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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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jeder nur denkbaren Größe und Form paßten überhaupt nicht zueinander, und der Fußboden war altersschwach und abgesplittert. Mehrere Mädchen waren gerade am Kehren. Frauen mit alterslosen Gesichtern saßen an den Tischen, lasen in Dokumenten, gaben den Behütern Befehle, von denen einige ihre farbverändernden Umhänge trugen, oder gaben anderen Frauen Aufträge, die wohl Aufgenommene oder Novizinnen sein mußten. Andere waren zu alt dafür, zur Hälfte schon ergraut, und sie zeigten deutlich ihre fortgeschrittenen Jahre. Es gab auch Männer, die keine Behüter sein konnten. Sie eilten davon, als überbrächten sie Botschaften, oder holten Papiere oder Becher mit Wein für die Aes Sedai. Das Gewusel wirkte ganz so, als würde hier einiges getan. Auren und Bilder tanzten durch den Raum und umkränzten Köpfe, so viele, daß sie sich bemühen mußte, alle zu ignorieren, bevor sie von dieser Masse überwältigt wurde. Das war nicht leicht, aber sie hatte dieses Geschick entwickeln müssen, seit sie sich jeweils unter einer Handvoll oder noch mehr Aes Sedai gleichzeitig befunden hatte.
    Vier Aes Sedai kamen nach vorn und begrüßten die Neuankömmlinge. In ihren Hosenröcken und mit ihren eleganten Bewegungen waren sie ganz unterkühlte Grazie. Für Min war der Anblick ihrer vertrauten Gesichter ein Gefühl, als kehre sie nach langer Irrfahrt nach Hause zurück.
    Sheriams schrägstehende grüne Augen richteten sich sofort auf Mins Gesicht. Silberne und blaue Strahlen flimmerten über ihren feuerroten Haar auf, und ein sanfter goldener Schein lag darüber. Min wußte nicht, was das bedeutete. Die ältere Frau wirkte in ihrem dunkelblauen Seidenkleid ein wenig mollig und war im Moment außerordentlich ernst. »Ich wäre glücklicher, Euch hier vorzufinden, Kind, wenn ich wüßte, wie Ihr von unserer Gegenwart hier erfahren habt, und wenn ich eine Ahnung hätte, wieso Ihr auf die idiotische Idee kamt, ihn hierher mitzubringen.« Ein halbes Dutzend Behüter war herangekommen, die Hände an den Schwertern und die scharfen Blicke auf Logain gerichtet. Er schien sie überhaupt nicht zu sehen.
    Min stand mit offenem Mund da. Warum fragte sie ausgerechnet sie? »Meine idio...?« Sie hatte keine Gelegenheit, mehr herauszubringen.
    »Es wäre viel besser gewesen«, warf Carlinya mit den bleichen Wangen in eisigem Tonfall ein, »wenn er gestorben wäre, wie es die Gerüchte besagten.« Es war nicht das Eis des Zorns, sondern der kalten Vernunft. Sie war eine Weiße Ajah. Ihr elfenbeinfarbenes Kleid wirkte, als habe es schwere Zeiten gesehen. Einen Augenblick lang sah Min das Abbild eines Raben neben ihrem dunklen Haar - mehr die Zeichnung dieses Vogels als der Vogel selbst. Sie hielt es für eine Tätowierung, doch die Bedeutung kannte sie nicht. Sie konzentrierte sich auf die Gesichter und versuchte, sonst nichts zu sehen. »Er scheint ja sowieso ziemlich tot«, fuhr Carlinya fort, wobei sie kaum Luft holte. »Was Ihr euch auch dabei gedacht haben mögt, so habt Ihr eure Mühe doch verschwendet. Aber auch ich würde gern wissen, wie Ihr nach Salidar kamt.«
    Siuan und Leane standen da und tauschten amüsierte Blicke, während die anderen weiterhin Min schlachteten. Keine sah die beiden auch nur an.
    Myrelle, eine dunkle Schönheit in grüner Seide, das Oberteil mit schräg verlaufenden goldenen Strahlen geschmückt, das Gesicht ein perfektes Oval, lächelte oft so damenhaft und überlegen, daß sie es mit Leanes neu erlernten Tricks aufnehmen konnte. Jetzt allerdings lächelte sie nicht und hieb sofort in die gleiche Kerbe wie ihre Weiße Schwester. »Sagt etwas, Min. Steht nicht mit offenem Mund herum.« Sie war ihres feurigen Temperaments wegen verschrien, sogar bei den Grünen.
    »Ihr müßt es uns sagen«, fügte Anaiya mit sanfterer Stimme hinzu, auch wenn Enttäuschung hindurchklang. Die Frau hatte nichtssagende Gesichtszüge und wirkte mütterlich trotz der für die Aes Sedai typischen Glätte ihrer Wangen. Im Augenblick strich sie ihren hellgrauen Rock glatt und wirkte noch mehr wie eine Mutter, die sich zurückhalten mußte, zur Rute zu greifen. »Wir werden schon einen Platz für Euch und diese beiden anderen Mädchen finden, aber Ihr müßt uns verraten, wie Ihr hierherkamt.«
    Min schüttelte sich und schloß den Mund. Natürlich. Diese beiden anderen Mädchen. Sie hatte sich so an den neuen Zustand der beiden gewöhnt, daß sie gar nicht mehr daran dachte, wie sehr sie sich verändert hatten. Sie bezweifelte, daß

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