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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gekritzelt. Als sie das Blatt weglegen wollte, verschwamm es und verschwand, und der Kasten war ebenfalls wieder geschlossen.
    Seufzend öffnete sie ihn wieder. Die Papiere drinnen sahen anders aus. Sie hielt den Deckel offen, hob eines nach dem anderen heraus und überflog sie schnell. Oder versuchte es jedenfalls. Manchmal verschwanden die Briefe und Berichte, während sie sie gerade in die Hand nahm, manchmal aber auch während des Lesens. Wenn eine Anrede darauf stand, dann meist einfach: »Mutter, mit respektvollen Grüßen«. Einige waren von Aes Sedai unterschrieben, andere von Frauen mit verschiedenen Titeln, Adligen gewöhnlich, oder auch ganz ohne Erwähnung eines Ehrentitels. Keines davon schien mit den im Augenblick brennenden Fragen zu tun zu haben. Der Generalfeldmarschall von Saldaea und sein Heer waren unauffindbar, und Königin Tenobia weigerte sich, mit der Burg zusammenzuarbeiten... Sie schaffte es, diesen Bericht bis zum Ende durchzulesen, aber er setzte voraus, die Leserin wisse, warum der Mann sich nicht in Saldaea aufhielt und in welcher Sache die Königin mit der Burg zusammenarbeiten sollte. Von den Augen-und-Ohren der Ajahs in Tanchico war bereits seit drei Wochen kein Bericht mehr eingetroffen. Weiter kam sie bei diesem Blatt nicht. Die Streitigkeiten zwischen Illian und Murandy schienen sich zu beruhigen, und Pedron Niall behauptete, es sei sein Verdienst. Selbst aus diesen wenigen Zeilen, die sie zu Gesicht bekam, konnte sie ablesen, daß die Schreiberin mit den Zähnen geknirscht haben mußte. Die Briefe waren zweifellos alle sehr wichtig, sowohl diejenigen, die sie zu überfliegen Gelegenheit hatte, wie auch die anderen, die vorher verschwanden, aber ihr nützten sie gar nichts. Sie hatte gerade mit einem Bericht über ein verdächtiges - dieses Wort wurde tatsächlich benützt - Zusammentreffen Blauer Schwestern begonnen, als aus dem äußeren Raum ein verzweifeltes »Oh, Licht, nein!« erscholl.
    Sie rannte zur Tür und ließ dabei einen kräftigen Holzknüppel in ihrer Hand erscheinen, dessen Kopf vor Dornen starrte. Doch als sie hineinhastete und erwartete, Egwene müsse sich gegen irgend etwas verteidigen, stand diese nur am Tisch der Behüterin und blickte versunken ins Leere. Entsetzen zeigte sich auf ihrer Miene, doch ihr selbst war nichts passiert, und soweit Nynaeve das beurteilen konnte, wurde sie durch nichts bedroht.
    Egwene fuhr bei ihrem Anblick zusammen, raffte sich dann aber sichtlich auf, und sagte mit zittriger Stimme:
    »Nynaeve, Elaida ist die Amyrlin.«
    »Sei kein Narr«, schalt Nynaeve. Und doch - dieser andere Raum, der Siuan Sanche so gar nicht ähnlich sah... »Das bildest du dir nur ein. Ganz bestimmt.«
    »Ich hatte ein Pergament in der Hand, Nynaeve, das die Unterschrift trug: ›Elaida do Avriny a'Roihan, Bewahrer der Siegel, Flamme von Tar Valon, der Amyrlin-Sitz‹, und gesiegelt war es mit dem Siegel der Amyrlin.«
    Nynaeves Magen begann sich umzudrehen. »Aber wie? Was ist mit Siuan geschehen? Egwene, die Burg setzt keine Amyrlin ab, es sei denn aus irgendeinem wirklich schwerwiegenden Grund. Es ist in fast dreitausend Jahren nur zweimal geschehen.«
    »Vielleicht war Rand dieser schwerwiegende Grund.« Egwenes Stimme klang beherrscht, doch ihre Augen hatte sie weit aufgerissen. »Vielleicht litt sie an einer Krankheit, die von den Gelben nicht geheilt werden konnte, oder sie ist die Treppe hinuntergestürzt und hat sich das Genick gebrochen? Wichtig ist nur, daß Elaida jetzt Amyrlin ist. Ich glaube nicht, daß sie Rand so wie Siuan unterstützen wird.«
    »Moiraine«, murmelte Nynaeve. »So sicher, daß Siuan ihn mit der Burg hinter sich unterstützen werde.« Sie konnte sich nicht vorstellen, daß Siuan tot war. Sie hatte die Frau oftmals gehaßt und hatte sie auch gelegentlich ein wenig gefürchtet - das gab sie jetzt wenigstens sich selbst gegenüber zu -, doch sie hatte sie auch respektiert. Sie hatte wirklich geglaubt, es werde Siuan ewig geben. »Elaida! Licht! Sie ist so hinterhältig wie eine Schlange und so grausam wie eine Katze. Ich kann gar nicht ermessen, was sie alles anstellen könnte.«
    »Ich fürchte, ich habe einen Hinweis auf diese Angelegenheit.« Egwene preßte beide Hände auf ihren Bauch, als wolle sie Schmerzen unterdrücken. »Es war ein ganz kurzes Dokument. Ich habe es gerade noch geschafft, es ganz zu lesen. ›Alle loyalen Schwestern werden hiermit aufgefordert, den Aufenthaltsort der Frau Moiraine Damodred

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