Die Festung des Teufels
die Gruppe, Jungtiere rannten zu ihren Müttern, doch es waren nicht die beiden Jungen, die sie erschreckt hatten. Die Paviane duckten sich und blickten himmelwärts. Ein Schatten zog über sie hinweg. Max suchte den Himmel ab. Ein angriffslustiger Adler hatte sich von einer hohen Felsklippe abgestoßen und nutzte den Aufwind. Die warme Morgenluft trug ihn leicht über die Affen hinweg, und er war noch zu weit entfernt, als dass er sich herabstürzen und ein schwaches Jungtier angreifen konnte. ! Koga zog Max am Arm. Dies war ein günstiger Moment, um die Pavianherde zu durchqueren – die Tiere waren abgelenkt. Ein paar Minuten später drehte der mächtige Adler, der abwechselndseine braunschwarzen Federn und seine getüpfelte weiße Brust zeigte, ab und flog davon. Vielleicht hatte er weiter unten im Tal leichtere Beute entdeckt. Er war sicher groß genug, eine kleine Antilope zu schlagen, und ein Pavianjunges hätte für den geflügelten Jäger auch kein Problem dargestellt. Adler töteten ihr Opfer in Sekunden, indem sie ihre Klauen in die Schädelknochen bohrten und tief in den Hirnstamm hineinhackten. Dann trugen sie die Beute in den Horst, rupften die Eingeweide heraus und zerlegten den Kadaver. Offenbar wusstendie Paviane, zu wem der Schatten gehörte.
Der Raubvogel war nicht mehr zu sehen, und Max und !Koga befanden sich nun mitten in der Herde. Eins der Männchen stand auf den Hinterbeinen und beobachtete sie aus einiger Entfernung, während die anderen sich wieder der Fellpflege zuwandten und sich die Jungtiere kreischend weiterbalgten. Riesige scharfkantige Steine blockierten ! Koga und Max den Weg. Die Paviane stoben auf, als sie sich näherten. Einige der Felsbrocken waren ausgehöhlt, durch die Jahrhunderte verwittert, und sahen jetzt aus wie die Trinktröge aus Granit, die Max aus Devon kannte. Eine ferne Erinnerung. Devon: das idyllische Devon, dessen gewundene Pfade den Reisenden über sanfte Hügel führten, zu Feldern, auf denen man höchstens eine Schleiereule zu sehen bekam, die nach Feldmäusen Ausschau hielt. Max riss sich von diesen Gedanken los und kehrte in die Gegenwart zurück. Die Paviane hatten ihre Beschäftigungen unterbrochen und beobachteten jetzt jede Bewegung der Jungen.
!Koga kniete an einem der Wasserlöcher. Er tauchte eine Hand ins Wasser und nahm einen Schluck. »Es ist Regenwasser. Schmeckt gut. «
Vorsichtig näherte sich Max einer anderen Tränke. Würden die Paviane ihren unschätzbaren Reichtum verteidigen oder würden sie ihnen etwas davon abgeben? Er zog sich seinen Hut vom Kopf und betrachtete sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche. Der Max, der ihm entgegensah, hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mehr mit dem Jungen, der erst vor ein paar Tagen zu seiner Reise aufgebrochen war. Sein helles Haar war verklebt und schmutzig – wer brauchte Haargel, wenn Staub und Hitze denselben Effekt erzeugten, und das sogar umsonst? Er hatte sich verändert, war schmaler, fast mager geworden, und der verkrustete Dreck ließ ihn älter aussehen. Seine Augen waren rot gerändert von der gleißenden Sonne, und die Tränen vom Vorabend hatten ein paar helle Spuren auf seinem Gesicht hinterlassen. Unter dem Schmutz starrte ihn ein gebräuntes, wettergegerbtes Gesicht an. Er sah aus wie ein Wilder. Und vielleicht war er jetzt auch einer.
Er verbot sich, weiter nachzudenken, tauchte die Hände ins kühle Wasser und trank durstig. Dann steckte er seinen Kopf hinein, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und wusch sich das Gesicht. Als er sich erhob, erschreckte seine hastige Bewegung einen Pavian, der schnatternd davonrannte. Vielleicht war Max als staubiges Wesen aus dem Busch annehmbarer gewesen. Sein Durst war gestillt, und er hatte den Pavianen wohl kaum etwas weggenommen, denn von anderen Felsen lief ebenfalls Wasser, das die Tiere trinken konnten. Ein Jungtier, das wie in einer Badewanne in einem ausgehöhlten Stein lag, sah ihn an, fuhr sich dann mit der Hand über den Kopf, sodass sein Fell einem Irokesenschnitt ähnelte. Max zog sein Fernglas unter dem Hemd hervor, damit es nicht gegen den Fels schlug, wenn er sich nach vorne beugte, legte es neben sich auf seinen Hut und tauchte seinen Kopf abermals unter. Welch ein Luxus!
Er würde Wasser niemals wieder für selbstverständlich halten.Es war erschreckend, wenn er daran dachte, wie viel er von dieser kostbaren Flüssigkeit zu Hause verschwendete. Max hob den Blick. Die Paviane lenkten ihn für eine Weile ab. Max
Weitere Kostenlose Bücher