Die Festung des Teufels
Flugtempo auf achtzig Knoten gedrosselt, fast perfekt fürsGleiten. In der Ferne zog sich als nadeldünner Strich eine Piste durch die Landschaft, ein zweiter führte über mehrere Kilometer zu einem entlegenen Farmhaus.
Kallie schlingerte, kurvte durch die Luft und versuchte, das Flugzeug in die korrekte Landeposition zu bringen. Das war schwierig und gefährlich. Sie durfte die Landeklappen erst ganz kurz vor dem Aufsetzen ausfahren, und wenn sie ihre Sinkgeschwindigkeit und den Zielanflug falsch einschätzte, würde die Maschine über die Piste hinausschießen. Waren die Klappen erst einmal unten, musste sie sich voll und ganz auf die Landung konzentrieren. Falls das da unten tiefer Sand war, würden die Räder einsinken und das Flugzeug würde einen Purzelbaum schlagen – und das wäre sicher ihr Ende.
Kallie setzte zum Seitengleitflug an, achtete darauf, dass sie ein angemessenes Tempo beibehielt und ließ den Landepunkt nicht aus den Augen. Sie wusste, dass sie in weniger als einer Minute tot sein konnte.
Eine letzte geneigte Kurve, das Steuer vibrierte, sie richtete die Maschine aus, brachte die Nase der Cessna nach oben, schob die Landeklappenregler nach unten und spürte, wie die Maschine holpernd aufsetzte.
Die Räder schlitterten über den harten Boden und sie brachte ihre treue alte Maschine zum Stehen.
Stille.
Dann hörte sie ein Klopfgeräusch – der Motor kühlte ab.
Sie blieb einfach sitzen und genoss den Moment der Erleichterung. Und dann musste Kallie lachen. Sie hatte ein schrottreifes Flugzeug sicher vom Himmel gebracht, dabei die schrecklichsten Minuten ihres jungen Lebens ausgestanden und war von Kopf bis Fuß mit Tobias’ Eiskaltem Wüstenschreck bespritzt worden.
Es war die Thermosflasche, die explodiert war. Sie leckte sich etwas von der Flüssigkeit vom Gesicht. Der Wüstenschreck schmeckte köstlicher als je zuvor.
Mike Kapuo hörte sich Kallies Geschichte aufmerksam an. Sie hatte ihm der Reihe nach berichtet, was alles passiert war, seit sie Max in Windhoek vom Flughafen abgeholt hatte. Sie hatte erklärt, warum Max in Namibia war, und hatte ihm am Ende ihr eigenes entsetzliches Erlebnis geschildert.
»Bist du sicher, dass es Sabotage war?«
»Ja. Den Mechaniker kennst du gar nicht, hab ich noch gedacht, als ich zu meiner Maschine ging. Die Benzineinspritzung ist gelockert worden, und nach einer Stunde ist sie dann ganz abgegangen. Und ein Stück vom Benzinschlauch ist durch ein Plastikrohr ersetzt worden.«
»Na und? Das hab ich bei der Benzinleitung von einem meiner alten Autos auch mal gemacht. Das ist kein Beweis für Sabotage oder einen Mordversuch.«
»Doch, ist es«, beharrte sie. »Flugbenzin bringt Plastik zum Schmelzen, alles nur eine Frage der Zeit. Wenn also die Einspritzung aus irgendeinem Grund gehalten hätte, wäre der Benzinschlauch geschmolzen. Es war also in doppelter Hinsicht dafür gesorgt worden, dass ich abstürze.«
Kapuo nickte, ohne etwas zu sagen. Kallie war mit Staub und Dreck beschmutzt, da sie die Fahrt nach Walvis Bay auf der Ladefläche eines Pick-ups verbracht hatte. Kapuo kannte sich mit den Nachwirkungen von Traumata aus. Dieses Mädchen brauchte jetzt etwas zu essen und Ruhe.
»Wir können morgen weiterreden. Du kommst mit zu mir nach Hause.«
»Mike, das kann ich nicht.«
»Doch, das kannst du. Ich muss sowieso morgen rausfahren und mir deine Maschine ansehen, und dann können wir uns gleich bei dem Farmer bedanken, der dich hergebracht hat.«
»Sie glauben mir also?«
»Ja. Ich hab nämlich einen abteilungsübergreifenden Bericht auf den Tisch gekriegt. In dem geht’s um zwei Männer, die an dem Tag, an dem du diesen Max abgeholt hast, am Flughafen schwer verletzt wurden. Die beiden sind der Polizei als brutale Typen bekannt, die ihr Geld damit verdienen, alle möglichen unschönen Jobs zu erledigen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass da ein Zusammenhang besteht. Seit ein paar Wochen liegt uns auch eine Meldung über den vermissten Vater des Jungen vor, aber unsere Suche war erfolglos. Darum haben wir angenommen, er ist tot. Du weißt ja, wie das da draußen ist.«
»Max’ Vater hat einen Brief nach England geschickt, der wurde in Walvis Bay abgestempelt. Und der Typ, mit dem er zusammenarbeitet, ein gewisser Leopold, war auch hier«, sagte Kallie.
Kapuo zögerte, überlegte, wie viel er Kallie erzählen sollte. Wie viel wusste die Tochter seines Freundes? Kapuo legte seine Jacke über den Arm und schob Kallie aus dem
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