waren einfach unglaublich. Von diesem Waffengang würden die Krieger noch in Tausenden von Jahren mit Bewunderung sprechen und viele, die ihn nachzuahmen versuchten, würden dabei ihr Leben lassen.
Der Speer hatte seine Schuldigkeit getan und die Rüstung des Perlkriegers geknackt, das Schwert hatte den Rest erledigt. Doch noch war der Perlkrieger nicht tot.
Er stöhnte. Kicherte. Schwankte. Sein Schwert kam hoch, als wolle es die Brust vor dem Stoß schützen, der bereits ausgeführt war. Sein großes Pferd bäumte sich auf, die Nüstern voll Wut gebläht. Oone lenkte ihr eigenes Roß beiseite. Die Spitze ihres Schwertes steckte in der Brust des Perlkriegers. Sie griff nach einem zweiten Speer und ihrem Dolch.
Elric zielte mit seinem Speer ebenfalls auf den Spalt in der Rüstung und hoffte, Oones Beispiel folgen zu können. Doch seine Klinge prallte von dem harten Elfenbeinkörper ab. Dabei verlor er das Gleichgewicht lange genug, daß der Perlkrieger diesen Vorteil für sich nutzen konnte. Sein Schwerthieb traf Elrics Rüstung mit solcher Macht, daß die Funken wie Feuer sprühten und ihm beinahe das Trommelfell platzte. Der Albino fiel nach vorn, konnte sich noch an der Mähne festhalten und mit letzter Kraft den nächsten Schlag des Perlkriegers parieren. Doch dann heulte dieser laut auf, seine Augen wurden noch größer, aus dem weit aufgerissenen roten Mund schoß eine Fontäne stinkenden Atems, aus dem Spalt zwischen Brustplatte und Helm quoll Blut hervor. Er fiel auf Elric zu. Der Albino sah, daß ein Speerschaft genau an der Stelle in der Brust steckte, wo Oone die Rüstung dieses Wesens gespalten hatte.
»Das wird nicht so bleiben!« krächzte der Perlkrieger drohend. »Ich kann das nicht machen!«
Dann fiel er klappernd wie ein Sack voll alter Knochen vom Pferd auf das Steinpflaster des Hofes. Der wie ein großer Feigenbaum mit Früchten gestaltete Brunnen hinter ihm begann, Wasser zu speien. Schnell war das Becken gefüllt, und das Wasser floß über bis zum Körper des Perlkriegers. Sein Pferd scheute und drehte sich wiehernd mit Schaum vorm Maul im Kreis. Dann galoppierte es durch das Tor die Marmorstraße hinunter.
Elric drehte den Leichnam auf den Rücken, um sicherzugehen, daß kein Leben mehr darin war und um die gespaltene Rüstung zu inspizieren. Seine Bewunderung für Oones Treffsicherheit war grenzenlos. »Noch nie habe ich so etwas gesehen«, sagte er. »Und ich habe Seite an Seite mit vielen berühmten Kriegern gekämpft.«
»Ein Traumdieb muß viele Dinge beherrschen«, erklärte sie als Dank für seine Komplimente. »Ich habe diese Taktik von meiner Mutter gelernt, die eine viel größere Kriegerin war als ich.«
»Deine Mutter war eine Traumdiebin?«
»Nein«, antwortete Oone gedankenverloren und untersuchte ihr abgebrochenes Schwert. Dann nahm sie das des Perlkriegers auf. »Sie war eine Königin.« Abwägend hielt sie die schwere Waffe in der Hand. Die Klinge war etwas zu breit für ihre Scheide. Da löste sie die Lederhülle, warf sie weg und steckte das Schwert einfach in den Gürtel. Das Wasser aus dem Brunnen umspülte bereits ihre Knöchel und beunruhigte die Pferde.
Die beiden führten die
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