Die Feuer des Himmels
Nynaeve.« Sie packte einen herunterhängenden Halteriemen und fühlte sich dennoch wie ein Ball in einem Kinderspiel namens Hopf, das in Andor sehr beliebt war. Man mußte dabei einen bunten Holzball mit einem Schläger immer wieder hochprellen lassen und abfangen. Aber sie verlangte nicht, daß die Kutsche langsamer fahren solle. Sie konnte es genauso lang aushalten wie Nynaeve. Diese Frau war so etwas von stur! »Ich will ja nach Tar Valon und herausfinden, was dort eigentlich los ist, aber...«
»Meine Lady haben nachgedacht? Meine Lady muß ja Kopfschmerzen haben von dieser Anstrengung! Ich werde meiner Lady einen feinen Tee aus Schafszungenwurzel und roten Gänseblümchen bereiten, sobald... «
»Halt den Mund, Nana!« sagte Elayne ruhig, aber mit Entschlossenheit in der Stimme. Sie imitierte ihre Mutter, so gut sie nur konnte. Nynaeve blieb der Mund offenstehen. »Wenn du wieder an deinem Zopf reißt, kannst du beim Gepäck auf dem Dach mitfahren.« Nynaeve gab einen erstickten Laut von sich. Sie versuchte, etwas zu sagen, aber sie brachte nichts heraus. Sehr zufriedenstellend. »Manchmal scheinst du zu glauben, ich sei immer noch ein Kind, dabei benimmst du dich wie ein Kind. Ich habe dich nicht darum gebeten, mir den Rücken zu waschen, aber ich hätte dir einen Ringkampf liefern müssen, um dich davon abzuhalten. Erinnere dich bitte daran, daß ich dir angeboten habe, dasselbe für dich zu tun. Und ich habe dir angeboten, auf dem Klappbett zu schlafen. Statt dessen bist du aufgestiegen und warst nicht mehr herunterzubekommen. Hör mit der Schmollerei auf! Wenn du willst, spiele ich in der nächsten Schenke deine Zofe.« Das wäre möglicherweise eine komplette Katastrophe. Nynaeve würde vermutlich in der Öffentlichkeit Thom anschreien oder jemanden ohrfeigen. Doch was tat man nicht für ein wenig Ruhe und Frieden. »Wir können gleich anhalten und im Wald die Kleider tauschen.«
»Wir haben Kleider ausgesucht, die dir am besten passen«, murmelte die andere einen Augenblick später. Dann öffnete sie die Klappe wieder und rief: »Langsamer! Wollt Ihr uns umbringen? Törichte Männer!«
Oben herrschte Totenstille, als sich die Geschwindigkeit der Kutsche auf ein vernünftiges Maß verringerte, aber Elayne hätte wetten können, daß sich die beiden Männer nun empört unterhielten. Sie richtete ihr Haar her, so gut sie es ohne einen Spiegel vermochte. Es überraschte sie immer noch, diese schimmernden schwarzen Locken zu sehen, wenn sie sich erblickte. Die grüne Seide mußte auch wieder einmal gründlich ausgebürstet werden.
»Worüber hast du nachgedacht, Elayne?« fragte Nynaeve. Auf ihren Wangen standen hochrote Flecke. Zumindest war ihr klar, daß Elayne recht hatte, aber nachzugeben war das Höchste an Entschuldigung, was sie je herausbrachte.
»Wir reisen so schnell wir können nach Tar Valon zurück, aber wissen wir überhaupt, was uns in der Burg erwartet? Falls die Amyrlin wirklich diese Befehle ausgegeben hat... Ich glaube es eigentlich nicht und kann es auch nicht verstehen, aber ich habe nicht vor, die Burg zu betreten, bis ich wirklich Bescheid weiß. ›Nur eine Närrin steckt ihre Hand in einen hohlen Baum, ohne zu wissen, was drinnen ist.‹«
»Eine weise Frau, diese Lini«, sagte Nynaeve. »Vielleicht finden wir mehr heraus, wenn ich wieder ein Bündel gelber Blumen mit den Köpfen nach unten irgendwo hängen sehe, aber bis dahin sollten wir uns meiner Meinung nach verhalten, als beherrschten die Schwarzen Ajah die Burg.«
»Frau Macura hat bestimmt mittlerweile eine weitere Taube zu Narenwin geschickt: mit einer Beschreibung dieser Kutsche und der Kleider, die wir mitnahmen, und höchstwahrscheinlich auch einer Beschreibung Juilins und Thoms.«
»Das läßt sich nicht ändern. Das Ganze wäre nicht geschehen, wenn wir nicht durch ganz Tarabon getrödelt wären. Wir hätten ein Schiff nehmen sollen.« Elayne riß Augen und Mund auf, weil Nynaeve so anklagend geklungen hatte, und Nynaeve besaß soviel Anstand, wenigstens rot zu werden. »Na ja, was vorbei ist, ist vorbei. Moiraine kennt Siuan Sanche. Vielleicht kann Egwene sie darum bitten... «
Plötzlich schlingerte die Kutsche und kam abrupt zum Stehen. Elayne wurde nach vorn geschleudert und fiel auf Nynaeve. Sie hörte die Pferde wiehern und spürte, wie die Tiere sich aufbäumten und ausschlugen, während sie sich von Nynaeve zu lösen versuchte, wobei diese kräftig schiebend nachhalf.
Sie griff nach Saidar und steckte
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