Die Feuer des Himmels
den Kopf aus dem Fenster. Dann ließ sie die Macht jedoch erleichtert wieder ihrem Griff entgleiten. Das war etwas, was sie bereits mehr als einmal durch Caemlyn ziehen gesehen hatte. Ein kleiner Reisezoo - eine Menagerie - lagerte im Schatten der Bäume am Rand einer großen Lichtung nahe der Straße. Ein großer Löwe mit schwarzer Mähne lag dösend in einem Käfig, der die gesamte Rückseite eines der Wagen in Anspruch nahm, während seine beiden Weibchen in einem anderen auf und ab schritten. Ein dritter Käfig stand offen. Davor übte eine Frau mit zwei großen Schwarzbären mit weißen Gesichtern, wie sie auf großen roten Kugeln balancieren mußten, um nicht herunterzufallen. In einem weiteren Käfig lag etwas, das wie ein mächtiger, haariger Keiler wirkte, aber dafür war seine Schnauze etwas zu spitz und an den Zehen saßen kräftige Klauen. Sie wußte, daß dieses Tier aus der Aiel-Wüste stammte und dort Capar genannt wurde. Andere Käfige enthielten weitere Tiere und leuchtend bunte Vögel, doch im Gegensatz zu jeder anderen solchen Menagerie, die sie je gesehen hatte, arbeiteten hier auch Menschen an Vorführungen. Beispielsweise jonglierten zwei Männer gerade mit Bändern umwickelte Reifen, die zwischen ihnen hin und her flogen. Vier Akrobaten übten an einer Pyramide, und eine Frau fütterte zur Belohnung ein Dutzend Hunde, die auf den Hinterbeinen liefen und auf ihr Kommando Überschläge rückwärts vollführten. Im Hintergrund errichteten einige weitere Männer zwei hohe Masten. Sie hatte keine Ahnung, wofür die bestimmt waren.
Allerdings war es nichts von alledem gewesen, was die Pferde zum Scheuen und fast zum Ausbrechen gebracht hatte, und das trotz Thoms Können als Gespannführer. Die Löwen konnte sogar sie riechen, aber die Pferde starrten mit wild rollenden Augäpfeln drei riesige, runzlige, graue Tiere an. Zwei waren genauso hoch wie die Kutsche, hatten große Ohren und mächtige gekrümmte Hauer, und die Nase, die dazwischen hing, war so lang, daß sie bis auf den Boden reichte. Das dritte war etwas kleiner als die Pferde, wirkte allerdings genauso schwer wie diese und hatte keine Hauer. Sie hielt es für ein Junges. Eine Frau mit hellblondem Haar kratzte dieses ›Kleintier‹ mit einem schweren Stachelstock, der am Ende einen Haken aufwies, hinter dem Ohr. Elayne hatte bereits Geschöpfe wie diese gesehen, aber niemals erwartet, sie nun hier wiederzusehen.
Ein großer, dunkelhaariger Mann kam ihnen aus dem Lager entgegen. Er trug ausgerechnet bei dieser Hitze einen roten Seidenumhang, den er bei seiner eleganten Verbeugung mit großer Geste spreizte. Er sah gut aus, bewegte sich geschmeidig und war sich dessen nur zu bewußt. »Vergebt mir, gute Lady, wenn die riesigen Keilerpferde Eure Tiere erschreckt haben.« Als er sich aufrichtete, winkte er zwei seiner Männer heran, um beim Beruhigen der Pferde zu helfen, wandte sich dann wieder Elayne zu und musterte sie eingehend. Dann murmelte er: »Schweig still, mein Herz.« Es war gerade laut genug, daß Elayne es hörte, und das war ja wohl beabsichtigt gewesen. »Ich heiße Valan Luca, Lady, Künstler der außergewöhnlichen Unterhaltung. Eure Anwesenheit überwältigt mich.« Er verbeugte sich erneut und womöglich noch kunstvoller als beim ersten Mal.
Elayne tauschte einen Blick mit Nynaeve und fand auf deren Gesicht ein genauso amüsiertes Lächeln vor, wie sie selbst es zur Schau trug. Ein sehr von sich eingenommener Mann, dieser Valan Luca. Seine Männer schienen aber im Umgang mit Tieren einige Erfahrung zu haben, denn die Pferde hatten sich wirklich weitgehend beruhigt. Sie schnaubten wohl noch und stampften mit den Hufen, doch sie rollten nicht mehr mit den Augen und schienen lediglich etwas nervös. Thom und Juilin starrten die fremdartigen Tiere beinahe genauso erschrocken an, wie die Pferde es getan hatten. »Keilerpferde, Meister Luca?« fragte Elayne. »Wo kommen diese Tiere denn her?«
»Riesige Keilerpferde, Lady«, kam die schnelle Antwort, »aus dem sagenhaften Schara. Ich selbst führte eine Expedition in eine Wildnis voller eigenartiger Zivilisationen und noch fremdartigerer Sehenswürdigkeiten, um sie zu fangen. Ich würde Euch zu gern mehr darüber erzählen. Riesenhafte Menschen, zweimal so groß wie die Ogier.« Er begleitete seine Erzählung mit schwungvollen Gesten. »Kopflose Geschöpfe. Vögel, so groß, daß sie einen ausgewachsenen Stier davontragen können. Schlangen, die in der Lage sind, einen
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