Die Festung des Teufels
Arachnidae, einen schwarz-gelben, vierzehn Zentimeter langen Skorpion, der ihn gestochen hatte und sich nun hastig entfernte.
Er taumelte einen Schritt rückwärts, mehr instinktiv als aus Angst. »Ist schon gut«, sagte er. Und lachte. Nachdem ein Monster von einer Kobra beinahe die Zähne in ihn geschlagen hätte, war das ein Klacks. Das Bissmal an seinem Handgelenk war kaum zu sehen. Es bildete sich keine Schwellung, kein Entzündungsherdauf der Haut. Anfangs nicht. Dann begann die Wunde am Rand zu schmerzen, und Max fand die Angelegenheit nun doch nicht mehr zum Lachen. Eine schneidende Hitze zog durch seine Adern.
!Koga griff nach seinem Arm, besah sich die Wunde, senkte das Ende seines Speers auf den davoneilenden Skorpion und rief Max’ Namen. Max reagierte nicht. ! Koga brach den Speerschaft entzwei, drückte die eine Hälfte des Holzes in Max’ Armbeuge und zwang ihn, den Arm anzuwinkeln. Das half, die Ausbreitung des Gifts zu verlangsamen. Max hatte das Gefühl, er hätte Schweiß in den Augen. Er sah !Koga nur noch leicht verschwommen, sein Körper fühlte sich staubtrocken an. Von dem sengenden Gefühl, das von seinem Arm in seine Brust wanderte, wurde ihm übel. Die Neurotoxine strömten durch seinen Körper. Etwas, was sich wie eine Klaue anfühlte, wühlte in seinem Magen, und während eine Welle der Benommenheit über ihn hinwegschwappte, fiel er auf die Knie. Er spürte, wie !Koga versuchte, ihn hochzuziehen und etwas zu ihm sagte, konnte ihn aber nicht hören. Er sackte jetzt endgültig zu Boden, sah Sandkörner vor sich und dann das Gesicht von !Koga. Der Freund gab ihm eine Ohrfeige und bewegte die Lippen. Aber Max vernahm keinen Laut.
Dann rannte !Koga los.
Allein gelassen hörte Max Geräusche in seinem Körper. Sein Herz hämmerte, als würde ein Boxhandschuh gegen seinen Brustkorb prügeln. Er durfte nicht hierbleiben, das war zu gefährlich. Er musste sich bewegen. Los, macht schon, Beine. Auf geht’s, sagte er sich. Doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Er kämpfte gegen das Gift, das seine Organe angriff und sein Zentralnervensystem lahmlegte, wie ein Virus, das sich tief in einen Computer hineinfrisst und alle Daten löscht.
Plötzlich bekam er keine Luft mehr. Max hatte eine seltsame Empfindung. Männer trugen ihn, honigfarbene Männer mit schmalen Augen und ledrigen Händen. Baumschatten flatterten über seine Lider wie ein Schmetterlingsschwarm, dann zwängte ein alter Mann – wo hatte er diesen alten Mann schon einmal gesehen? – seine Finger in Max’ Mund. Vielleicht versuchte er, ihm das Atmen zu erleichtern. Der Schmerz fühlte sich an wie tausend Messerstiche, zerrte an seinen Muskeln und verschloss ihm die Luftröhre. In einem Krankenhaus hätten die Ärzte festgestellt, dass Max’ Organismus ungewöhnlich schnell auf das tödliche Gift reagiert hatte, und hätten sich bemüht, die Auswirkungen der Überstimulation seines autonomen Nervensystems zu neutralisieren. Sie hätten ihn an den Tropf gehängt und ihm zehn bis zwanzig Minuten lang eine Kalziumglukonatlösung zur Linderung der Muskelkrämpfe verabreicht. In einem Klinikum hätte man ihm Beruhigungsmittel gegen den Schüttelkrampf gegeben, der ihn jetzt folterte. Max hätte Medikamente bekommen, damit sein Herz nicht versagte. Die Ärzte hätten gewusst, dass der Tod normalerweise innerhalb von sechs Stunden eintrat, wenn man nicht schnell genug etwas unternahm.
Hier draußen in der Wildnis war es nicht selbstverständlich, am Leben zu sein.
Hilfe , flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Hilfe, ich will noch nicht sterben. Mum? Dad? Wo seid ihr?
Wie eine Spinne, die ins Feuer geraten war, krümmte sich sein Körper in einem letzten furchtbaren Krampf. Plötzlich verlor Max das Bewusstsein, und alles um ihn herum wurde schwarz.
Sein letzter Gedanke führte ihm die grausame Wahrheit vor Augen: Indem !Koga ihn vor der Kobra gerettet und ihn dazugebracht hatte, sich in den Sand zu werfen, hatte ! Koga ihn getötet.
Die Prophezeiung stimmte.
Seine Lunge versagte.
Sein Herz blieb stehen.
Max Gordon war tot.
12
I ch weiß, das könnte Rückschlüsse auf unser Vorhaben erlauben, aber ich finde, wir sollten es trotzdem machen«, sagte Peterson ins Telefon. Er hörte zu, und die Frustration triumphierte über seine sonstige Beherrschtheit. Er unterbrach das Gespräch. »Farentino muss mehr über die Sache wissen …«
Ein Stockwerk tiefer, sechs Türen weiter, betrachtete Sayid die Audiokurven auf seinem
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