Die Festung des Teufels
seine Aufgabe darin bestand, seinen Herrn zu entlasten – und Chang war sein Herr, denn er hatte die Macht zu entscheiden, ob er lebte oder starb.
Chang hatte sicher schon genug um die Ohren. Da war das geplante riesige Wasserkraftwerk, das Milliarden von Dollar einbringen würde. Da waren die illegalen Drogentransporte aus aller Welt, für die Walvis Bay ein Umschlagplatz war. Und zudem waren da noch die Zerstörung von natürlichem Lebensraum und der Mord an Tausenden von Menschen, wenn Chang seinen Plan in die Tat umsetzte. Und deswegen hatte Slye es in die Hand genommen, ein bisschen Kleinkram zu erledigen – Kallie van Reenen.
Sie hatte den Jungen in Windhoek vom Flugplatz abgeholt und ihn für seine Reise ausgerüstet. Slye hatte ihre Spur bis zu dem abgelegenen Flugfeld verfolgt, wo sie sich mit ihrem Vater getroffen hatte. Ferdie van Reenen war mit einer Reisegruppe zu einer Safari aufgebrochen. Er war also unbeteiligt, doch laut Slyes Informanten hatte Kallie einen Flug nach Walvis Bay angemeldet. Und das lag nicht gerade auf ihrem Heimweg. Slyeschloss daraus, dass sie etwas wusste, was sie nicht wissen sollte. Ohne viel Aufhebens zu machen, hatte er dafür gesorgt, dass sich einer seiner Männer Kallies Maschine ansah und eine Kleinigkeit veränderte – mit Absturzgarantie.
Mit großer Genugtuung hatte er in Skeleton Rock ihren Mayday-Ruf über Funk mitverfolgt.
Noch befriedigender für ihn waren der Knall einer Explosion und der Schrei des Mädchens. Kallie van Reenen musste irgendwo in der Pampa abgestürzt sein. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass man die Absturzstelle jemals auffand, würde eine Untersuchung ergeben, dass ihr altes Flugzeug einfach nicht mehr zuverlässig genug gewesen war. Und in der Zwischenzeit hatten sich Hyänen und Schakale ihrer Überreste angenommen.
Er klappte seinen Palmtop auf und hakte einen Punkt auf seinem elektronischen Merkzettel ab: Kallie van Reenen töten .
Kallie hatte wie immer vorm Abflug ihre Maschine durchgecheckt, war auf die Startbahn gerollt und hatte den Gashebel hochgeschoben, bis die Startgeschwindigkeit erreicht war. Als die Maschine abhob und in den Himmel stieg, glaubte sie, ein Rasseln im Motor zu hören. Nach einer Stunde war ihr klar, dass sie in Schwierigkeiten steckte.
Es roch zweifelsfrei nach Benzin, der Motor vibrierte wie verrückt, und gleich darauf verlor er an Kraft. Das Flugbenzin überschwemmte den Motorraum fast genau in dem Moment, als Kallie eine Welle der Angst überrollte.
Ihre größte Sorge war, dass Feuer ausbrach, und deshalb versuchte sie erst gar nicht, den Motor erneut zu starten. Die Cessna 185 war unter Piloten als hecklastig bekannt, was Schwierigkeiten beim Start und bei der Landung verursachte,und wenn sie die Maschine ohne Motorkraft herunterbringen wollte, würde sie ihr ganzes Können brauchen, um das mit heiler Haut zu überstehen.
Die Nase der Maschine senkte sich, der Propeller drehte sich nur vom Luftstrom bewegt und nicht schneller als eine Windmühle. Kallie besann sich darauf, was sie in ihrer Ausbildung gelernt hatte. Ruhig, aber zügig leitete sie einen Schwenk ein, weg von den felsigen Hügeln, die vor ihr aus den Dünen aufragten, während sie gleichzeitig nach einem geeigneten Landeplatz Ausschau hielt. Sie schaltete die Notfallfrequenz auf dem Funkgerät ein – 121,5 Megahertz.
»Mayday, Mayday, Mayday! «, rief sie. Das internationale Notsignal aus ihrem Mund zu hören, klang für Kallie fast schon unwirklich. Sie hatte nie damit gerechnet, es jemals aussprechen zu müssen. »Hier spricht Viktor Five, Bravo Mike November … Mayday, Mayday, Mayday …«
Und dann gab es einen Knall und Kallie war vollkommen mit Flüssigkeit bespritzt. Sie schrie auf vor Angst, wischte sich das Zeug aus den Augen und brachte die Maschine, so gut es ging, wieder unter Kontrolle. Es war keine Zeit mehr für Mayday-Signale, sie musste die Maschine runterbringen.
Ohne dass sie eine Antwort auf ihren Notruf bekommen hatte – die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass niemand in der Nähe war, der sie hören konnte –, setzte sie einen letzten Funkspruch ab, mit dem sie ihre Position durchgab, so weit sie das konnte. Dann sauste das Flugzeug auch schon im weiten Bogen auf die Erde zu und Kallie drehte sich der Magen um.
Der Wind pfiff durch das Cockpit, und sie verlor jetzt rasch an Höhe. Die Maschine zitterte wie verrückt, und die Vibrationen übertrugen sich vom Steuerruder auf ihre Arme. Sie hatte ihr
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