Die Feuer des Himmels
wirklich recht hast, besonders was Moghedien betrifft.« Nynaeve funkelte sie an und öffnete den Mund, um zu beteuern, daß sie sich sehr wohl beherrschen könne, und wenn sie es nicht glaube, werde sie Egwene eins auf Ohr geben, doch die ließ ihr gar keine Chance. »Wir müssen diese Versammlung der Blauen Schwestern aufspüren, Nynaeve. Wenn sie sich gegen Elaida stellen, werden sie vielleicht - vielleicht - Rand so unterstützen wie Siuan vorher. Wurde eine Stadt erwähnt oder ein Dorf? Wenigstens ein Land?«
»Ich glaube... nein, ich kann mich nicht daran erinnern.« Sie kämpfte mit sich, um diesen defensiven Tonfall abzumildern. Licht, ich habe doch alles zugegeben, habe mich zum Narren gemacht, und jetzt ist es nur noch schlimmer! »Ich werde es weiterhin versuchen.«
»Gut. Wir müssen sie finden, Nynaeve.« Einen Augenblick lang musterte Egwene sie, während sie sich selbst davon abhielt, sich zu wiederholen. »Nynaeve, sei bitte vorsichtig, was Moghedien betrifft. Leg nicht los wie ein Bär im Frühling, nur weil sie dir in Tanchico entwischt ist.«
»Ich bin keine Närrin, Egwene«, sagte Nynaeve in gemäßigtem Ton. Es fiel ihr schwer, sich so zurückhalten zu müssen, aber andererseits wollte sie doch nicht als ein noch größerer Dickkopf dastehen.
»Ich weiß. Das hast du schon gesagt. Erinnere dich aber bitte daran, wenn es ernst wird. Sei vorsichtig!« Diesmal wurde Egwene nicht zuerst durchscheinend, sondern verschwand auf der Stelle, genauso schnell wie Birgitte.
Nynaeve starrte den Fleck an, an dem sie sich befunden hatte, und ging im Kopf noch einmal alles durch, was sie hätte sagen sollen. Schließlich wurde ihr klar, daß sie die ganze Nacht noch hier stehen könne, denn sie wiederholte sich nur, und außerdem war die Chance, all das zu sagen, ja sowieso vorbei. So grollte sie leise vor sich hin und trat aus Tel'aran'rhiod heraus und geradewegs zurück in ihr Bett in Sienda.
Egwene öffnete die Augen in völliger Dunkelheit, nur durch ein wenig Mondschein unterbrochen, der durch den Rauchabzug hereinfiel. Sie war froh, unter einem ganzen Deckenstapel zu liegen, denn das Feuer war erloschen, und eisige Kälte erfüllte das Zelt. Ihr Atem stand als Nebelhauch vor ihrem Mund. Ohne den Kopf zu heben, suchte sie das Zeltinnere ab. Keine Weisen Frauen. Sie war noch allein.
Davor hatte sie bei ihren einsamen Ausflügen nach Tel'aran'rhiod am meisten Angst: daß sie bei ihrer Rückkehr Amys oder eine der anderen bereits im Zelt erwarten könnte. Nun, vielleicht war es nicht das Allerschlimmste; schließlich waren die Gefahren in der Welt der Träume wirklich so, wie sie sie Nynaeve geschildert hatte. Doch nicht die Strafe war es, vor der sie sich fürchtete, jedenfalls nicht die Art von Bestrafung, wie sie gewöhnlich durch Bair ausgesprochen wurde. Das hätte sie gern akzeptiert, wenn sie erwachen und eine der Weisen Frauen vorfinden würde, aber Amys hatte ihr gleich zu Beginn gesagt, falls sie ohne eine von ihnen als Begleitschutz Tel'aran'rhiod beträte, würde man sie wegschicken. Sie würden sich weigern, sie noch weiter zu unterrichten. Davor zitterte sie viel mehr als vor allen möglichen Strafen. Trotzdem mußte sie vorwärtskommen. So schnell die Weisen Frauen sie auch unterwiesen - es war nicht schnell genug. Sie wollte auf der Stelle alles wissen, alles.
Sie griff nach der Macht, entzündete ihre Lampe und ließ Flammen aus der Feuergrube hervorzüngeln. Es war wohl kein Brennstoff mehr vorhanden, aber sie verknotete das Gewebe und ließ es weiterbrennen. Dann lag sie da, beobachtete ihren Nebelatem und wartete darauf, daß es warm genug wurde, um sich anzuziehen. Es war wohl spät, aber vielleicht war Moiraine trotzdem noch wach.
Was mit Nynaeve geschehen war, verblüffte sie immer noch. Ich glaube, sie hätte das Zeug wirklich getrunken, wenn ich sie gezwungen hätte. Sie hatte solche Angst ausgestanden, Nynaeve könne herausbekommen, daß sie keineswegs die Erlaubnis der Weisen Frauen hatte, allein die Welt der Träume zu durchforschen. Sie war sicher gewesen, ihr Erröten habe sie verraten, und deshalb hatte sie Nynaeve einfach vom Sprechen abhalten müssen, damit sie keine peinlichen Fragen stellte und vielleicht die Wahrheit herausfand. Weil sie sich so lebhaft vorgestellt hatte, wie Nynaeve trotz allem die Wahrheit erfuhr - und die Frau war imstande, sie zu verraten und dann noch zu behaupten, es sei zu ihrem eigenen Besten -, hatte sie immer weiter geredet und nicht
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