Die Festung des Teufels
Gewitter würde gewaltig sein, denn die Wolken würden sich explosionsartig entladen und tonnenweise Regen ausschütten, der die Landschaft unter ihnen überflutete. Shaka Changs Damm würde die Kraft dieses Wassers sammeln. Und wenn er über diese Kraft herrschte, dann bestimmte er in der ganzen Region über Leben und Tod.
Alle brauchten Wasser. Diamanten und Gold waren schnöde Handelswaren, Kristalle und Metall waren völlig überbewertet durch die Eitelkeit des Menschen. Trotzdem würde er sie natürlich entgegennehmen als Gegenleistung für die Leben spendende Kraft, derer er sich bemächtigt hatte. Doch noch war es nicht so weit. Zunächst kam der erste Schritt zur Verwirklichung von Changs Plan. Der Regen würde den in den unterirdischen Höhlen und Spalten lagernden Tod auswaschen und über Tausende von Kilometern alles menschliche und tierische Leben vernichten. Dann würden die Regierungen für Changs unverdorbenes Wasser sogar noch mehr bezahlen. Und bei der Durchführung seines ehrgeizigen Plans standen bloß ein fünfzehnjähriger Junge und sein gefährliches Wissen im Weg. Einzig und allein die Existenz des Jungen ließ Shaka Chang kurz zweifeln.
Zufrieden damit, dass die schroffe Landschaft all denen, die töricht genug waren, sie herauszufordern, nur eine kleine Überlebenschance bot, ließ er das Flugzeug in den Himmel aufsteigen. Zweihundert Kilometer weiter würde er wie ein allmächtigerGott zur Erde hinabgleiten, um nach Skeleton Rock zurückzukehren, ins irdische Heim eines Gotteskriegers, der Chaos und Zerstörung brachte, die Werkzeuge zum Erfolg.
Bald würde es regnen.
!Koga und Max hockten im Schatten der Felsen auf der Erde und hielten ihre Gesichter von dem stummen Jäger abgewandt. Wer flog hier draußen mit einem Segelflugzeug herum? War das ein wohlhabender Farmer, der seinem Hobby nachging, oder gab es für diesen Gleiter eine andere, Unheil bringende Erklärung? Sie wollten jedoch nicht riskieren, gesehen zu werden, und hofften inständig, dass dies auch noch nicht geschehen war. Als die zitternden Flügel den schlanken Leib des Seglers über die Berge getragen hatten, verließen die Jungen ihre Deckung und liefen los. Die noch immer verängstigten Paviane waren jetzt keine Bedrohung mehr. Und vorausgesetzt, dass das Flugzeug nicht wiederkam, konnten sie so weit und so schnell wie ihre Beine sie trugen, ins sichere, mit Bäumen bedeckte Buschland rennen.
Max und !Koga stolperten vorwärts. Wenn die Botschaft seines Vaters in der Höhle ein Wegweiser gewesen war, warteten noch mehr Hinweise auf sie, davon war Max überzeugt. Sie rannten durch die offene Savanne. Hier und da standen vereinzelte Dornenbüsche, aber nach einer Weile gelangten sie schließlich in eine Gegend mit stärkerem Baumbewuchs. Wiesen mit weichem Gras wogten vor ihnen, die fedrigen Halme hell von Staub und Sonnenlicht. Mit der Zeit wurde es zu heiß, um zu rennen, und Max drosselte sein Tempo, doch !Koga drängte ihn weiter. Ab und an ging !Koga in die Hocke und machte Max mit erhobenem Daumen auf Tierfährten aufmerksam. Der junge Buschmann erklärte ihm, dass die Raubtiereebenfalls den Schatten gesucht hatten, aber zu weit entfernt waren, um eine echte Gefahr darzustellen. Schließlich kniete ! Koga nieder und legte die Hand auf einen dunklen Fleck im Sand. Es waren die Überreste eines alten Feuers.
»Sie sind in der Nähe.«
»Wer?«, fragte Max.
»Ich meine die Leute, die deinem Vater geholfen haben. Meine Familie.«
Als Mike Kapuo mit Kallie bei sich zu Hause eintraf, nahm seine Frau, die seit zweiunddreißig Jahren als Ehefrau eines Polizisten Kummer gewöhnt war, das Mädchen in die Arme. Sie steckte Kallie in die Badewanne und setzte ihr dann etwas von ihrem fantastischen Essen vor. Es hatten schon viele – zwei Söhne, eine Tochter und mittlerweile auch Enkel, die Heimatlosen und Streuner wie Kallie nicht mitgerechnet – an dem großen Küchentisch neben dem alten Herd Platz genommen, von dem sich Elizabeth Kapuo nicht trennen wollte, auch wenn sie in den Sommermonaten dort fast umkamen vor Hitze. Es war ein gemütliches Heim für eine Familie, wie aus dem Bilderbuch, befand Kallie neidisch. Sie hatte den Schmerz über die Scheidung ihrer Eltern immer noch nicht verwunden. Kallies Vater war ein moderner Freibeuter. Ein freier Geist, der sein Leben für seine Familie opfern würde, doch ihn zum Zuhausebleiben zu bewegen, war schier unmöglich. So war Kallie schnell selbst ständig
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