Die Feuer des Himmels
gute Köchin, aber wie auch immer: sie wußte, welche Dinge für sie Vorrang hatten. Die Heilkunst war wichtig. Jedermann konnte eine Brücke bauen. Nun, dann laß ihn eben - das war ihre Haltung dazu.
»Deinetwegen und wegen dieses A'dams habe ich ganz vergessen, dir etwas zu berichten«, fuhr sie fort. »Juilin hat Galad auf der anderen Seite des Flusses gesehen.«
»Blut und Asche«, fluchte Elayne, und als Nynaeve die Augenbrauen hob, fügte sie ganz energisch hinzu: »Ich werde mir keinen Vortrag über meine sprachlichen Angewohnheiten anhören, Nynaeve. Was machen wir?«
»Wie ich die Sache sehe, können wir einerseits auf dieser Seite des Flusses bleiben. Dann werden uns die Weißmäntel kontrollieren, weil sie sich fragen werden, wieso wir die Menagerie verlassen haben. Oder wir gehen hinüber und hoffen, daß der Prophet dort keinen Aufruhr auslöst und Galad uns nicht verraten wird, na ja, oder wir versuchen, ein Ruderboot zu kaufen, und fliehen flußabwärts. Keine tolle Auswahl. Und Luca wird seine hundert Mark fordern. In Gold.« Sie bemühte sich, gute Miene dazu zu machen, doch das schmerzte immer noch. »Du hast sie ihm versprochen, und ich glaube, es wäre nicht anständig, sich davonzuschleichen, ohne ihn zu bezahlen.« Trotzdem hätte sie das ohne Zögern getan, wenn sie gewußt hätte, wohin sie gehen sollten.
»Das wäre allerdings nicht anständig«, sagte Elayne, und es klang einigermaßen empört. »Aber um Galad müssen wir uns keine Gedanken machen, wenigstens, solange wir uns bei der Menagerie aufhalten. Galad wird sie ganz bestimmt nicht besuchen. Er glaubt, Tiere in Käfige zu sperren sei grausam. Allerdings hat er nichts dagegen, sie zu jagen und zu essen - nur einsperren findet er nicht recht.«
Nynaeve schüttelte den Kopf. In Wahrheit suchte Elayne nur nach einer Ausrede, um ihre Abreise zu verzögern, und sei es nur für einen Tag. Doch sie hatten ja sowieso keine Möglichkeit dazu. Dieses Weib wollte tatsächlich vor allen Leuten, und nicht nur vor den anderen Artisten, auf dem Seil ihre Kunststücke vollbringen. Und sie selbst mußte höchstwahrscheinlich zulassen, daß Thom wieder mit Messern nach ihr warf. Aber ich werde dieses verdammte Kleid nicht tragen!
»Das erste Schiff am Landesteg, das groß genug ist, um noch vier Leute mitzunehmen«, sagte sie. »Das werden wir mieten. Der Flußhandel kann doch nicht ganz und gar zum Erliegen gekommen sein.«
»Es wäre hilfreich, zu wissen, wohin wir damit fahren.« Der Tonfall der anderen war verdächtig sanft. »Weißt du, wir könnten ja einfach nach Tear fahren. Wir müssen nicht unbedingt diese Suche fortsetzen, nur weil du...« Sie ließ die Worte verklingen, aber Nynaeve wußte recht gut, was sie hatte sagen wollen. Nur weil sie so stur sei. Nur weil sie sich darüber aufregte, daß sie sich nicht an einen einfachen Namen erinnern konnte, wollte sie die Erinnerung jetzt zwingen und dorthin gelangen, und wenn sie sich dabei umbrachte. Aber das stimmte doch alles gar nicht. Sie wollte diese Aes Sedai finden, die vielleicht Rand unterstützen würden, und sie zu ihm führen, statt wie ein bedauernswerter Flüchtling hinter den Mauern Tears Schutz zu suchen.
»Ich werde mich noch daran erinnern«, sagte sie mit beherrschter Stimme. Es hörte mit ›bar‹ auf. Oder vielleicht mit ›dar‹? ›Lar‹? »Ich werde darauf kommen, bevor du es müde wirst, dich auf dem Hochseil zur Schau zu stellen.« Ich werde dieses Kleid nicht tragen!
KAPITEL
34
Ein silberner Pfeil
E layne war an diesem Abend mit Kochen an der Reihe, und das bedeutete in jedem Fall ein besonderes Mahl, obwohl sie ja nur auf Hockern um das kleine Feuer saßen. Im sie umgebenden Wald zirpten die Grillen, und von Zeit zu Zeit erklang der dünne, traurige Ruf eines Nachtvogels in der immer tiefer werdenden Dunkelheit. Die Suppe servierte sie kalt und eingedickt, und obenauf hatte sie zerhackten Schnittlauch gestreut. Das Licht wußte, woher sie den Schnittlauch oder auch die winzigen Perlzwiebeln hatte, die den Erbsen hinzugefügt waren. Das Rindfleisch war in so dünne Scheiben geschnitten, daß man fast hindurch sehen konnte, und dann hatte sie es um eine Füllung gewickelt, die aus Karotten, Brechbohnen, Schnittlauch und Ziegenkäse bestand. Sogar ein Nachtisch in Form eines kleinen Honigkuchens stand bereit.
Es schmeckte alles vorzüglich, obwohl Elayne sich darüber aufregte, nichts schmecke genauso, wie es eigentlich solle, als glaube sie, sie könne
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