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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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meiden. Sie wollte auf keinen Fall selbst eine Aes Sedai werden; es ging ihr lediglich darum, mehr über das Heilen mit Hilfe der Macht zu lernen. Und sicher auch, Rand zu helfen. »Sie sind freie Frauen, Elayne. Auch wenn die Burg nicht in einem solchen Aufruhr befindlich wäre, wie jetzt gerade, glaubst du, sie hätten es gern, wenn Aes Sedai durch die Wüste latschen und sie unter den Arm klemmen, um sie nach Tar Valon mitzunehmen wie ein Andenken?«
    »Ich glaube, du hast recht.« Elaynes Tonfall allerdings sagte aus, daß sie es keineswegs verstand. Sie hielt die Burg einfach für etwas Wunderbares und sah nicht ein, warum eine Frau die Aes Sedai meiden müsse. Für das ganze Leben an die Burg gebunden, so sagte man, wenn man ihnen den Ring an den Finger steckte. Und das war wörtlich gemeint. Und doch betrachtete dieses törichte Mädchen das nicht im mindesten als bedrückend.
    Elayne half ihr beim Entkleiden, und dann streckte sie sich gähnend im Hemd auf ihrem schmalen Bett aus. Es war ein langer Tag gewesen, und es überraschte sie, wie ermüdend das Stillstehen sein konnte, wenn jemand, den sie nicht sehen konnte, Messer nach ihr warf. Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf, als sie die Augen schloß. Elayne hatte behauptet, sie übe lediglich, als sie sich mit Thom zum Narren machte. Allerdings wirkte das überfreundliche Vater-Tochter-Gehabe, das sie jetzt an den Tag legten, nicht weniger lächerlich. Vielleicht könnte sie ja selbst auch ein wenig mit Valan üben. Nein, das war ja wohl töricht. Männer waren wohl wankelmütig - aber wehe, wenn Lan ein Auge auf eine andere warf! - doch sie blieb stets fest und treu. Sie würde einfach dieses Kleid nicht anziehen. Viel zu viel blanker Busen.
    Ganz undeutlich hörte sie noch, wie Elayne sagte: »Denk daran, sie noch einmal auszufragen.«
    Dann überwältigte sie der Schlaf.
    Sie stand draußen in der Nacht neben dem Wagen. Der Mond schwebte hoch droben am Himmel, und die schnell vorbeiziehenden Wolken warfen bleiche Schatten über das Lager. Grillen zirpten, und die Nachtvögel riefen klagend nach ihr. Die Augen der Löwen die sie aus ihren Käfigen heraus beobachteten, glimmten. Die weißen Gesichter der Bären waren nicht zu sehen; die schlafenden Tiere waren bloße dunkle Klumpen hinter den Gitterstäben. An der langen Pfahlreihe waren keine Pferde mehr angebunden. Clarines Hunde lagen nicht wie gewohnt angeleint unter ihrem und Petras Wagen, und der Fleck, an dem in der wachenden Welt der S'redit gestanden hatte, war leer. Sie hatte bereits gelernt, daß hier nur wilde Geschöpfe ein Spiegelbild warfen, aber was die Seanchanfrau auch behaupten mochte: es fiel schwer, sich vorzustellen, daß diese riesigen grauen Tiere schon so lange gezähmt waren und nun nicht mehr die Bezeichnung ›wilde Tiere‹ verdienten.
    Mit einemmal wurde ihr klar, daß sie das bewußte Kleid trug. Flammend rot, um die Hüften unanständig eng anliegend und mit einem rechteckigen Ausschnitt, der so tief war, daß sie fürchten mußte, ihr Busen könnte herausrutschen. Sie konnte sich keine andere Frau, bestenfalls Berelain, vorstellen, die so etwas anziehen würde. Für Lan würde sie es vielleicht wagen. Aber nur, wenn sie beide allein miteinander wären. Sie hatte tatsächlich an Lan gedacht, als sie einschlummerte. Gewiß - oder?
    Auf keinen Fall hatte sie vor, sich von Birgitte in diesem Ding erwischen zu lassen. Die Frau behauptete, Soldatin zu sein, und je mehr Zeit Nynaeve mit ihr verbrachte, desto deutlicher wurde ihr gemacht, daß vieles an ihrer Haltung und an ihren Bemerkungen genauso schlimm war wie bei einem Mann. Schlimmer noch. Sie war eine Kombination von Berelain und einem Wirtshausschläger. Die anzüglichen Bemerkungen kamen nicht ständig, doch immer dann, wenn Nynaeve nicht daran dachte und unbewußt etwas wie dieses Kleid hier trug. So änderte sie es ab, trug statt dessen ein festes, gutes, dunkles Wollkleid, wie es an den Zwei Flüssen getragen wurde, dazu einen einfachen Schal, den sie gar nicht benötigte, hatte das Haar wieder zu einem anständigen Zopf geflochten und öffnete den Mund, um nach Birgitte zu rufen.
    »Warum hast du dich umgezogen?« fragte die Frau. Sie trat aus den Schatten heraus und lehnte sich auf ihren silbernen Bogen. Ihr kunstvoll geflochtener goldener Zopf hing ihr über die Schulter nach vorn, und der Mondschein ließ Bogen und Pfeile schimmern. »Ich erinnere mich, wie ich einmal ein Kleid getragen habe, das ein Zwilling

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